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Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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bildeten Wran und Spiro die Spitze und gingen Nestor ein Stück weit voraus. Merkwürdigerweise hielt Canker sich hinter Nestor, lief beinahe »bei Fuß«. Hin und wieder warf Nestor einen Blick zurück und sah ihn mit hängender Zunge hinter sich hertrotten, ganz wie einen grotesken, aufrecht gehenden Hund. Aber keineswegs wie ein Schmusetier. Und doch verhielt er sich in gewisser Weise auch wieder genau so. Jedes Mal, wenn Nestor anhielt, kam auch Canker zum Stehen und legte den Kopf schief, so als warte er auf ein Kommando oder etwas in der Art! Andererseits war sein nur halb menschliches Mienenspiel schwer einzuschätzen. Den Ausdruck auf Cankers Gesicht hatte Nestor schon bei Wölfen gesehen, die ihre Beute verfolgten.
    Sie passierten Wrathas Landebuchten und stiegen massive, aus dem Boden eines abwärts führenden Schachtes herausgemeißelte Treppenstufen hinab bis zum obersten Geschoss der Saugspitze. Dort schritten die Gebrüder Todesblick immer vorsichtiger voran, was Nestor zu der Frage veranlasste: »Gibt es ein Problem?«
    In der Düsternis des unbeleuchteten Treppenschachtes warf Spiro ihm einen finsteren Blick zu und erwiderte ungehalten: »Was? Sag bloß, du hast Wrathas Kriegerkreaturen nicht gesehen! Glaubst du etwa, sie ist die Einzige, die sich solche Wächter hält? Nun, lass dir gesagt sein, dass wir alle welche haben – auch Vasagi!«
    Prompt legte Canker Nestor die Hand auf die Schulter, schob die Schnauze nach vorn und knurrte Spiro an: »Dann solltest du Nestor den Vortritt lassen! Immerhin hat er Vasagis Ei. Und genau wie ich werden auch sie es wittern. Man könnte ja annehmen, dass die Saugspitze jetzt euch gehört – dir und Wran, und nicht Nestor!«
    »Was soll das heißen?« Blitzschnell fuhr Wran in der drangvollen Enge des abwärts geneigten Ganges herum. Seine Augen waren zu scharlachrot leuchtenden Schlitzen verengt.
    Doch Nestor trat dazwischen, zwängte sich nach vorn und antwortete an Cankers statt: »Es heißt lediglich, dass ich als der neue Herr der Saugspitze vorangehen sollte . Canker hat recht.«
    »Natürlich habe ich recht!«, brummte Canker, sich dicht hinter ihm haltend. Die beiden Brüder bildeten nun die Nachhut.
    Nestor ging etwas schneller. Er konnte es kaum erwarten, das Ausmaß von Vasagis Räumlichkeiten zu erkunden und festzustellen, worin sein Erbe denn nun im Einzelnen bestand. Während er vorwärts schritt, registrierte er, dass er, obgleich er sich der Dunkelheit durchaus bewusst war, selbst im Zwielicht des Tunnels beinahe so gut wie am helllichten Tag sah – ein weiteres Anzeichen dafür, dass er sich in einen Vampir verwandelte.
    Schließlich kamen sie an einen Treppenabsatz, an dem der Weg eine Dreißig-Grad-Krümmung beschrieb. Als es am Grund des Schachtes, wohin ihnen das Echo ihrer Schritte vorausgeeilt war, hell wurde, drangen Geräusche zu ihnen herauf, der Widerhall einer verstohlenen Betriebsamkeit. Nun war es an Nestor, innezuhalten.
    »Nein«, knurrte Canker ihm ins Ohr. »Geh weiter. Sie werden dich erkennen. Du bist doch Wamphyri!«
    Nestor hatte schon immer gut mit Hunden umgehen können, genau wie sein Bruder auf der Sonnseite, an den er sich nicht mehr erinnerte. Als sie noch Kinder waren, waren die wilden Hunde aus dem Wald zu ihnen gekommen, nicht in böser Absicht, sondern um mit ihnen zu spielen. Sie hatten sich mit den zahmen Wölfen, den »Wachhunden«, gebalgt, ohne dass die Tiere zugebissen hätten. Die ungezähmten Wölfe in den Bergen waren ruhig sitzen geblieben, wenn sie sich ihnen näherten, und hatten sich nicht davongestohlen, sondern waren ihnen vorsichtig, beinahe so, als wollten sie es gar nicht, aus dem Weg gegangen. Nestor hatte dem nie eine besondere Bedeutung beigemessen. Hunde mochten ihn eben, und er mochte sie auch und hatte keine Angst vor ihnen. Genauso verhielt es sich jetzt mit Canker Canisohn. Nestor glaubte ihm, und er verstand, warum dieses – nun, dieses Ungeheuer – sich so dicht bei ihm hielt. Aus heiterem Himmel war so etwas wie eine Freundschaft zwischen den beiden entstanden. Nestor war sich nicht sicher, ob er das wollte oder nicht. Doch eines war gewiss: Er vertraute Canker.
    Ohne die geringste Furcht stieg Nestor die Stufen hinab und blieb erst stehen, als sich in einem schmalen Torbogen am Fuß der Treppe etwas rührte und nach vorn glitt. »Etwas« passte als Beschreibung ebenso gut darauf wie jedes andere Wort! Es sah völlig anders aus als Wrathas persönliche Wächter. Schwarz wie die Nacht

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