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Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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gebeten, der regelmäßige Wechsel in der Besetzung der Gerichte verlangt das.«
    Während er ihr eine Packung Taschentücher reichte, die nach Freesien rochen– wo kaufte er die nur?–, beruhigte der Allmächtige Viviane: Richter Bartan würde in diesen Fall nur ganz sporadisch eingreifen. Ihm wäre auch lieber gewesen, ihn nicht übernehmen zu müssen. Er hätte darum gebeten, diesen Fall abgeben zu dürfen, aber der Präsident des Landesgerichts habe abgelehnt, mit der Begründung, er sei weder befangen, noch läge das im Interesse einer guten Rechtspflege.
    » Das ist komisch, nicht, meine kleine Viviane. Diese Sache fasziniert die Öffentlichkeit und die Medien, aber niemand will etwas damit zu tun haben. Gut, nun lasse ich Sie gehen. Was die Sache mit Tolosa betrifft, überlasse ich es Ihnen, es Ihren Leuten mitzuteilen, Sie werden die richtigen Worte finden.«
    Die richtigen Worte finden… Auf dem Rückweg machte Viviane eine ganze Liste davon. Keines davon stand im Wörterbuch.
    Freitag, 8 . Februar
    Keine Diät mehr, sie hatte ein Kilo und zweihundert Gramm zugenommen, das Gewicht eines Bratens für sechs, dachte sie traurig auf ihrer Waage.
    Sie nahm einen Anruf von Jean-Paul Cucheron entgegen: Er habe eben einen nicht frankierten Umschlag in seinem Briefkasten gefunden. Darin eine sehr kurze Nachricht: » Lassen Sie sofort die Nachforschungen zum Sonett fallen. Ihr Leben ist in Gefahr.«
    Die Drohung ähnelte mehr einem Witz, sie hatte etwas von alberner Übertriebenheit, die Viviane zum Lächeln brachte. Cucheron fragte nach, wie » man« habe erfahren können, dass er an dem Sonett arbeite. Die Kommissarin lächelte nicht mehr. Nur die Männer aus dem Großraumbüro konnten das wissen. Ob sie wollte oder nicht, es gab einen, der Dinge ausplauderte, vielleicht sogar schlimmer, und er war sicher einer von ihnen. Cucheron verlangte Polizeischutz zu Hause. Aber wen sollte sie hinschicken? Es gab niemanden mehr, dem sie genügend vertraute. Zwei Wachtmeister aus dem Nachbarbüro würden herhalten müssen. Gute Kerle, denen sie sich nicht so nah fühlte. Sie hatte das dumpfe Gefühl, ihre kleine Truppe aus dem Großraumbüro zu verraten.
    In den Zeitungen wurde die Freilassung von José Tolosa übertrieben würdevoll kommentiert. Die weniger Unerbittlichen wunderten sich, erkannten aber an, dass die Umstände seiner Festnahme » Anlass zur Polemik« boten. Viviane kochte. Einzig die Medien konnten so eine Debatte anheizen. Die Hinterhältigen meinten, dass es sich um ein falsches falsches Manöver handelte, der Richter habe auf eine Anordnung hin gehandelt, das Ministerium suche nach einem ehrenhaften Ausweg. War Tolosas Freilassung etwa der ehrenhafte Ausweg? Viviane hasste sie alle.
    Dann waren auch die Ergebnisse der Nachforschungen über Xavier Baudelaire da. Er erfreute sich eines einwandfreien Rufs. Guter Ehegatte, guter Vater, guter Chef. Seine Lecksteine fanden in allen großen Zuchtbetrieben der Normandie Anwendung. Man wusste, dass er seine Geschäfte auf das restliche Frankreich ausdehnen wollte und war überzeugt, dass es ihm gelingen würde.
    Kossowski hatte das Insel-Kabarett gefunden. In der Luft hing ein Duft von Gewürzen und Rum, aber Joa kannte man dort nicht. Der Star der Show ähnelte ihr, mehr nicht. Er hatte das Foto in allen Nachtklubs herumgezeigt, ohne Erfolg. Allerdings zeigten sich mehrere Inhaber interessiert und erklärten sich bereit, einen Vertrag mit ihr zu unterzeichnen.
    Cucheron rief am frühen Abend noch einmal an. Er habe das Haus nicht verlassen, er sei nur kurz hinuntergegangen, um die Concierge zu bitten, kein Paket für ihn anzunehmen. Als er an seinem Briefkasten vorbeigekommen sei, habe er einen neuen Umschlag darin gefunden, ähnlich dem ersten: » Lassen Sie die Finger davon, letzte Warnung.« Er setzte die Kommissarin davon in Kenntnis, dass er die grobe Fahrlässigkeit der Polizei den Medien melden würde.
    Viviane wusste nicht, was sie antworten sollte: Sie hatte ganz einfach vergessen, den Polizeischutz zu organisieren. Das musste eine unterbewusste Fehlleistung gewesen sein, dessen war sie sich sicher. Wenn dieser Typ schon nicht der Schuldige sein konnte, dann sollte er wenigstens Opfer werden. Sie redete sich mit einem kleinen Zwischenfall heraus und versprach ihm, dass ab dem nächsten Morgen zwei Polizisten vor seinem Haus Wache stehen würden. Sie hütete sich aber, ihm zu sagen, ab wie viel Uhr.
    Samstag, 9 . Februar
    Die Waage zeigte am Morgen schon

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