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Totenfrau

Totenfrau

Titel: Totenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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Kellner schaut sie an, mit großen Augen. Zähneknirschend akzeptiert er, dass sie bleiben wird. Er weist ihr einen Tisch zu. Blum setzt sich.
    Sie ist nicht freiwillig hier, sie fühlt sich unwohl, sie hasst das Protzige. Sie tut es für Dunja. Sie bestellt und versucht, den Kellner zum Reden zu bringen. Doch er bleibt diskret. Er übergeht Blums Fragen über den Wirt. Wann Bertl Puch wiederkomme? Ob Herbert Jaunig öfter hier gewesen sei? Keine Antwort. Nicht während der Vorspeise. Auch während des Zwischengangs nicht. Dann aber plötzlich die Frau am Nebentisch. Sie setzt sich zu ihr, ein Waschweib, wie Blum es sich gewünscht hat. Antworten, Details, Hintergrundinformationen. Alles serviert zum Hauptgang. Mein Name ist Kordula Heidmann , sagt die Frau. Eine fremde, steinreiche Mittfünfzigerin, die Blum mit offenen Ohren willkommen heißt. Ihr modelliertes Gesicht, die Kleidung, eine Uhr, die ein Vermögen gekostet haben muss, die Designerhandtasche. Alles an ihr stinkt nach Geld. Sie komme öfter hierher, sagt sie. Sie könne weiterhelfen, flüstert sie ihr zu. Und sie tut es mit Freuden. Blum ist ihr Highlight des Tages, ihre Mittagsunterhaltung. Mit Neugier mustert sie die exotische Schönheit im geblümten Sommerkleid. Kordula Heidmann spricht. Ohne nachzufragen, warum Blum sich dafür interessiert. Ein Blick auf den Teller. Entenbrust auf Vollkornbrot im Schokoladenmantel. Blum schneidet die Brust in Stücke, während Kordula Heidmann von Bertl Puch erzählt. Und von Herbert Jaunig.
    – Der Chef ist leider nicht da.
    – Wo ist er denn? Ich hätte ihn so gerne einmal kennengelernt, ganz Tirol spricht ja über ihn.
    – Ganz Tirol? Ganz Österreich, meinen Sie wohl, der Mann ist begnadet, der hat goldene Hände. Sie ahnen ja nicht, was für ein Glück wir mit ihm haben.
    – Ja, das haben Sie wohl.
    – Er zeichnet gerade die neue Staffel seiner Kochsendung auf. In Wien. Er ist ein fleißiger Mann. Und noch so jung. Eine beispielhafte Karriere hat er hingelegt. Zum Niederknien, der Mann. Das ganze Land kommt hierher, um seine Küche zu genießen. Das Essen ist spektakulär. Finden Sie nicht auch?
    – Spektakulär, Sie haben Recht.
    – Sie müssen die Wachteleier probieren. Und das Lamm, Sie haben noch nie so zartes Fleisch gegessen.
    – Darf ich Sie etwas fragen?
    – Aber natürlich dürfen Sie das.
    – Herbert Jaunig. Kannten Sie ihn?
    – Oh, ja. Was für ein Drama, was für ein liebenswürdiger Mensch. Er hat das Essen geliebt, er war ein Gourmet, ein Genießer. Alle in der Puch-Stube sind zutiefst erschüttert, dass er tot ist. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie erschüttert auch ich war, als ich es erfahren habe.
    – Sie waren mit ihm befreundet?
    – Nein, nein, aber ich habe oft neben ihm gesessen und ihm zugesehen.
    – Wobei?
    – Beim Essen.
    – Ich verstehe.
    – Er war ein guter Mensch, der Herr Pfarrer.
    – Ja, das war er.
    – Er hat immer da drüben gesessen, immer am selben Platz. Ihm beim Essen zuzusehen, war ein großes Vergnügen.
    – Er hat alleine gegessen?
    – Meistens. Ich wollte mich einmal zu ihm setzen, aber er war im Gebet. Er sagte, er nütze jede Gelegenheit, um für uns zu beten. Ein großartiger Mensch. Und dann das. Enthauptet! Ich kann es noch immer nicht fassen.
    – Unfassbar, ja.
    – Welcher Mensch tut so etwas? Das muss eine Bestie sein, ein Unmensch.
    – Vielleicht hat er es ja verdient, der Herr Pfarrer.
    – Um Gottes willen, wie kommen Sie denn darauf? Niemals!
    – Könnte doch sein.
    – Das hat niemand verdient. Was sollte er denn getan haben, der gute Mann, das so eine Tat rechtfertigt? Ich sage Ihnen etwas. Hier ist ein geisteskranker Mörder am Werk.
    – Wahrscheinlich haben Sie Recht.
    – Natürlich habe ich Recht.
    – Und der Wirt?
    – Was soll mit ihm sein?
    – Er und Jaunig kannten sich doch.
    – Kannten? Das waren die besten Freunde, die beiden. Da passte kein Blatt dazwischen. Vertrauter kann man sich nicht sein. Eine richtig schöne Männerfreundschaft, sage ich Ihnen.
    – So etwas ist selten.
    – Das Ganze hat den Bertl sehr mitgenommen. Er ist am Ende.
    – Die beiden kannten sich wahrscheinlich schon ewig, oder?
    – Ich glaube, sie haben sich im Ötztal kennengelernt.
    – Im Ötztal?
    – Ja, Bertl hat vorher dort gekocht, bevor er hier durchgestartet ist. Im Hotel Annenhof, ein einfaches Haus. Hausmannskost, keine Haube. Und plötzlich ist er abgehoben. Innerhalb von fünf Jahren wurde Bertl zum Superstar.
    –

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