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Totenfluss: Thriller (German Edition)

Totenfluss: Thriller (German Edition)

Titel: Totenfluss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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Klassifizierung, Verhalten, Ernährung, Fortpflanzung, Gift. Ein Bild auf der rechten Seite zeigte ein fleischiges, spinnenförmiges Geschöpf mit weichen Fangarmen. Es war beige und mit Ringen von einem unglaublichen Hellblau gemustert. Eaton versuchte, über Archies Schulter zu spähen.
    »Was ist das?«, fragte er.
    Archie sah Robbins an. Sollte das ein Witz sein? Robbins erwiderte Archies Blick ohne eine Spur von Übermut.
    »Ein Blauringkrake«, sagte Robbins.
    »Ein Krake«, wiederholte Archie. Es klang laut ausgesprochen genauso lächerlich, wie es sich angehört hatte, als er es sich im Stillen vorsagte.
    Eine Weile blieben alle stumm. Ringsum herrschte Lärm, Stimmen, Dieselmotoren im Leerlauf, das Knistern von Funkgeräten, Befehle, die gebrüllt wurden, das unablässige Rauschen des Regens und das Tosen des Flusses. Doch es war auf eine merkwürdige Weise auch still, da die normalen Umgebungsgeräusche fehlten. Die Burnside Bridge war hochgezogen, deshalb fuhren keine Autos darüber. Der Naito Parkway, der parallel zum Park verlief, war außer für Einsatzfahrzeuge geschlossen. Keine Vögel kreischten, keine Kinder lachten, keine Hunde bellten.
    »Detective Sobol wurde von einem Kraken angegriffen?«, sagte Eaton. Die Bemerkung enthielt keine Wertung; ein Mann in verantwortlicher Position wiederholte lediglich eine Information, die er von einem Experten erhalten hatte. Archie verstand, warum man den Mann befördert hatte.
    Robbins Gesicht war angespannt, als er sich nahe zu ihnen beugte. »Nicht nur Henry – die anderen drei Opfer ebenfalls. Alle wurden positiv auf TTX getestet.«
    Eine Sache war damit immerhin erklärt. »Die Einstiche in den Handflächen«, sagte Archie. »Aber könnte nicht irgendwer das Gift isoliert und mit einer Spritze verabreicht haben?«
    »Der Eintrittspunkt auf den Handflächen stammt von einem Mundwerkzeug, nicht von einer Nadel«, sagte Robbins. »Ein Blauringkrake verabreicht sein Gift, indem er seine Beute mit dem schnabelartigen Mundwerkzeug sticht. Aber damit wir uns recht verstehen, das Ganze ist kein Unfall. Dieses Ding wird als Waffe eingesetzt.«
    »Und was ist das Gegengift?«, fragte Archie.
    »Es gibt kein Gegengift.«
    Was bedeutete, es gab keine Behandlung. Was bedeutete, dass Henry trotzdem sterben würde. Archie spürte, wie Übelkeit in ihm aufstieg, und er streckte die Hand aus, um sich an dem Einsatzmobil festzuhalten.
    »Die Behandlung ist palliative Medizin«, sagte Robbins rasch. »Seine Atmung in Gang halten. Sein Herz am Schlagen halten. Er hatte Glück, dass Claire und Susan ihn so schnell gefunden haben. Wenn er vierundzwanzig Stunden durchhält, hat er eine gute Chance, dass er wieder wird.«
    Eaton zupfte erneut an seiner Krawatte und sah sich um, sein Blick ging zu den Nationalgardisten, den Polizeibeamten, den Tausenden freiwilligen Helfern der Sandsackbrigaden am Fluss. Er wirkte jetzt nicht mehr so ruhig. »Moment mal, mein Sohn«, sagte er zu Robbins. »Wollen Sie sagen, dass da irgendwelche tödlichen Kraken im Wasser sind?«
    Archie sah, wie es Robbins bei den Worten »mein Sohn« die Nackenhaare aufstellte.
    »Nein«, antwortete er. »Das will ich nicht sagen.«
    Archie rechnete. Er hatte zuletzt um 18.00 Uhr mit Henry gesprochen. Jetzt war es fast drei Uhr morgens. Neun Stunden waren vergangen. Blieben noch fünfzehn. Fünfzehn Stunden zwischen Leben und Tod. Eigentlich keine so lange Zeit. Man konnte in fünfzehn Stunden von Portland nach Los Angeles fahren. Jetzt kam es ihm wie ein ganzes Leben vor. Für Henry konnte es genau das sein.
    Drei Menschen waren ermordet worden.
    Archie hustete, der Dieselgeschmack war wie eine Paste in seinem Mund.
    »Das Wasser steigt«, sagte Eaton. »Wenn da etwas Tödliches im Wasser ist, müssen wir die Leute warnen.«
    Sie waren nicht im Wasser. Der Chief hatte den Gedankensprung noch nicht vollzogen.
    »Kraken leben im Meer«, sagte Archie. Er überflog den Wikipedia-Absatz über den Lebensraum der Tiere; die Seite lag jetzt bereits halb aufgeweicht in seiner Hand. »Der Lebensraum dieser Blauringkraken ist mäßig warmes Salzwasser. Sie würden nur wenige Minuten im Willamette durchhalten.«
    Eatons Telefon läutete. Er nahm nicht ab. Er legte die Hand auf den Bauch, als hätte er Schmerzen. »Wo haben diese Leute sie dann her?«, fragte er. »Vom Gehsteig?«
    Archie überlegte. »Vielleicht gibt ihnen jemand das Ding in die Hand.«
    »Was?«, sagte Robbins trocken. »Wie: ›Hier, halten Sie mal

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