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Totenfluss: Thriller (German Edition)

Totenfluss: Thriller (German Edition)

Titel: Totenfluss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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davon zu erholen. Vielleicht Jahre.
    »Horcht«, sagte Archie.
    Sie hörte nichts außer Sirenen und Hubschraubern. Und dann vernahm sie irgendwie doch etwas. Tief, fast unter der Hörgrenze zunächst, wie ein Magenknurren, und dann, urplötzlich, ein gewaltiges Rauschen, das in alle fünf Sinne einzusickern schien. Susan stellte es die Haare auf.
    Sie konnte die Hubschrauber oder Sirenen nicht mehr hören. Nur das heranrollende Wasser. Aber sie drehte sich nicht um. Sie wollte es nicht sehen.
    Es hatte keinen Sinn.
    Es war zu spät, um wegzulaufen.
    Archie schlang die Arme um sie, und sie legte die Stirn in seine Halsgrube; der Junge war fest zwischen ihnen eingeklemmt. Susan fühlte, wie sich sein Körper straffte.
    »Holen Sie tief Luft«, sagte Archie.
    Susan wappnete sich.

55
    Er verlor sie in dem Moment, in dem das Wasser auftraf. Es war, als würde man geschluckt, durch Kontraktion eine Röhre hinuntergezwungen. Es war unmöglich, an der Oberfläche zu bleiben. Archie wurde in die Tiefe gezogen, überschlug sich, das Wasser donnerte in seinen Ohren. Er hatte keine Orientierung, keine Ahnung, wo oben und unten war. Es gelang ihm, seine kugelsichere Weste auszuziehen, und als er gegen etwas Hartes krachte, hielt er sich instinktiv daran fest und hangelte sich an die Oberfläche.
    Es war eine Straßenlaterne.
    Das Wasser schien sich zurückzuziehen, wie die Unterströmung einer großen Welle, die sich an der Küste brach, und Archie musste sich mit aller Kraft an die Straßenlampe klammern, um nicht in Richtung Fluss gesogen zu werden.
    Und dann war es vorbei.
    Plötzlich war alles unglaublich still, das Wasser stand hüfthoch, kalt und schwarz, ohne den leisesten Wellenschlag.
    »Susan?«, rief Archie mit heiserer Stimme und sah sich in der Dunkelheit um. »Patrick?«
    Der Schaden ringsum war unübersehbar. Die Hälfte der Kirschbäume auf der Japanese American Plaza war verschwunden, ein Auto lag auf der Seite im Wasser, alle Schaufenster waren zerbrochen.
    Er hörte ein Spritzen in der Nähe und sah die Hand eines Mannes aus dem Wasser ragen. Archie griff instinktiv danach. Die Hand packte zu, und Archie zog die Person an die Oberfläche, in der Erwartung, dass es Flannigan war.
    Aber es war Elroy, der brüllend auftauchte.
    Er schoss aus dem Wasser und schloss die Hände um Archies Hals. Archie verlor das Gleichgewicht und fiel in das hüfthohe Wasser zurück. Carey fiel auf ihn, und Archie schlug nach Careys Handgelenken und versuchte, sie von seinem Hals zu reißen, aber das Wasser raubte ihm jeden Ansatzpunkt.
    Dasselbe galt für Carey.
    Archie hielt den Atem an, schloss die Beine und zog die Knie an, dann stieß er sie gegen Careys Schienbeine. Der Stoß ließ ihn vornüberstürzen, und er musste Archie loslassen. Archie wand sich unter ihm hervor und kam zum Luftholen an die Oberfläche.
    Aber Carey kam ebenfalls wieder auf die Beine, drehte sich um und griff erneut an.
    Careys Haar war verfilzt und voll Blut. Die Flutwelle hatte ihn irgendwo dagegen geschleudert. Sein Schädel war aufgesprungen, und Archie sah Gehirnmasse rosa durchschimmern, wo sich das braune Haar um die Wunde teilte. Wut und Adrenalin waren das Einzige, was ihn noch auf den Beinen hielt.
    Archie griff nach seiner Waffe, aber die Strömung hatte ihm das Halfter einfach vom Gürtel gerissen.
    Carey sprang ihn an.
    Aber Archie war bereit. Carey hatte Heil getötet. Er hatte Patrick Lifton aus seiner Familie geraubt. Er hatte versucht, Henry zu töten. Er hatte es verdient, zu sterben.
    Archie ballte die Faust und schlug mit Wucht nach Careys Kopfwunde. Seine Faust krachte an Knochen, Haar und etwas Glitschiges. Der Schlag ließ Carey seitlich zurück ins Wasser stürzen.
    Noch einmal zog er sich auf die Beine und stand vornübergebeugt und schwer atmend im schmutzigen Wasser.
    Er hob den Kopf und sah Archie von der Seite her an.
    Blut strömte von seinem Schädel über das Gesicht, in die Augen, auf die Brust. Er rückte die Träger seiner Anglerstiefel zurecht. Seine Augen rollten, er sank auf die Knie und verschwand beinahe vollständig im Wasser. Einen Moment lang blieb seine Stirn noch sichtbar, dann sank auch sie unter die Oberfläche. Archie sah zu, bis die Blasen aufhörten. Es dauerte nicht lange. Er wartete noch einige Minuten länger, für alle Fälle. Dann tastete er nach der Leiche und hob sie am Hemdkragen hoch.
    Careys Schädel war sauber. Archie konnte das volle Ausmaß seiner Verletzungen jetzt sehen – ein fünf

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