Totenbeschwörung
Wutanfall bekam, fuhr sie rasch fort: »Er hat mir sogar erzählt, was er in deinem Geist gesehen hat, Turkur – einen Apparat, und dass du vorhast, ihn daran anzuschließen. Davon hast du mir kein Wort gesagt ...« Zu guter Letzt wagte sie es sogar, in ihrer Stimme einen missbilligenden Unterton mitschwingen zu lassen.
Er wich ihrem Blick aus. »Ja, das habe ich vor, falls nichts anderes funktionieren sollte.«
»Damit würdest du sein Gehirn zerstören und ihn zu einem sabbernden Idioten machen!«
»Aber dann wüssten wir, was er weiß, und zwar alles!«
»Wirklich nur, wenn nichts anderes funktioniert? Du hast doch gesagt, dass du ihn umbringen wirst!«
So langsam wurde es Tzonov zu viel. »Zieh dich an, und beeil dich! Und dann komm in den Kontrollraum!«
»Was hast du vor?« Sie lief ihm nach bis an die Tür.
»Ich muss mich um die Sicherheit dieser verdammten Anlage kümmern. Als Nächstes werde ich mit Trask sprechen, um herauszufinden, ob er etwas weiß, und wenn ja, wie viel. Falls er keine Ahnung von der Sache hat, ist alles in Ordnung. Dann müssen wir nur noch zusehen, dass die beiden Briten auch ahnungslos bleiben. Und jetzt zieh dich an! Auf uns wartet eine Menge Arbeit ...«
Was das anging, lag Tzonov vollkommen richtig. Er zumindest hatte alle Hände voll zu tun.
Während Siggi sich ankleidete, teilte er die Suchtrupps ein, die die gesamte Anlage Etage für Etage, Raum für Raum und Laboratorium für Laboratorium durchkämmen sollten. Jeden Winkel, jede Nische vom Sphärentor bis zum Eingangsbereich sollten sie unter die Lupe nehmen. Als die Suche endlich in Gang war, wandte Tzonov sich mit ein paar lobenden Worten an den Mann, der bei seinem Rundgang Nathans Zelle kontrolliert hatte. Es war ihm komisch vorgekommen, dass Nathan völlig reglos im Bett lag. Also hatte sich der Posten den Schlüssel aus dem Kontrollraum geholt und nachgesehen. Alles, was er vorgefunden hatte, waren Nathans Kissen, die dieser unter die Bettdecke gestopft hatte, damit es so aussah, als schlafe er noch. Die Tür war allerdings abgeschlossen gewesen. Das hieß, dass der Mann, der letzte Nacht Wache geschoben hatte, noch im Besitz des Zweitschlüssels sein musste. Ohne dieses letzte Detail zu überprüfen, hatte der Wachmann sich an Tzonov gewandt und ihm, wenn auch zunächst noch etwas zögernd, Bericht erstattet. Immerhin war es ja gut möglich, dass es für alles eine ganz harmlose Erklärung gab. Vielleicht hatte man den Gefangenen ja nur verlegt!
Tzonov lobte den Mann in den höchsten Tönen. Anschließend ließ er den Posten zu sich kommen, dem er am Abend zuvor aufgetragen hatte, auf Siggi aufzupassen, und machte ihn so herunter, dass der Mann nur noch ein Nervenbündel war. Danach beruhigte er sich etwas und schickte jemanden los, um nach Trask und Goodly zu sehen und festzustellen, ob die beiden schon auf den Beinen waren, was sie für heute vorhatten und so weiter. Es war seine Art, sich ihrer physischen und geistigen Verfassung zu vergewissern und herauszufinden, ob sie womöglich etwas wussten, und falls ja, wie viel. Aber auf keinen Fall durfte ihnen gegenüber erwähnt werden, dass der Besucher geflohen war.
Zu guter Letzt führte Tzonov noch eine Unterredung mit dem Doppelposten, der das Haupttor bewachte, ein Mann im Innern der Anlage, der andere draußen, jenseits der massiven Flügel des Tores. Die Berichte der beiden stimmten exakt überein. Zwischen Mitternacht und sieben Uhr früh hatte niemand die Anlage betreten oder verlassen ... zumindest kein Unbefugter!
Allerdings hatten vor ungefähr einer Stunde drei Versorgungsfahrzeuge das Tor passiert. Zwei davon waren unterwegs Richtung Osten zu der fast vollständig leer stehenden Kaserne und dem Militärflughafen in Beresovo, das dritte fuhr in westlicher Richtung nach Ukhta, wo ein Zug erwartet wurde ...
Als Siggi im Kontrollraum eintraf, blickte Tzonov missmutig drein. Er warf ihr einen Parka zu und sagte: »Zieh das über. Draußen ist schlechtes Wetter und wir müssen raus!«
»Wohin?« Sie schlüpfte in den Parka und nahm eine Schneebrille aus einer der Taschen, die sie an Stelle ihrer getönten Gläser aufsetzte.
»Ich dachte, du könntest mir das vielleicht sagen«, knurrte Tzonov, während er ihr vom Kontrollraum zum Eingangsbereich vorausging. »Sehen wir den Tatsachen doch ins Auge: Du warst lange genug bei ihm! Hast du wirklich keinen Anhaltspunkt? Keine Vorstellung, wohin er will?« Das Tor stand offen. Draußen tuckerte der Motor
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