Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
drehte sich zu der Stimme hinter ihr um. Dich habe ich doch auch schon gesehen, dachte sie. Du bist einer von denen, die zugucken, statt zuzupacken.
Vor ihr stand der leicht untersetzte Enddreißiger, der an der Mautschranke gute Ratschläge erteilt, selbst aber die Hände in den Taschen behalten hatte. Er trug einen strengen blonden Seitenscheitel und wirkte nicht nur neben dem hünenhaften Bruno Brandauer klein.
Das kannst du haben, dachte Pippa und sah ihn langsam von oben bis unten an. Dann sagte sie: »Ich merke es mir in dem Moment, in dem Männer mit Napoleonkomplex es nicht mehr nötig haben, sich wegen Lappalien aufzuplustern.«
Achim Schwätzers Gesicht verfärbte sich scharlachrot. »Was hast du überhaupt hier zu suchen?«, blökte er wütend. »Das ist hier Privatgelände. Von uns gemietet. Du hast hier nichts verloren, Gnädigste. Verschwinde.«
Pippa trat ganz nah an ihn heran und starrte in seine zornfunkelnden Augen. »Auch Ihnen einen schönen guten Morgen und einen friedlichen Tag.«
»Achim, du bist ein echter Idiot«, ereiferte sich der Riese und zog Pippa weg. »Ich bin Bruno Brandauer, und ich möchte mich für meinen Kollegen entschuldigen.«
»Das müssen Sie nicht«, erwiderte Pippa. »Er ist für sein Verhalten ganz allein verantwortlich.«
»Was ist denn hier los?«, fragte Gerald Remmertshausen, den die lauten Stimmen angelockt hatten. In seinem Kielwasser erschien ein älterer rotblonder Mann mit Angelrute. Er blinzelte neugierig durch die dicken Gläser seiner Nickelbrille und stellte sich nach der Begrüßung als Franz Teschke vor.
Pippa hob beschwichtigend die Hände. »Nichts passiert, wir haben nur die Claims abgesteckt.«
»Dann biete ich die Friedenspfeife an. Darf ich Sie mit einer frischen Tasse Kaffee entschädigen?«, fragte Brandauer freundlich.
Sie stimmte zu, und Bruno führte sie um das große Küchenzelt herum. Mit dem Rücken zu ihnen hantierte dort ein großer, blonder Mann mit einer Thermoskanne und füllte Steingutbecher mit dampfendem schwarzem Gebräu.
»Kann ich einen Kaffee für unseren Gast bekommen?«, fragte Bruno.
Der Mann drehte sich um und ließ die Tasse fallen. »Pippa!«, japste er und starrte sie entsetzt an.
Heißer Kaffee ergoss sich über ihre Schuhe und spritzte an die Hose.
»Au, verdammt!«, schrie Pippa. Dann sagte sie leiser: »Die Mordkommission. Guten Morgen, Wolfgang Schmidt.«
Bevor der verblüffte Bruno verstand, was los war, ergriff Schmidt unsanft Pippas Arm und zog sie mit sich in Richtung Wald. Er sprach kein Wort, bis sie außer Hörweite seiner Angelfreunde waren.
Endlich gelang es Pippa, sich aus seinem Griff zu befreien.
»Sie tun mir weh«, beschwerte sie sich und rieb sich die schmerzende Stelle am Oberarm. »Was soll denn das? Es kann doch so schlimm nicht sein, dass auch ich an Ihrem kostbaren See bin. Ich fang Ihnen ja nichts weg. Oder sind Sie undercover hier, und ich bin Gift für Ihre Tarnung?«
Schmidts Blick flog zu seinen Kollegen, die sich neugierig am Rand des Camps versammelt hatten und sie beobachteten. Auch die drei Männer, die Pippa bereits auf dem Staudamm gesehen hatte, gesellten sich zu ihren Freunden.
» Das ist seine Pippa?«, fragte Bruno mit betrübtem Gesicht. »Wie schade. Sie ist so nett. Wirklich so nett.«
»Sie muss ihm hinterhergefahren sein«, sagte Rudi. »Donnerwetter, die liebt ihn wirklich.«
Achim Schwätzer kniff die Augen zusammen. »Bei der hättest du sowieso keine Chance, Bruno. Emanzen wie die da wollen einen Mann mit Intellekt.«
Bruno Brandauer fuhr herum. »Ach ja? Und warum ist sie dann mit Wolle zusammen?«
Abel Hornbusch wirkte panisch. »Und wer bringt mir jetzt das Fischen bei? Wolle hat mir versprochen …«
»Es heißt Angeln «, zischte Schwätzer. »Und Wolle hat behauptet, dass du das schon kannst.«
Vinzenz Beringer wandte sich Schmidts verzweifeltem Schwager zu und sagte ruhig: »Keine Sorge, Abel – ich bringe dir beides bei.«
»Was machen Sie hier?«, blaffte Schmidt.
»Urlaub«, gab Pippa zurück und trat vorsichtshalber einen Schritt zurück.
Schmidt rückte nach. »Unsinn. Hier machen nur Leute Urlaub, die angeln wollen. Sie sind italienischer Strand und Sonnencreme.«
»Ach, und das wissen Sie so genau, weil wir zusammen einen Mordfall gelöst haben?«, fragte Pippa ironisch.
Er schnaubte und schob sie vor sich her in den Wald, bis sie vor den Blicken der anderen Männer geschützt waren. Schweigend liefen sie nebeneinander den Weg
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