Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenbeschwörung

Totenbeschwörung

Titel: Totenbeschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
Vom Netzwerk:
nordöstlichen Ecke des Turmes angelangt. Hier gab es Fenster, die Meile um Meile der öden Geröllebene überblickten bis hin zum fernen, dunkelblauen Horizont, der sich kalt und düster im Glanz der gelegentlich aufblitzenden Aurora abzeichnete. Eine breite Treppe führte nach unten, und Nestor war doch sehr überrascht, als er dicht hinter dem Hunde-Fürsten abwärts stieg und einen ersten Blick auf Cankers große Halle erhaschte. Hier zumindest strafte die Räudenstatt all seine Erwartungen Lügen ...
    Zunächst war Nestor etwas irritiert gewesen, als Canker ihn aufforderte, ihm hinab in die eigentliche Räudenstatt zu folgen. Doch jetzt verstand er. Über ihnen, in der Etage unmittelbar unter der Saugspitze, die sich nun in seinem Besitz befand, herrschte eine Atmosphäre der Leere und Trostlosigkeit, alles schien verlassen. Doch das war Absicht! Nestor erkannte, dass dieses Stockwerk düster und abweisend wirken sollte . Jeder Schritt sollte von den Wänden widerhallen, und dieses Geschoss hatte einen Wächter, gerade weil es so nah an der Saugspitze lag, die einst ja Vasagi der Sauger sein Eigen genannt hatte. Da oben gab es nichts, worauf ein habgieriger Nachbar das Auge werfen könnte, nur leere Räume, verwinkelte Gänge, eine Höhle voller Spinnen, von denen erst Vasagi und nun Nestor selbst genügend hatte, und einen grimmigen Wächter, der über ein gehöriges Maß an Intelligenz verfügte und zudem noch voller List und Tücke steckte und telepathisch eng mit seinem Herrn verbunden war. Das gesamte Stockwerk versetzte jeden noch so umsichtigen Besucher in Angst und Schrecken. Es zu passieren, war der reinste Spießrutenlauf. Niemand im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte würde es wagen dort einzudringen, bis vielleicht auf die »mächtigen Feinde im Osten«, von denen Canker gesprochen hatte.
    Hier unten dagegen erinnerte nichts mehr an eine Jauchegrube und auch von einer Hundehütte konnte keine Rede mehr sein. Die »wirkliche« Räudenstatt präsentierte sich sauber und makellos, und die erlesene Ausstattung stellte die schäbige, karg eingerichtete Saugspitze bei Weitem in den Schatten! An den Wänden hingen Gobelins, Jagdszenen hauptsächlich. In teures Tuch gekleidete Vampirfrauen waren mit weiteren Stickereien beschäftigt. Aus einer Küche in einem Seitengelass stiegen Rauchschwaden zu einer Abzugsöffnung an der Decke empor. Der Duft ließ Nestor das Wasser im Mund zusammenlaufen. Hohe, aus der Wand gebrochene Fenster ließen genügend Licht ein. Da sie allesamt nach Nordosten gingen, weg von der Sonne, standen die Läden offen und die Vorhänge aus Fledermauspelz waren zur Seite geschlagen, um frische Luft einzulassen.
    Canker deutete auf einen hohen Torbogen in einer der Innenwände, den ein vor noch nicht allzu langer Zeit einzementierter Schlussstein krönte, der sein Wappen, die Mondsichel, trug. Es handelte sich um den Eingang zu seinen persönlichen Gemächern. Er machte jedoch keinerlei Anstalten, Nestor hineinzubitten. »Gleich hinter der Tür habe ich einen Wächter postiert«, erklärte er stattdessen. »Er hat keine Augen und verlässt sich allein auf seinen Geruchssinn. Das macht ihn doppelt wachsam und er lässt nur mich und die meinen eintreten. Wer es sonst versucht und auch nur einen Fuß über die Schwelle setzt, ganz gleich ob Freund oder Feind, ist des Todes. Lass dir gesagt sein: Diesen Raum darfst du niemals, unter keinen Umständen, betreten, weder aus freien Stücken noch auf eine Einladung hin, auch nicht, wenn ich derjenige sein sollte, der sie ausspricht! Denn du bist ein Lord der Wamphyri. Er würde den Egel in dir wittern und augenblicklich über dich herfallen!«
    Sie ließen Cankers große Halle hinter sich und hielten sich in nördlicher Richtung, durchquerten zahllose, gut in Schuss gehaltene Korridore und kleinere Säle. Nach einer Weile sagte Nestor nachdenklich: »Es war ein Fehler, hierher zu kommen.«
    »Wieso denn das?«
    »Weil es mir nur vor Augen führt, wie viel von meiner eigenen Stätte ich noch nicht gesehen habe, was ich noch alles erkunden muss! Aber da wir anscheinend so etwas wie Freunde geworden sind, dachte ich mir, es wäre unhöflich, dir eine Absage zu erteilen.«
    »Unhöflich?«, grinste Canker. Allerdings lag in seiner Miene Bedauern. »Mit der Höflichkeit ist es hier nicht weit her, Nestor! Wenn die Wamphyri irgendwelche Regeln aufstellen, brechen sie diese auch. Ihre sogenannte ›Ritterlichkeit‹ ist die reinste Farce. Sobald ein

Weitere Kostenlose Bücher