Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenacker

Totenacker

Titel: Totenacker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
Vom Netzwerk:
so.»
    «Soll ich es dann für uns schneiden? Ich bin schon über sechs», erklärte Fricka ernsthaft. «Was hättest du denn gern? Den Apfel oder die Banane?»
    Dann entdeckte er Ulli und Norbert und blickte schuldbewusst. «Es tut mir leid, dass ich hier alles durcheinanderbringe, aber in meinem Alter braucht man einfach nicht mehr so viel Schlaf, und wenn ich zu lange liegen bleibe, tun mir alle Knochen weh. Ich war ganz leise, aber der kleine Mann hat mich wohl trotzdem gehört.»
    «Das glaube ich nicht», sagte Ulli. «Paul ist immer so früh wach.» Sie legte Fricka den Arm um die Schultern. «Geht es dir besser?»
    «Viel besser, danke. Ich habe Kaffee gekocht, ich hoffe, das ist dir recht.»
    «Und wie recht mir das ist!» Ulli holte Becher aus dem Schrank. «Ich glaube, ich mache Rührei und Würstchen», sagte sie, ohne jemanden anzuschauen. «Allerdings nur für Leute, die Hausschuhe tragen und sich die Zähne geputzt haben.»
    «Ups!», rief Paul, rutschte vom Stuhl und flitzte hinaus.

    Nachdem Ulli und Paul das Haus verlassen hatten, wollte van Appeldorn seinen Onkel ins Wohnzimmer schicken. «Mach es dir bequem, ich räume nur schnell das Frühstücksgeschirr weg.»
    Aber Fricka blieb am Küchentisch sitzen. «Hör endlich auf, mich wie ein rohes Ei zu behandeln! Mir geht es wieder gut. Ich habe meine Tabletten genommen, mir ist nicht schwindelig, ich habe keine blauen Lippen. Und wenn mein Blutdruck ein wenig erhöht sein sollte, dann liegt das einzig und allein daran, dass ich mich freue, hier bei dir und deiner wunderbaren Familie zu sein.»
    «Also gut», gab van Appeldorn sich geschlagen und räumte die Spülmaschine ein.
    «Dass es mir gestern nicht gutging, ist doch wohl kein Wunder», fuhr Fricka fort. «Es war ein furchtbarer Schrecken, der auch einen jüngeren Mann aus der Bahn geworfen hätte.»
    «Ja, natürlich.» Van Appeldorn setzte sich wieder zu ihm. Er überlegte einen Moment, dann sagte er: «Sag mal, von deinem Wohnzimmerfenster kannst du doch den Weg einsehen, der zu deinem und Schravens Haus führt.»
    «Du willst wissen, ob ich Rainers Mörder gesehen habe», nickte Fricka. «Irgendjemanden, der gestern auf dem Hof war. Aber das konnte ich gar nicht, weil ich fast den ganzen Tag in meinem Arbeitszimmer gesessen habe, und das geht zur anderen Seite raus. Ich bin dabei, ein paar Lebenserinnerungen aufzuschreiben», erklärte er ein wenig verlegen. «Es war Merles Idee.»
    «Das ist doch großartig», sagte van Appeldorn. «Wirst du sie drucken lassen?»
    «Mal schauen …» Onkel Fricka war mit seinen Gedanken woanders. «Ich überlege die ganze Zeit, ob ich etwas übersehen habe, als ich gestern zu Rainer ging, ob irgendetwas anders war, aber mir fällt nichts ein.»
    «Wann hast du Rainer Schraven zum letzten Mal gesehen?»
    «Vorgestern Abend, als ich meine Milch geholt habe. Da war er wie immer, stieselig und maulfaul. Und er war allein, auch wie immer.»
    «Am Samstag hast du mir erzählt, dass Rainer Schraven im Krankenhaus liegt, weil er angeblich versucht hatte, sich umzubringen.»
    «Was ich für ausgemachten Blödsinn halte», fiel ihm Fricka hitzig ins Wort.
    «Dann hast du noch gesagt, dass Schravens Schwager sich um den Hof gekümmert hat.»
    «Das stimmt, lass mich mal überlegen, das muss vorige Woche Dienstag gewesen sein … der Wievielte war das?»
    «Der 20. Oktober.»
    «Richtig. Da bin ich rüber zum Milchholen, und dort ist dieser Schnösel, sagt, er sei der Mann von Gabriele, Rainer hätte sich am Kopf verletzt und läge im Krankenhaus, und so lange würde er sich um die Tiere kümmern.»
    «Erzähl mir doch einfach mal etwas über die Familie Schraven. Du hast doch damals dein Grundstück von ihnen gekauft.»
    «Von Rainers Vater, Hein Schraven, ja. Was soll ich dir über sie erzählen? Eine glückliche Familie war das nicht. Hein Schraven war ein Despot, und seine Frau, die Maria, war, wie man am Niederrhein sagt, ‹vor Gutheit nix wert›, bescheiden, immer freundlich zu uns. Das Leben hat ihr wahrhaftig nichts geschenkt. Sie hatte etliche Fehlgeburten, und zwei Kinder sind ihr im Säuglingsalter gestorben, geblieben sind ihr nur Rainer und Gabriele. Die ganze Familie musste immer nach Heins Pfeife tanzen, nur einmal hat sich Maria gegen ihn durchgesetzt, als Gabriele aufs Gymnasium wollte. Der Alte war strikt dagegen, meinte, die Tochter hielte sich wohl für etwas Besseres. Maria ist dann bald gestorben, hat gar nicht mehr miterlebt, wie Gabriele

Weitere Kostenlose Bücher