Totengeld (German Edition)
dass diese Erklärung eine R eaktion verlangte. Oder dieAnwesenden wussten, dass Fisher keine wollte.
»Nun gut. Zum Hintergrund.« Fisher zog Papiere aus dem obersten Ordner. »DerVorfall ereignete sich im Dorf Sheyn Bagh, zwölf Kilometer östlich von FOB Delaram.«
»Forward Operation Base«, erläuterte Blanton mir zuliebe.Vorgeschobene Operationsbasis.
»Der Beschuldigte, Marine Second Lieutenant John Gross, war zu der Zeit Zugführer beim RCT -6, dem 3/8.«
Da ich nicht unterbrechen wollte, notierte ich die Kürzel, um sie mir später übersetzen zu lassen.
»Nachrichtendienstlichen Informationen zufolge horteten Aufständische in dem Dorf illegale Waffen. Gross hatte den Auftrag, das Dorf abzuriegeln und Haus für Haus zu durchsuchen.«
»Hier ist die kompletteAkte.« Fisher zog den untersten Ordner aus dem Stapel und schob ihn mir zu. »Mr. Blanton, ich nehme an, Sie haben eine Kopie? Lieutenant Noonan?«
Blanton und Noonan nickten.
Ihre nächsten Sätze richtete Fisher direkt an mich.
»Um es kurz zusammenzufassen: Kurz vor Sonnenaufgang verließ ein Konvoi von sechs Fahrzeugen Delaram. BeiAnkunft in Sheyn Bagh befahl Second Lieutenant Gross seinen Männern, die Dorfbewohner vor ihren Häusern zu versam meln. Einige führten nun eine Durchsuchung nach Waf fen durch, während andere mit den Befragungen begannen. ImVerlauf der Operation explodierte auf der Straße vor der Dorfmauer eine raketengetriebene Granate, wodurch ein Humvee stark beschädigt und zwei von Gross’ Männern verletzt wurden. NachAngaben verschiedenster Zeugen entstand danach Chaos.«
Fisher überflog denText und zitierte laut, was ihr wichtig erschien.
»Nach Lieutenant Gross’Aussage bewachte er zum Zeit punkt der Explosion zwei Einheimische, die als mögliche Aufständische identifiziert worden waren.«
Fisher beugte sich über das Blatt.
»AhmadAliAqsaee undAbdul Khalik Rasekh.«
Sie richtete sich wieder auf.
»NachAussage von Lieutenant Gross kamenAqsaee und Rasekh auf ihn zugerannt. Obwohl er ihnen auf Englisch und Paschtu befahl stehen zu bleiben, seien beide auf bedrohlicheArt weitergelaufen. Da er um sein Leben fürchtete, eröffnete er das Feuer.«
»Gross’Version unterscheidet sich deutlich von der Eggers’.«
»Ja, Lieutenant Noonan. Das ist der Grund, warum wir hier sind.«
Noonan, der denTadel spürte, lehnte sich zurück und kniff die Lippen so fest zusammen, dass die Mundwinkel weiß wurden.
Fisher konzentrierte sich wieder auf mich.
»Laut Corporal Grant Eggers stürztenAqsaee und Rasekh auf niemanden zu.Verängstigt von der Explosion, versuchten beide, sich von der Straße zu entfernen.«
Einige Sekunden vergingen.
»Sind die Bioprofile der Opfer da drinnen?« Ich tippte auf den Ordner vor mir.
»Ja. Rasekh war deutlich größer alsAqsaee. Und die beiden unterschieden sich imAlter.«
» Wie viele Jahre?«
»Mr. Rasekh war zweiundfünfzig.«
Fisher schüttelte knapp den Kopf.
»Mr.Aqsaee wurde an seinem siebzehnten Geburtstag getötet.«
19
Fisher sprach noch ein paar Punkte in Bezug auf die Logistik an und verließ dann, nachdem sie uns gutes Gelingen gewünscht hatte, den Raum.Welsted übernahm.
»Es ist wichtig, dass wir uns bei Exhumierung,Transport und Untersuchung dieser Überreste bis aufs Komma an dieVorschriften halten. Machen wir nur einen Fehler, überschreiten wir nur minimalst unsere Befugnisse, haben die Einheimischen das R echt, den Stecker zu ziehen. Und wir werden jedenAugenblick unter Beobachtung stehen.«
»GottverdammterAlbtraum.«
»Mir ist bewusst, dass Ihnen das nicht gefällt, Mr. Blanton.Aber so ist dieVereinbarung. Zwei Einheimische werden uns während der ganzen Operation auf die Finger schauen.«
Blanton blies Luft durch die Lippen, sagte aber nichts.
»Das Team wird sich morgen um null-fünfhundert am Sammelpunkt treffen. Die geschätzte Flugzeit nach Sheyn Bagh beträgt zwei Stunden, Touchdown dürfte also nicht später als null-achthundert sein. R echnen Sie eine Stunde für Begrüßung und Konversation mit dem Bürgermeister und den Dorfältesten ein, dann sind wir um null-neunhundert vor Ort auf dem Friedhof. Start der Maschine dann wieder um siebzehnhundert. Hat irgendjemand von Ihnen ein Problem damit?«
»Es ist schwer einzuschätzen, wie lange eine Exhumierung dauern wird, ohne die Bedingungen zu kennen, mit denen wir es zu tun haben«, sagte ich.
»Sie haben acht Stunden.« Sollte heißen: Ende der Diskussion.
»Mit soll’s recht sein«, sagte
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