Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)
konnte? Wenn Sie weiter Ermittler spielen wollen, kommen Sie zurück zu Ihrer Kommissarin, anstatt in der Stadt herumzulungern.«
Sie legte auf, wütend auf Willy, aber vor allem auf sich selbst. Sie hatte keine Geduld, kein Verständnis. Sie war keine Pädagogin. Wie konnte sie ihrem Lieutenant etwas beibringen, wo sie doch selbst nicht wusste, wie sie die Sache anpacken sollte? Ein gutes Essen würde sie beruhigen.
Sobald das Restaurant zur Mittagszeit öffnete, begab sich Viviane dorthin, und setzte sich alleine an einen Zweiertisch. Die Gruppe der Kokos und Kikis stürmte von der Bar herbei. Königin war ganz aufgeregt und redete schon wieder vom Vertrag des Wachmanns. » Zecher-Koko, bring mir zwei Flaschen Samos-Muscat aus dem Lager, ich will sie dem Türken zur Feier des Tages schenken.«
Animateur-Koko kam als Letzter, mit finsterer Miene. Als er die Kommissarin sah, ging er freundlich auf sie zu.
» Ich habe einiges wiedergutzumachen, ich wäre glücklich, mit Ihnen essen zu dürfen.« Er kaufte eine halbe Flasche italienischen Weißwein, bot Viviane an, den Hauptgang für sie am Buffet zu holen– gegrillten Fisch mit Rohkostsalat, sehr empfehlenswert– und setzte sich schließlich ihr gegenüber. » Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, wegen gestern Abend. Es war nur ein Spiel, ich wollte Sie nicht verletzen. Normalerweise finden das alle lustig und nehmen es gut auf, einschließlich der zehn improvisierten Paare.«
» Vergessen wir das. Aber deswegen müssen Sie sich nicht verpflichtet fühlen, mit mir zu essen.«
Animateur-Koko wurde leise und deutete mit einem Blick auf den Nachbartisch. » Ich tue das gerne. Und, um Ihnen alles zu gestehen, ich wollte mich außerdem davor drücken. Ich spiele gerne den Höfling, aber nicht wenn Ihre Majestät einen in der Krone hat. Ich weiß nicht, wer die Idee hatte, sie auf einen Aperitif einzuladen, das ist bescheuert, sie verträgt keinen Alkohol. Jetzt liegt sie uns schon seit fünf Minuten mit dieser Vertragsgeschichte in den Ohren. Ah, da ist er ja…«
Der Türke war wieder auf dem Weg in sein Häuschen und trug dabei in einem metallenen Korb das Essen, das er am Buffet ausgewählt hatte. Königin rief ihn zu sich, und er trottete zu ihr. Sie wedelte mit zwei Seiten Papier, sagte ihm ein paar Worte in seiner Sprache, holte die beiden Flaschen vorsichtig aus ihrer Strandtasche und überreichte sie ihm. Der Gärtner küsste ihr die Hand und ging.
» Schauen Sie sich das an, Viviane, man könnte meinen, man wäre im Mittelalter. Bald muss man sich auch noch vor ihr verbeugen.«
Der Rohkostsalat war zu sauer, die Kommissarin hatte nicht übel Lust, sich am Buffet etwas anderes zu holen. Aber sie wollte die vertrauensvolle Atmosphäre, die sich ergeben hatte, nicht zerstören, und ebenso wenig die Unterhaltung unterbrechen. Stoisch würgte sie die sauren Paprikastreifen hinunter und schob die Unterhaltung wieder an. » Merkwürdig, sie hat ihm den Vertrag gar nicht gegeben.«
» Es fehlt noch eine Klausel. Nach dem, was sie uns beim Aperitif erzählt hat, muss die Fläche der Baracke, die dem Türken zur Verfügung gestellt wird, noch eingetragen werden. Sie will das nach dem Essen ausmessen. Spannend, nicht?«
Viviane versuchte, sich die Zusammenarbeit von Königin und Animateur-Koko vorzustellen. Sie schien ihr so grotesk wie der Apfeltanz gestern Abend.
» Anscheinend interessieren Sie die Audienzen der Kokos mit King am 14. Juli im Amphitheater. Sollen wir darüber sprechen?« Animateur-Koko zeigte sich unglaublich zuvorkommend. Er beantwortete alle Fragen langsam, betonte jedes Wort, machte lange Pausen, um sich alles besser in Erinnerung zu rufen und kein Detail auszulassen. Er erinnerte Viviane an jene Verdächtigen, die sehr zögerlich gestehen, bruchstückhaft, um Zeit zu gewinnen und die Fristen des Polizeigewahrsams auszuschöpfen.
Aber Animateur-Koko hatte nichts zu gestehen. Er sei für 16.45 Uhr dorthin zitiert worden und zu früh dort gewesen. Da habe er den Türken getroffen, der ihm bedeutet habe, dass King noch im Gespräch sei. Also habe er gewartet. Als er gesehen habe, dass Clown-Koko ging, sei er in das Amphitheater eingetreten, wo er King in seinem Kostüm vorgefunden habe. Er bestätigte alles, was Viviane wusste, den Thron, die Strumpfhose und die Handschuhe, ja, King habe Eindruck schinden wollen.
Animateur-Koko hatte sich in Fahrt geredet. King, erklärte er, finde die Aufführungen zu prätentiös. Er habe zuvor
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