Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
hab. Und wenn isch Dame sag, dann mein isch auch Dame.»
«Na siehste!»
«Aber hallo na siehste! Aber mehr verrat isch net …»
«Macht nichts!»
«Noch net! Du wirst staune, mein Lieber! Ganz besonders du!»
Schwelgend blickt Manni in die Ferne. Ich nutze den kurzen Moment des Innehaltens, winke noch kurz und mache mich dann endlich auf den Weg nach Hause.
Das Haus ist leer. Sohn mit Fußballverein unterwegs, Tochter mit beiden Hunden bei einer Freundin, Ehefrau ohnehin abgängig. Vor nicht allzu langer Zeit war es für mich das Größte, wenn ich mal für ein paar Stunden ganz allein im Haus sein konnte, wenn ich mich wieder einmal ein klein wenig wie ein Junggeselle fühlen durfte. Ohne Pflichten, ohne Kompromisse, ohne Kontrolle. Heute, an diesem Abend, wünsche ich mir das Gegenteil. Ein einfaches, gewöhnliches Familienleben mit allem, was dazugehört. So, wie es früher einmal war. Mit «Hallo, Schatz, wie war dein Tag?» und «Na, Kinder, schon Hausaufgaben gemacht?». Das wird so nie wiederkommen:
Melina ist fast erwachsen, die wird ohnehin ihren Weg bald alleine gehen müssen. Laurin braucht seine Eltern natürlich noch eine Weile. Uns beide, wie und wo auch immer.
So einiges kann nicht weitergehen wie bisher. Es ist langsam an der Zeit, das erste Mal im Leben bewusste, erwachsene Entscheidungen zu treffen. Und warum soll auch der olle Bröhmann beruflich nicht auch noch mal ganz von vorn anfangen können?
In all meiner Traurigkeit, in all meiner Sehnsucht nach Franziska, in all der Angst um meinen Vater, in all dieser Unsicherheit, fühle ich so etwas wie Kraft in mir aufsteigen. Es wird ein anderes Solobesäufnis heute. Ein konstruktives.
So sitze ich an unserem Küchentisch und falle kraftvoll über die erste Flasche Weißwein her. Ich starre auf den gegenüberstehenden verwaisten Franziska-Stuhl und flüstere leise ihren Namen.
Doch diesmal antwortet sie nicht.
Ich mache mich auf den Weg ins Schlafzimmer, um mir, wie man so unschön sagt, bequeme Kleidung anzulegen. Eigentlich ist das ja keine Art, nur weil man die Privatgemächer betritt, sofort in würdelose Trikotagenware wie Jogginghosen oder, noch schlimmer, Leggins zu springen. Lange habe ich mich diesem Diktat widersetzt und mich zu Hause aus Protest fast noch besser gekleidet als im öffentlichen Leben, doch inzwischen lasse auch ich mich gehen und schlurfe in den eigenen vier Wänden in grauen ausgebeulten Baumwollhängejogginghosen herum.
Karl Lagerfeld sagte einmal: «Wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.»
Besser kann man es nicht ausdrücken.
Als ich die Schlafzimmertür öffne, liegt eine Frau in meinem Bett. Ich blinzle verwirrt.
Gehen mir nun die Phantasiegäule durch? Klar, es gibt schlimmere Phantasien als Frauen im Bett, aber trotzdem. Ich schließe die Augen, zähle bis drei, öffne sie dann wieder, dann liegt da aber noch immer diese Frau. Franziska ist es nicht, so viel ist klar. Ich drehe mich um und schließe die Tür. Brauche Zeit. Zum Nachdenken und um durchzuatmen. Zur Sicherheit drehe ich mich um und stelle fest: Ja, es ist dein Haus. Ja, es ist auch dein Schlafzimmer. Dann reiße ich die Tür wieder auf, und nun meldet mein Gehirn: die Irre!
Rike hat es sich nur mit Unterwäsche bekleidet in meinem ehelichen Schlafzimmer bequem gemacht.
«Hallo, Henning», wispert sie und lächelt.
«Zieh dich sofort an und verlass dieses Haus», schreie ich.
«Hihi», entgegnet sie darauf. «Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich war halt müde und hab gedacht, legste dich einfach mal ein bisschen hin.»
Aha, sie legt sich einfach mal ein bisschen hin.
«Du spinnst doch wohl völlig! Raus hier, weg hier! Raus!»
Erstaunlich gelenkig springt Rike aus dem Bett und klammert sich an mich.
«Verzeih, Henning, verzeih mir, ich weiß auch nicht, also, ich wollte dich nicht so verschrecken, das wollte ich wirklich nicht, glaub mir, glaub mir, ich wollte, ich wollte doch nur …»
Würdelos, nur mit weißem Unterhemdchen und Schlüpfer bekleidet, drückt sie sich immer fester an mich.
«Lass es zu», haucht sie. «Lass es einfach zu.»
«Einen Scheißdreck lasse ich zu», schreie ich völlig hysterisch.
«Schon dich nicht», schreit sie plötzlich laut zurück. «Lass es zu, hab keine Angst, verletzt zu werden, lass dich ein, lass dich ein.»
Ich möchte nicht grob werden, doch ich weiß nicht, wie ich dieses halbnackte dürre Klammeräffchen anders von mir
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