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Tote essen keinen Döner

Titel: Tote essen keinen Döner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Nazi-Hasser namber wan bist in unserer Straße. Und diese übel riechende Übelsocke liegt, genau wie Adolf auch, in deiner Wohnung, in deiner Tiefkühltruhe!«
    »In unserer Wohnung, in unserer Tiefkühltruhe!«, protestiert Mehmet.
    »Ja, aber du hast doch immer noch die Puulposischen als der Nazi-Hasser namber wan inne, wie wir eben festgestellt haben. Und das macht dich selbstverständlich wieder zum Verdächtigen namber wan.«
    »Mein Gott, ihr beiden seid wirklich so was von doof! Wir haben schon wieder einen toten Mann im Haus und ihr redet nichts als Schwachsinn! Diesmal gehe ich aber auf jeden Fall zur Polizei – ich hab keinen Nerv mehr!«, tobt Eminanim mit knallrotem Gesicht.
    »Frau, das darfst du doch nicht machen! Was willst du den Knochenbrechern denn erzählen? Dass du einfach so einen Toten im Keller gefunden hast und ihm nebenbei sein Genick gebrochen hast, und wir ihn in der Tiefkühltruhe versteckt haben, dass es ihm dann dort zu kalt war und er uns verlassen hat, dass wir daraufhin beim Händler protestiert haben und der uns sofort einen Ersatz geliefert hat? Und dass wir zwischendurch die Polizei ein bisschen belogen haben? Aber dass wir dabei natürlich völlig unschuldig sind? Welcher halbwegs intelligente Mensch wird dir das alles denn glauben? Eminanim, lass dich doch nicht verrückt machen. Ich hab diesen Fall schon so gut wie gelöst.«
    »Dass ich nicht lache, was soll das denn heißen, so gut wie gelöst? Du schaffst es ja nicht mal, die alten Tapeten von den Wänden zu lösen!«
    |117| »Für alte Tapeten bist du doch zuständig. Ich gehe morgen zu dieser Parteiveranstaltung der RNU, da werde ich bestimmt einiges erfahren. Wo ich doch schon einen Glatzkopf habe, muss ich es schließlich ausnutzen.«
    »Osman, die Leichen werden jeden Tag mehr und mehr und du erzählst mir hier ständig irgendwelche Märchen.« »Leichen pflastern unseren Weg«, gibt Mehmet auch noch seinen Senf dazu und hetzt seine Mutter noch mehr gegen mich auf.
    »Nein, Eminanim, da täuschst du dich, ich pass schon richtig gut auf. Dass wir eine neue Leiche haben, habe ich eben sofort an den Schuhsohlen der Übelsocke gemerkt. Adolfs Schuhsohlen waren voller Öl. Und bei dem Neuen hier ist es nicht so.«
    »Voller Öl?«
    »Ja! Adolfs Schuhsohlen haben getrieft vor Öl, obwohl in diesem Raum nirgendwo ein Gramm Fett war, ist das nicht eigenartig? Obwohl der Mann drei Kugeln im Kopf hatte, gab’s nirgendwo einen Tropfen Blut. Und obwohl der Mann gewiss nicht in unserem Keller getötet wurde, lehnte er von hinten an der Tür, sodass du sie mit Gewalt öffnen musstest, das war doch auch ganz komisch. Adolfs Eltern haben uns gesagt, dass sie ihn schon seit Langem nicht besucht haben, dabei hat der Hausmeister Warmbier mir erzählt, dass er Herrn Nachtigall erst letzte Woche im Treppenhaus gesehen hat. Und obwohl der Warmbier ebenfalls ständig Krach mit Adolf hatte, redet er plötzlich so nett über ihn. Die Nachbarn von unten verstecken sich immer noch in der Toscana. Unser Freund Abdullah-Ibrahim wird immer knallrot, wenn ich nur das Wort ›Keller‹ erwähne. Und die Polizei war übrigens genau in der |118| Sekunde hier, als in unserer Tiefkühltruhe für einen kurzen Moment mal Ruhe herrschte. Danach haben wir sofort eine Ersatzleiche aus genau der gleichen politischen Ecke geliefert bekommen, und, und, und   … Du siehst, ich habe mir jede noch so unwichtige Kleinigkeit gemerkt, genauso wie mein großes Vorbild es immer tut. Oder denkst du, die ganzen ›Colambo‹-Folgen, die ich seit dreißig Jahren studiere, sind spurlos an mir vorbeigegangen?«
    Dass ich unsere erste verschwundene Leiche im Kühlschrank von ihrem zukünftigen Schwiegersohn Luigi gesehen habe, verschweige ich lieber vorerst, um meine arme Frau nicht völlig durcheinanderzubringen.
    »Eminanim, im schlimmsten Fall lassen wir eben die neue Leiche verschwinden. Ohne Corpus Delicti kein Mord! Aber ich denke, wenn wir dieses ganze Pazzel zusammenfügen, dann haben wir schon ein einigermaßen klares Bild vor Augen, nicht wahr?«
    »Was für ein Bild denn, also ich werde immer noch nicht schlau daraus!«
    »Du hast recht, das Gesamtbild ist zurzeit noch ein bisschen abstrakt. Deshalb werde ich so schnell wie möglich versuchen, den anonymen Maler ausfindig zu machen, und ihn sofort verhaften!«
    »Ja, ja, Osman, du willst den Mörder verhaften. Wovon träumst du denn sonst noch?«
    »Von Hitlers Beschneidung«, lacht Mehmet.

|119| Tour de

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