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Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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Schluss konnte sie daraus ziehen? Jemand, wer war dieser Jemand?
    Es war ihr zweiter Tag im Hotel. Viviane gewöhnte sich daran, der Lieutenant auch. Sie waren Zimmernachbarn und verabschiedeten sich abends voneinander wie zwei Seminaristen. Beim Essen wussten sie nicht, worüber sie sprechen sollten. Sie hatte die Geschichte von Monots Vater überprüft, die leider stimmte. Er hatte sich wegen einer Lappalie umgebracht. Ein paar Einladungen zum Essen in einem Bistro, als Dank für kleine Dienstleistungen. Ein Tod, der die Vorgesetzten und die Dienstaufsichtsbehörde sprachlos zurückgelassen hatte. Viviane wagte es nicht, das Thema mit ihrem Assistenten anzuschneiden. Dieser Typ verunsicherte sie, trotz seiner naiven Art. Er erzählte nichts von sich, sie ebenso wenig. Sie blieben an der Oberfläche.
    An diesem Abend war es jedoch Monot, der sie mit einer unschuldigen Frage in die Tiefe zog, während sie auf ihre gegrillten Seezungen warteten. » Ich dachte, dass ein Richter die Fälle, die man ihm überträgt, immer aus nächster Nähe verfolgt. Ist es normal, dass wir im Sonett-Fall so wenig Kontakt zur Justiz haben? Ich weiß nicht einmal, wer sich darum kümmert.«
    » Richter Ludovic Bartan. In der Tat, normal ist es nicht. Aber besser so.«
    » Warum? Gibt es Streit mit ihm?«
    » Aber nein Monot, was für eine Idee! Wir sind Offiziere der Kriminalpolizei. Wir können per definitionem keinen Streit mit dem Richter haben. Höchstens Mordgelüste, was mich betrifft.«
    Monot schüttelte sich vor Lachen. Er fragte nach, als handelte es sich um einen Witz, die Kommissarin zögerte: Ihre Geschichte hatte zwei Hälften, welche davon sollte sie auspacken? Viviane entschied sich für den Anfang, der war weniger heikel. » Wir hatten eine Beziehung, er lebte bei mir. Es war eine Zeit, in der ich sehr wenig nach Hause kam. Unsere Truppe jagte einen Wahnsinnigen, der ein Dienstfahrzeug mit zwei jungen, darin eingeklemmten Polizisten in Brand gesteckt hatte. Der eine von beiden ist bei lebendigem Leib verbrannt, die andere, ein Mädchen von fünfundzwanzig Jahren, ist für ihr Leben verunstaltet, unmöglich sie anzusehen, die Arme. An dem Tag, als wir den Brandstifter festnahmen, hatte ich vierzig Stunden nicht geschlafen und bin nach Hause. Dort lag der Herr Richter mit einer jungen Anwältin im Bett, eine Blonde, Dünne, vom Verband, wissen Sie, diese jungen Pflichtverteidiger. Ich habe sie vor die Tür gesetzt, ihn und seine Schlampe, so wie sie waren. Und dann habe ich ihre Klamotten aus dem Fenster geschmissen. Ende der Geschichte. Hat sie Ihnen gefallen?«
    » Ah, verstehe«, sagte Monot, peinlich berührt von so viel Vertraulichkeit.
    Nein, er konnte das nicht verstehen: Er kannte die Fortsetzung nicht. Sie zögerte, ihm von Ludovics Rache zu erzählen. Wenig später hatte sie damals erfahren, dass die Pflichtverteidigerin für den Brandstifter des Dienstwagens niemand anderes war als die junge Blonde. Richter Ludovic Bartan hatte der Referendarin bei dem Plädoyer ganz schön unter die Arme gegriffen. Man konnte sogar seine bevorzugten Ausdrücke heraushören. Das junge Ding erstritt einen Freispruch, nachdem es einen sehr subtilen Formfehler in die Waagschale gelegt hatte. Die Kommissarin war sich sicher, dass Richter Bartan den Fehler entdeckt hatte. Aber das würde sie nicht erzählen, sie wusste, dass sie ansonsten Gefahr lief, vor Monot in Tränen auszubrechen. Sie wartete das Ende des Abendessens ab, um in ihr Zimmer zu flüchten und sich dort alleine auszuweinen, wie es ihr beliebte.
    Dienstag, 19 . Februar
    Die Ermittlungen kamen ins Schlingern. Die Protagonisten berichteten ihr von Anrufen, bei denen aufgelegt wurde, sobald jemand abhob. Viviane wusste davon: Sie ließ die Telefone von allen überwachen, ohne sie darüber informiert zu haben. Sie wusste auch, dass die Anrufe aus immer wechselnden Pariser Telefonzellen kamen.
    Priscilla Smet rief an, sehr verlegen: » Ich weiß nicht, was los ist, aber unser Minister hat entschieden, dass alle Pressekonferenzen abgesagt werden. Sind Sie auf dem Laufenden?«
    Die Pressetante inszenierte ein inquisitorisches Schweigen. Sie wartete, dass die Kommissarin sie ins Vertrauen ziehen würde, aber Viviane begnügte sich mit einem » Ach, wirklich!« und schenkte ihr ihrerseits ein langes, zähes Schweigen.
    Es brauchte mehr, um Priscilla Smet unterzukriegen. » Ich lasse Sie nicht fallen. Ich bereite eine Überraschung für Sie vor. Wenn die Medien nicht mehr zu

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