Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
wollen. Aber wenn ich mir Pippa so ansehe … ich fürchte, ich habe das Rennen verloren. Sie hat klar die Nase vorn.«
»Ich weiß, und genau aus diesem Grund sage ich euch das«, erwiderte Cateline. »Pascals Werben hat weder bei dir noch bei Pippa das Geringste mit Liebe zu tun.«
»Ich verstehe, dass du so von ihm denkst«, sagte Pippa. »Er taucht plötzlich hier auf, macht sich bei deiner Schwester und damit in deiner Familie breit, macht sich unentbehrlich …«
Cateline machte eine abwehrende Handbewegung. »Nein, nein, das ist es nicht. Im Gegenteil: Ich finde ihn sehr charmant. Aber ich …« Sie trank hastig einen Schluck Blanquette und holte tief Luft. »Ich werde euch jetzt etwas sagen, das niemand weiß: Ich habe über Jahre viel Geld für Nachforschungen ausgegeben, um Jean zu finden. Als dann Pascal auf der Bildfläche erschien …«
»Kam für deinen Detektiv noch ein Auftrag hinzu«, mutmaßte Tatjana.
Cateline nickte. »So ähnlich. Er sollte herausfinden, woher Pascal kam. Und er wurde fündig.«
Sie beugte sich wieder vor und winkte die beiden anderen heran, so als könnte hinter der Badezimmertür ein ungebetener Mithörer lauern.
»Er kam direkt aus dem Gefängnis. Pascal Gascard ist ein Betrüger.«
Kapitel 17
N achdem ihr Besuch sich verabschiedet hatte, wollte sich der Schlaf nicht einstellen. Pippa lag auf dem Bett und versuchte den Stich der Enttäuschung zu verdrängen, der Catelines Worten über Pascal gefolgt war. Wer hörte schon gern, dass die romantischen Gefühle eines Verehrers vorgetäuscht waren, weil sie auf materiellen Überlegungen beruhten?
Pascal, ein Betrüger? Pippa runzelte die Stirn. Wieso hatte er den Nachforschungen über Jean dann zugestimmt? Immerhin könnten die Legrands erfahren, dass er aus purer Berechnung hier aufgetaucht war und sich ihr Vertrauen erschlichen hatte.
Sie richtete sich im Bett auf, als ihr ein elektrisierender Gedanke kam: Oder hat er das gar nicht? Sind Ferdinand und Lisette in alles eingeweiht? Wissen sie Bescheid über sein Vorleben? Über Jean?
Aber wieso sollte Pia mich dann einschalten? Das ergibt keinen Sinn, es sei denn …
Erleichtert ließ sie sich in die Kissen fallen, als ihr die einzig plausible Erklärung durch den Kopf schoss: weil sie so von Beginn ihres Besuches an gemeinsam mit Pascal eine Aufgabe zu lösen hätte und ihn von seiner besten Seite kennenlernen würde – ohne Vorurteile.
Und ich habe mir für die Suche eine halbe Armada zu Hilfe geholt, unter der jetzt mehr als nur das Vent Fou unterzugehen droht. Dabei sollte es in erster Linie um holde Zweisamkeit gehen, dachte Pippa und kicherte vor sich hin. Pascal, du hast durch deine Bemühungen, mich auf Biegen und Brechen nach Chantilly zu locken, mehr als einen Pluspunkt – und mein Wohlwollen – verdient. Ich werde nicht darüber spekulieren, warum du im Gefängnis gesessen hast, denn ich werde es erfahren, wenn ich den Bericht von Catelines Detektiv lese. Oder ich frage dich selbst danach. Unter vier Augen. Früher oder später musst du mir ohnehin davon erzählen.
Weiter kam sie nicht in ihren Überlegungen, denn ihr Körper forderte seinen Tribut, und sie schlief ein.
Schrilles Läuten weckte sie. Völlig desorientiert tastete Pippa nach dem Telefon auf dem Nachtkästchen und meldete sich schlaftrunken. Sie wurde schlagartig wach, als sie die drängende Besorgnis in der Stimme des Anrufers hörte.
»Madame Pippa, wir haben ein Problem«, sagte Tibor, »können Sie kommen? Jetzt gleich?«
»Was ist los, Tibor? Um was geht es?«
»Wenn ich das wüsste«, wand sich der Polier unglücklich, »kommen Sie lieber gleich her. Das sollten Sie sich selbst ansehen.«
Mehr wollte er nicht preisgeben, und so versprach Pippa, schnellstmöglich in die Rue Cassoulet zu kommen. Sie machte sich frisch und zog sich an. Ihre Haare widersetzten sich jedem Versuch, sie zu kämmen, also stopfte sie ihre Locken unter eine karierte Schiebermütze.
Als Pippa die Wohnung verließ, stolperte sie über das Holzstück, das in der vergangenen Nacht versagt hatte. Sie fluchte leise und hielt dann inne. Etwas in ihrem Hirn reagierte auf die Tatsache, dass der Klotz durch die schwere Eisentür in den Flur gedrückt worden war, aber sie bekam es nicht zu fassen: Zu viel Adrenalin während der Nacht und zu wenig Schlaf in den Morgenstunden verhinderten erfolgreich jeden klaren Gedanken. Sie zuckte die Achseln und verließ das Haus. Die Rue Cassoulet Nummer 4 war
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