Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
berühren. Du auch?»
Ich drücke sie weg. Klitschnass bin ich geschwitzt, mein Ohr pfeift noch immer, und mir ist ein wenig schwindlig.
Das war ja mal ein passendes Vorprogramm für den Besuch der Gruber-Männer, die hier gleich zum Verhör erwartet werden.
Dieter Gruber schließt die Augen und lächelt unberührt, als ich ihm die Tagebuchpassage seiner ermordeten Tochter vorlege, in der sie ihre Ängste vor einem gewissen «P» beschreibt.
«Ich verstehe nicht ganz?», sagt er leise und streicht sich durch seinen gepflegten Vollbart.
Gruber hat sich für dieses Gespräch in einen hellblauen Pullunder gezwängt. Darunter trägt er ein graues Hemd und eine blassgelbe Krawatte, die er im Pullunder verschwinden lässt. Trotz 30 Grad Außentemperatur und schlecht klimatisierter Räume schwitzt er keinen Tropfen. Ganz anders sein Sohn Jochen, der in einem luftigen weißen T-Shirt für seinen Vater mit zu transpirieren scheint. Rein äußerlich könnten Vater und Sohn nicht unähnlicher sein. Hier der hagere, asketisch wirkende, kontrollierte Vater, dort der dreifach so massige, eher ungepflegte und unfassbar hässliche, nervöse Sohn.
«Sie verstehen nicht ganz?», nimmt ihn Markus in die Mangel. «Ich helfe Ihnen gerne, ‹P› steht für Papa.»
«Sie kannten Kirsten nicht, mein Lieber», entgegnet Gruber gelassen. «Sie war sehr eigen und lebte stark in ihrer eigenen pubertären Phantasiewelt.»
«Ach so», erhebe ich höhnisch die Stimme. «Sie hat das alles erfunden?»
Dieter Gruber schließt lange die Augen. Leise, fast flüsternd sagt er: «Sind Sie sich dessen bewusst, was Sie mir gerade antun? Einem bis zu seinem letzten Atemzug trauernden Vater? Ich verstehe Ihr Anliegen nicht. Was wollen Sie? Glauben Sie tatsächlich, weil ich mit einer heranwachsenden Tochter gelegentlich Meinungsverschiedenheiten hatte, dass ich sie umgebracht habe? Gott möge Ihnen vergeben.»
Dazu fällt mir erst mal nichts mehr ein.
Markus wendet sich an Jochen und legt ihm die Fotobögen vor die Nase.
«Warum haben Sie Ihrer Schwester nachgestellt?»
Gruber junior schüttelt den Kopf.
«Was soll der Scheiß? Ich habe nur …»
«Jochen!», fährt der Vater seinen 43 -jährigen Sohn an. «Nicht diese Ausdrücke!»
Merklich eingeschüchtert, setzt Jochen noch einmal an. Er habe doch nur Fotos zur Erinnerung zusammengestellt. Und außerdem sei Fotografie sein Hobby. Und da habe er früher eben häufig seine Schwester fotografiert.
Ich beobachte Dieter Gruber, der keine Miene verzieht.
«Was hatten Sie gegen Kirstens Beziehung zu Fichtenau?», richte ich meine Frage an beide.
«Nun ja», räuspert sich Vater Gruber, «das Resultat dieser Beziehung besuche ich wöchentlich auf dem Friedhof.»
«Fichtenau ist Satan», grunzt Jochen. «Und das wusste ich schon damals.»
Wir drehen uns im Kreis. So kommen wir nicht weiter.
Sollte einer der Herren Gruber irgendetwas mit dem damaligen Mord an Kirsten und dem Verschwinden von Maik Fichtenau zu tun haben, werden wir es ganz bestimmt in dieser Gesprächskonstellation nicht herausbekommen. Ich hatte auch nichts anderes erwartet. Markus und ich haben allerdings noch ein kleines Störfeuer ausgeheckt, um die Grubers ein wenig außer Kontrolle zu bringen. Wir warten schon, es scheint sich allerdings verspätet zu haben.
So lege ich zunächst einmal das Vokuhila-Foto auf den Tisch und frage standesgemäß: «Kennen Sie diesen Mann?»
In Dieter Grubers Miene ist wieder keine Regung zu erkennen. Sein wuchtiger Sohn dagegen kratzt sich etwas nervös den Nacken.
«Ich kenn den von früher», nuschelt er in seinen dichten Fünftagebart.
«War ein Bekannter von Kirsten, oder?»
Markus und ich zucken die Schultern.
«Sie kennen ihn also nicht näher?», hakt Markus nach. «Kennen Sie seinen Namen?»
Jochen Gruber verneint die Frage und fügt an, dass er diesen Typen seit Jahren nicht mehr gesehen habe. Dann klopft es endlich an der Tür, und ich hoffe bei der nun folgenden Überraschung, dass vor allem der werte Vater Gruber ein wenig aus der Fassung gerät und sein kontrolliertes Gehabe ein Ende hat.
Doch es ist Sabse, die da im ins Ordinäre abgleitenden Ibiza-Ausgehgewand in der Tür steht.
«Wo issn der Teischi?»
Wortlos starren Markus und ich sie an. Noch bevor einer von uns sie des Raumes verweisen kann, legt sie los.
«Ey, isch such den Saftsack schon seit ner Ewischkeit, isch könnt kotzen. Der geht mir so was von auf die Stöcke. Der hat mir versproche, dass er
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