Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)
Sie wusste, dass Animateur-Koko den Scheinwerfer anbringen würde. Sie wusste, wie ergeben er King war, und dass er seinen Chef auf den Mast steigen lassen würde, damit er selbst einen Blick auf sein Unglück werfen konnte. Durch ihre Sonnenbrille hatte sie gesehen, dass King sie gesehen hatte. Also hat sie sich wieder angezogen, die roten Sportschuhe so weit weggeworfen, wie es ihr möglich war, und ist zu ihm zurückgegangen. Die gute alte Geschichte von der Ehefrau, die ihren Gatten glauben lassen will, sie habe einen Geliebten, um seine Eifersucht anzustacheln. Wir waren auf der falschen Fährte, wir müssen woanders suchen.«
» Und der Männerarm, den Animateur-Koko auf ihrer Brust gesehen haben will?«
» Ein braunes Tuch zum Schutz vor der Sonne, eine Illusion. Wir beginnen wieder bei null, Willy.«
Der Lieutenant schwieg. Traurig sah er sein Seil an, seine roten Sportschuhe. Die Kommissarin hatte ihm seinen Triumph vermasselt. Es war Mittag, das Restaurant öffnete gerade. Viviane ging fröhlich dorthin, während Willy noch sein Seil ins Lager räumte.
Der unersetzliche Fredo besetzte für sich allein einen Zweiertisch. Als er Viviane sah, röhrte er ihren Namen. Alle drehten sich um, manche lachten. Ein derart hartnäckiger Verehrer verdiente ein wenig Aufmerksamkeit: Sie setzte sich an seinen Tisch.
Fredo gestand ihr, dass seine Ferien nun bald vorbei seien. Sie fühlte seine Furcht, er könnte die Sache vor seiner Abreise nicht zu einem Abschluss bringen, gleichzeitig fiel es ihm schwer, sich auszudrücken. Er erzählte ihr von Urlaubsmitbringseln, die er am Tag zuvor in Lindos für seine Kollegen im Briefverteilungszentrum gekauft hatte. Er sei sich nicht sicher, das Richtige ausgesucht zu haben, ob sie nicht mitkommen wolle in seine Lodge, um alles anzusehen? Sein Mitbewohner habe gerade heute Morgen den Flieger genommen. Sie würden niemanden stören, und niemand würde sie stören. Viviane sagte nicht Ja und nicht Nein, sie fragte nach Details. Ein T-Shirt, auf dem kleine Esel aufgedruckt waren, was für eine schöne Idee! Und was machten die Esel? Oh, diese Schlingel! Eine Amphore, bemalt mit einem priapischen Satyr, haha, wie komisch! Fredo kam in Fahrt, wurde rot im Gesicht, der Fisch hatte angebissen.
Genau wie Königin mochte es Viviane, Männer eifersüchtig zu machen. Sie beobachtete Willys Reaktion zwei Tische weiter und war belustigt. Er war zum Buffet an ihnen vorbeigegangen, ohne sie anzusehen, den Blick auf den Boden geheftet. Jetzt musterte er Fredo nachdenklich, aufmerksam. Die Situation wurde heikel. Viviane hatte ihren Schafmilchjoghurt aufgegessen, Fredo hatte sich elegant den Mund abgewischt, auf dem der Honig seiner Loukoumades klebte. Er erhob sich und fragte: » Nun, zeige ich Ihnen das?«
Sie lächelte ihm zu, stand auf und folgte ihm. Sie wollte ihn so spät wie möglich aufhalten, sodass Zeit genug war, ihren kleinen Lieutenant wahnsinnig zu machen. Dieser war ebenfalls aufgestanden und ging strammen Schrittes auf Fredo zu. Er würde ihn doch nicht zum Duell herausfordern?
Willy legte dem Don Juan nur die Hand auf die Schulter und fragte ihn inquisitorisch, auf die orangen Sportschuhe zeigend: » Wo haben Sie die gekauft?«
» In Lindos, in einer türkischen Boutique, die so was in allen Marken und Farben hat.«
» Gab es dieses Modell auch in Rot?«
» Keine Ahnung, aber gehen Sie selbst hin: Vom Platz aus müssen Sie in die erste rechts, dann links, dann ist es direkt hinter der Kurve.«
» Kommen Sie, Viviane«, rief Willy.
Erstmals hatte er ihr einen Befehl erteilt. So kam es, dass Lieutenant Cruyff seine Kommissarin vor den Verlockungen des Fleisches bewahrte.
Die Kommissarin saß wortlos im Taxi. Sie ärgerte sich, dass sie die Ähnlichkeit zwischen den roten Sportschuhen und denen ihres Verführers nicht bemerkt hatte. Selbes Logo, selbe Aufmachung. Cruyff schwieg ebenfalls. Er strahlte eine seltsame Entschlossenheit aus.
» Sie sind ein guter Bulle, Willy«, sagte sie, um die Stimmung aufzulockern. » Sie überprüfen alles, selbst wenn es zu nichts führt.«
» Ich bin nur ein schlechter Verlierer. Ich habe mir ziemlich viel Mühe gemacht, die Schuhe zu finden, jetzt sollen sie gefälligst auch etwas nützen.«
Der Inhaber der Boutique war ein betagter Händler. Er saß auf einem Holzstuhl, döste und wedelte mit einem Fächer. Es standen nicht viele Schuhe in den Regalen. Der Mann betrachtete erstaunt die Schuhe, die Willy ihm vor die Nase hielt.
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