Totenacker
hin, bevor er mit seinem Bericht begann, was schon ungewöhnlich genug war, aber als er sich dann auch noch eine Tasse Kaffee einschenken ließ, tauschten van Appeldorn, Penny und Schnittges irritierte Blicke.
Van Gemmern schien es nicht zu bemerken.
«Der Täter hat während der Tat jene Gummistiefel getragen, die wir neben der Waschmaschine gefunden haben», begann er. «Er hat sie zwar abgewaschen, dennoch haben wir Spuren von Schravens Blut an den Sohlen gefunden. Im Inneren der Stiefel fanden sich DNA-Spuren von Schraven und Heller.»
«Von Heller?», fragte van Appeldorn erstaunt.
«Nun ja, er wird die Stiefel bei der Hofarbeit angehabt haben», sagte Schnittges. «Ich würde auch nicht in Straßenschuhen den Stall ausmisten.»
«Und wie kommt DNA ins Innere eines Stiefels?», wollte Penny wissen.
«Wenn man ein Loch in der Socke hat», antwortete van Gemmern.
«Das heißt, wenn unser Täter keine löchrigen Socken getragen hat, ist seine DNA im Stiefel nicht zu finden?»
Van Gemmern nickte. «Genau, aber weiter. Der Täter hat Schraven, der neben dem Tisch mit dem Rücken zur Spüle stand, frontal angegriffen. Schraven hat sich gewehrt, allerdings nicht sehr heftig. Möglicherweise war er noch geschwächt durch die Kopfverletzung, außerdem ist sofort viel Blut geflossen, und die Stiche müssen sehr schmerzhaft gewesen sein. Die Kehle des Opfers wurde ebenfalls von schräg vorn durchtrennt, was bedeutet, dass der Täter völlig mit Blut besudelt wurde. Es spritzt sehr stark, wenn die Halsschlagader durchtrennt wird.
Der Täter ist an der Küchentür aus den Stiefeln gestiegen, hat sie also in der Küche stehenlassen, und ist dann auf Socken hinauf ins Bad und hat geduscht. Zwar hat er die Duschkabine gründlich gereinigt, aber wir haben doch Blut im Becken und im Siphon gefunden, Schravens Blut.»
«Keine Haare?», fragte Schnittges.
«Keine Haare, keine verwertbaren Fingerspuren», bestätigte van Gemmern.
«Ich versuche, mir das vorzustellen», meinte Penny. «Da bringt jemand Schraven auf bestialische Weise um und nimmt sich dann die Zeit, in aller Ruhe zu duschen?»
Van Gemmern zuckte die Achseln. «So, wie er ausgesehen hat, konnte er keinem gegenübertreten. Aber du hast recht, er hatte es wohl wirklich nicht eilig. Nach dem Duschen hat er die Stiefel genommen, ohne die Küche zu betreten, und sie im Kuhstall mit einem Schlauch abgespritzt.»
«Aber die Stiefel standen doch im Wirtschaftsraum», bemerkte Schnittges.
Penny rieb sich den Haaransatz. «Die Küche hat drei Türen, eine, die nach draußen führt, eine zum Kuhstall und zu den Kammern, und die dritte führt durch den Wirtschaftsraum in den Schweinestall.»
«Richtig», nickte van Gemmern. «Der Täter ist außen herum gegangen, vom Kuhstall über die Tenne, am Misthaufen vorbei in den Schweinestall und von dort aus in den Wirtschaftsraum, und zwar auf Socken, darauf weisen die Spuren in der angetrockneten Gülle neben dem Misthaufen hin.»
Penny verzog angeekelt das Gesicht.
«Nun ja», meinte van Gemmern und sah beinahe freundlich aus. «Er wollte keine Spuren hinterlassen, und das hätte er getan, wenn er durch die Blutlache in der Küche gelaufen wäre. Vielleicht konnte er aber auch Schravens Anblick nicht ertragen, es war ja ein ganz schönes Gemetzel. Und dass er sich mit dem Töten auskennt, bezweifle ich. Für mich sieht das Ganze nach einer Affekttat aus.»
Wieder wechselten die anderen Blicke. Van Gemmern ließ sich zu Spekulationen hinreißen – das war neu!
Der trank einen Schluck Kaffee und sprach dann weiter: «Nachdem er die Stiefel abgestellt hatte, ist er zurück auf die Tenne, wo er seine blutbespritzte Kleidung abgelegt hatte, und hat sie dort verbrannt, mit Motoröl übergossen und angezündet. Nun ist Motoröl nicht unbedingt der beste Brandbeschleuniger, aber es war wohl gerade zur Hand. Ein Kanister davon stand gleich dort neben anderem alten Zeug.
Wie es sich mir darstellt, hatte der Täter wohl den Plan, den ganzen Hof abzufackeln. Es scheint so, als habe er, nachdem die Kleider ordentlich brannten, vom Dachboden über der Tenne Heu aufs Feuer geworfen, um dem Brand richtig Power zu geben. Aber dann ist er entweder gestört worden, oder er hat die Geduld verloren, jedenfalls hat er nicht abgewartet, wie das Feuer sich entwickelte. Er hat wohl nicht bemerkt, dass das Heu jahrelang auf dem Boden vor sich hin gegammelt hatte, es war schimmelig und hatte genug Feuchtigkeit gespeichert, um den Brand
Weitere Kostenlose Bücher