Totenbraut (German Edition)
lauter an unsere Tür , hörte ich ihn sagen. Und nun verstand ich auch Simeons Entsetzen über den Verkauf der Rösser. Fünf genügen uns , hatte Danilo gesagt. Wie oft brauchte der Vampir frisches Pferdeblut? Die ganze Zeit hatten sie in meiner Gegenwart über ihn gesprochen.
„Wenn er dem Tod nahe ist, hilft ihm also Blut?“, fragte ich. „So wie bei Marja?“
Danilo nickte. „Er ist ein Ungeheuer, Jasna. Gott weiß, dass er eines ist. Aber er betet.“
„Wie lange wolltet ihr es vor mir verheimlichen?“
„So lange, bis er stirbt. Oder bis er wieder ein Mensch würde. Mein Vater glaubte daran. Ein Enkel, der das Sonnenlicht ertragen kann, ohne sich daran zu verbrennen, wäre für ihn ein Zeichen Gottes gewesen, das uns alle befreit hätte. Er war überzeugt, dass der Fluch dann auch von Vampir genommen würde.“
„Aber du erträgst doch das Licht!“
Danilo schluckte und holte krampfhaft tief Luft. „Ach ja? Und wie lange noch? Ich wache jeden Morgen auf und fürchte mich davor, in die Sonne zu treten. Oft genug wünsche ich mir, wirklich nicht der Sohn meines Vaters zu sein.“ Nun bebte seine Stimme, ich konnte nicht sagen, ob vor Kummer oder vor Zorn. „Sosehr er meinen Bruder von Geburt an liebte, sosehr hasste er mich dafür, dass ich nicht an Vampirs Stelle litt. Und meine Mutter hasste er dafür, dass sie ihm vor Augen führte, was uns alle erwarten würde. Er war es, der sie in den Turm verbannte. Sie lebte hinter verhängten Fenstern und im Keller. Manchmal brachte Simeon mich zu ihr. Ich kann mich kaum an sie erinnern. Es war so dunkel, dass ich ihr Gesicht nicht sehen konnte. Aber ich hörte ihre Stimme und ihr Lachen. Sie umarmte mich und sang für mich.“
Danilos Stimme war bei diesen Worten sanfter geworden, als wäre er in die Vergangenheit zurückgekehrt. Doch in mir loderte jäh der Zorn auf. Meine Nägel brannten mir in den Handflächen, so fest hatte ich die Hände geballt.
„Du hast tatsächlich in Kauf genommen, dass mich dasselbe Schicksal ereilt“, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Ihr alle habt das!“
„Jasna, hör doch ...“ Danilo versuchte den Arm um mich zu legen, aber ich sprang zurück und schlug seine Hand mit aller Kraft weg.
„Fass mich nie wieder an!“, fauchte ich. „Dir mag mein Leben nichts wert sein, aber ich werde nicht zulassen, dass ihr mir dieses Schicksal aufbürdet. Ich habe nichts damit zu tun!“
„Hör mir doch zu!“, versuchte mich Danilo zu beschwichtigen.
„Du hattest wirklich einen guten Grund, Anica nicht zu heiraten“, zischte ich zurück. „Sie wolltest du verschonen! Wahrscheinlich war es dir sogar recht, dass sie Luka nehmen musste. Somit hattest du einen Grund, nicht um sie zu werben.“
Danilo rang um seine Fassung. „Dir fällt es immer leicht, über die anderen zu urteilen, Jasna, nicht wahr? Nun, du hast sogar Recht: Anfangs dachte ich so, ich gebe es zu. Besser, es trifft irgendeine andere, eine Fremde, die mir nichts bedeutet. Aber als ich dich kennenlernte ... sah ich, dass ich mich schuldig machte. Seitdem habe ich dich nicht mehr angerührt und ich werde es auch in Zukunft nicht tun. Ich werde keinen Sohn haben. Und eines Tages, wenn ich als letzter Vuković sterbe, wird dieser Fluch endlich ein Ende haben.“
„Und Anica? Du hast mit ihr geschlafen! Was, wenn sie schwanger wird? Weiß sie, was du bist?“
Natürlich nicht, beantwortete ich mir meine Frage selbst. Sonst hätte sie sich kaum gefragt, was Danilo auf dem Gut hält.
„Es ist eine Sache, einen zu lieben, den die anderen Teufelsmann nennen“, erwiderte Danio bitter. „Aber was ist, wenn der Teufelsmann wirklich einer ist?“
„Dann bist du also selbst zu feige, wenigstens der Frau, die du liebst, die Wahl zu lassen“, sagte ich kalt. Sogar in der Dunkelheit konnte ich erkennen, wie Danios Hände sich zu Fäusten ballten.
„Weißt du überhaupt, was es hier bei den Türmen heißt, feige oder mutig zu sein?“, zischte er. „Was es heißt, den eigenen Tod jeden Tag vor Augen zu haben und sich vor jedem neuen Tag zu fürchten? Wasch dir den Knoblauch ab, dann zeige ich dir, vor welchem Anblick ich Anica verschone. Und dann sag mir, ob sie wirklich eine Wahl hätte, mich zu lieben oder mich zu verdammen.“
Der Gang, der unter der Erde bis zum Turmkeller führte, war schmal und lang, nicht viel mehr als ein schmaler Schacht, der in einen kaum mannshohen Tunnel überging.
In dieser Gruft verbringt Nema
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