Tote Männer Milch (German Edition)

parkte.
    „Guten Morgen Isolde!“, rief der Postbote ihr nach. „Warte, warte, ich hab was für dich!“
    Im Zeitlupentempo drehte sie sich um und betrachtete den Postboten wie einen Geist.
    „Ach Knut, du“, murmelte sie matt.
    „Ist was? Geht’s dir nicht gut? Siehst so blass aus.“
    Der Zweimetermann sah besorgt zu Isolde herab.
    „Nein, nur ein leichter Schwindelanfall. Habe der Frau da...“, Isolde deutete mit einer wagen Handbewegung auf die zitronengelbe Villa, „...geholfen, mit meiner Leiter ... die hat sich ausgesperrt.“
    „Ein Schlüsseldienst wäre die gute Frau um Einiges teurer gekommen“, erwiderte er fröhlich.
    „Gute Frau“, wiederholte Isolde, „na, ich weiß nicht...“
    Knut ging nicht weiter auf Isoldes Bemerkung ein.
    „Jetzt ist es endlich da!“, lenkte er ab.
    „Was denn?“
    „Na dein Versandhauspaket, auf das du so sehnsüchtig gewartet hast. Der 500-Euro-Gewinn … das Preisausschreiben!“
    Er wühlte in seinem Auto. „Da-da-daaa...“, posaunte er und ließ das Paket wie einen Ball von der einen in die andere Hand fallen. „Na, was krieg ich dafür?“
    Knut hielt Isolde seine borstige Wange hin und drückte in freudiger Erwartung seine Schweinsaugen zu.
    „Das Paket ist regulär bestellt“, gab sich Isolde zugeknöpft. „Es ist ja nicht so, dass ich nur absahne. Ich habe schon viele Sachen bei diesem Versandhaus bestellt. Ich bin ja nun keine Schmarotzerin...“
    „Das hat ja auch niemand behauptet“, nuschelte Knut in seinen Bart und reichte Isolde ernüchtert das Display zum Unterschreiben. „Ist dir heute eine Kavallerie Läuse über deine jungfräuliche Leber galoppiert, mein holdes Weib?
    Ich wüsste da was, was deine Laune wieder auffrischen würde!“ Knut zwinkerte Isolde frivol zu.
    „Ich bin nicht dein holdes Weib ... das ist ja ziemlich klein“, bemerkte Isolde im gleichen Atemzug, während sie den Empfang bestätigte und auf die kümmerliche Verpackung schielte.
    „Was hast du denn erwartet?“
    „Ein Kaffee-Espresso-Vollautomat mit Scheibenmahlwerk aus Keramik.“
    „Oh“, Knut runzelte die Stirn. „Sieht mir eher wie eine Kaffeemühle aus.“
    Isolde nickte betreten, klemmte sich das Paket unter den Arm und humpelte grußlos davon.
    Der Postmann blieb stehen und rieb sich bedächtig seinen Bart. Seine wässrigen Augen waren auf Isoldes wackelnde Pobacken geheftet. Fast wäre ihm ein dünner Speichelfaden aus dem Mundwinkel entflutscht. Isolde spürte seinen lüsternen Blick. Sie kannte ihn nur allzu gut. Ohne sich umzudrehen, hob sie ihre linke Hand. Den Mittelfinger empor gestreckt.
    „Flintenweib“, lechzte Knut und leckte sich lüstern über seine fleischigen Lippen.
     
    „Die ganze Welt hat sich gegen mich verschworen“, murmelte Isolde verstimmt und warf das Paket auf den Tisch.
    Angeschlagen ließ sie sich auf einen der Küchenstühle nieder, legte ihren schmerzenden Fuß auf dem Hocker daneben ab und taxierte geistesabwesend das Paket.
    „Dieses elende Frauenzimmer, diese fette Schnecke“, zischte sie leise vor sich hin und kniff die Augen zusammen. „Man sollte sie am lebendigen Leib häuten, sie anschließend mit Salz und Pfeffer einreiben und sie in einen vorgefertigten Essigsud einlegen. Am besten in ein Weinfass“, wetterte sie weiter. Eine Woge des Wohlbehagens erfasste Isolde bei dieser Vorstellung. Sie lächelte verträumt, als sie sich weiter vorstellte, das zugenagelte Fass in die Isar rollen zu lassen. Sie fing an zu lachen. Ein teuflisches Lachen.
    Auch fanden sich Worte des Trostes für ihre sadistischen Phantasien. Böse Gedanken hinterlassen keine Spuren! Sie zog die Schublade auf und kramte ein Messer hervor. Sie legte das Paket auf ihren Schoß und ritzte behutsam das Packband auf.
     
    Herzlichen Glückwunsch, liebe Frau Brösel. Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie zu den dreißig Gewinnern gehören, die bei unserem Preisausschreiben unser Überraschungspaket im Wert von 500 EURO, in Worten: FÜNFHUNDERT, gewonnen haben...
    Isolde las nicht weiter. Hastig riss sie die bunte Verpackung auf, ohne auf die Aufschrift zu achten.
    „Ein Reisefön?“
    Ungläubig begutachtete sie den handlich metallischen Gegenstand, bevor sie das Versäumte nachholte.
    „DVD Camcorder … Details haarscharf heranholen!
    Mit 40fach Megazoom … 800 000 Bildpixel, inklusive Akku, Ladeadapter, Stereo AV-Kabel, Software und USB - Kabel...“, soufflierte sie im Schnelldurchlauf die Angaben auf der