Totenfluss: Thriller (German Edition)
Beutel. Darin lag auf der Seite eine Darth-Vader-Spielfigur.
Heil kam wieder. »Das war das Kriminallabor« sagte er. »Die Fingerabdrücke auf dem Schlüssel unter dem Krankenhausbett des Jungen stimmen mit denen von Patrick Lifton überein.«
Archie schloss kurz die Augen. Als er es tat, übertönte das Geräusch des Flusses alles andere.
»Es gibt einen Detective bei der Polizei von Aberdeen, der eng mit der Familie zusammengearbeitet hat«, sagte er schließlich. »Sein Name steht in dem Fall-Ordner. Rufen Sie ihn an, er soll ihnen die Nachricht überbringen. Aber lassen Sie es uns fürs Erste nicht an die Medien geben. Unser Mann hat ihn so lange am Leben gehalten, wir wollen nicht, dass er jetzt in Panik gerät.« Er hielt den Beweismittelbeutel hoch, den ihm Robbins gegeben hatte.
»Was ist das?«, fragte Heil und nahm ihn entgegen.
»Bringen Sie es ins Labor«, sagte Archie. »Ich vermute, sie werden darauf ebenfalls die Fingerabdrücke von Patrick Lifton finden.«
Wie immer der Junge in die ganze Sache verstrickt sein mochte, es machte alles nur komplizierter.
»Hallo«, ertönte Susans Stimme von unter der Brücke. Irgendetwas im Fluss hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt. »Seht euch diese Gischt an«, sagte sie und deutete zu einem dicken, beigen Schaum, der sich am Ufer entlangzog.
»Das ist Verschmutzung«, hörte Archie Mingo sagen. »Ein Gebräu aus Kanalisation, Chemieabwässern und Bakterien. Schrecklich für die maritime Tier- und Pflanzenwelt. Ich würde nicht mal in diesen Fluss gehen, wenn mein Leben davon abhinge.«
Archie hustete und versuchte, nicht an das Wasser zu denken, das am Abend zuvor in seinen Lungen gelandet war.
33
Archie hielt so nahe wie möglich am Büro der Task Force, um Anne und Susan hinauszulassen. Es regnete inzwischen richtig stark. Der Himmel sah tiefer und dunkler aus. Die Scheibenwischer standen auf der höchsten Stufe, und ihr hartnäckiges Hin und Her hatte etwas von Raserei.
Heil war am Fundort der Leiche zurückgeblieben, um die Ermittlungen dort zu überwachen. Archie beneidete ihn nicht darum: Im strömenden Regen auf Zehenspitzen an einem halb überfluteten Flussufer herumzulaufen und zwischen Müll und Schlamm nach winzigen Hinweisen zu suchen.
Mingo war dorthin zurückgekehrt, woher er gekommen war.
Susan rutschte über die Rückbank, öffnete die Wagentür und spurtete mit ihrem Notizbuch unter dem Arm zum Gebäude.
Anne rührte sich nicht.
Die Scheibenwischer gingen hin und her.
Der Motor lief.
»Willst du nicht aussteigen?«, fragte Archie.
Anne sah ihn von der Seite an. »Wie lange hast du diesen Husten schon?«, fragte sie.
»Nicht lange.«
»Seit du im Fluss warst?«
»Ich weiß es nicht.«
»Hast du mit deinem Arzt gesprochen?«
»Noch nicht.«
Anne schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Dein Immunsystem ist nicht mehr das, was es mal war«, sagte sie.
»Darüber hat man mich informiert«, sagte Archie und sah stur geradeaus.
Wie sich herausgestellt hatte, konnte man ohne eine Milz ganz gut leben. Aber das faustgroße Organ war auch nicht vollkommen sinnlos. Die Milz reinigte alte rote Blutkörperchen und produzierte und lagerte weiße Blutkörperchen. Diese weißen Blutzellen produzierten Antikörper, wenn sich der Körper gegen eine Infektion wehren musste. Falls man seine Milz zufällig an eine wunderschöne Psychopathin verlor, sollte die Leber einige dieser Aufgaben übernehmen. Es sei denn natürlich, man hatte sich die Leber durch eine mehr als zweijährige Schmerzmittelsucht halb ruiniert.
Er spürte, dass sie ihn immer noch ansah.
Er musste los, zur Mission fahren. Er musste sie aus diesem Auto bringen.
Er drehte sich zu ihr um. »Ich bin ein bisschen beschäftigt, Anne.«
Anne stellte ihre Handtasche auf den Schoß und griff nach der Tür. »Du bist ein eigensinniger Märtyrertyp mit einem Weißer-Ritter-Komplex«, sagte sie und stieß die Wagentür auf. »Aber das weißt du sicher, oder?«
»Ich will bis zwei ein Profil sehen«, sagte Archie, als sie die Tür schloss.
»Ruf deinen Arzt an, wenn es noch schlimmer wird«, hörte er Anne rufen, als er davonfuhr.
34
Es gab zwei Gebäude der Portland Mission an der Burnside Street, sie lagen drei Blocks auseinander. Die alte, 1949 gegründete Mission befand sich in einem Ziegelbau aus dem 19. Jahrhundert, mit einem Neonschild in Form eines Leuchtturms davor. Der Neubau, das Ergebnis einer Spendenkampagne, war aus Stahl und Glas. Mary Riley hatte ihr Büro im alten
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