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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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in Emerson gewesen war, und ich fand es immer noch merkwürdig, dass er es nie erwähnt hatte, wenn wir über den Mord an Afton Delacourt sprachen. Aber vielleicht war er ja wirklich so verschlossen, was sein Privatleben anging.
    Ich trug den Tee nach hinten ins Arbeitszimmer, wo Devlin tatsächlich ausgestreckt auf der Chaiselongue lag und tief und fest schlief.
    Ich setzte mich hinter meinen Schreibtisch und wandte mich wieder den Fotos zu, aber je länger ich die mittlerweile vertrauten Symbole und Epitaphe durchforschte, desto weniger Begeisterung brachte ich auf für diese Aufgabe. Ich fühlte mich einbisschen unwohl   – weiche Knie, ein unangenehmes Gefühl von innerer Leere. Die gleichen Symptome, die ich beim letzten Mal verspürt hatte, als Devlin in meinem Arbeitszimmer eingeschlafen war.
    Ich sagte mir, dass ich dieses Mal nicht zu ihm gehen würde. Ich würde ihn einfach schlafen lassen, und sobald er aufwachte, würden wir uns weiter über den Fall unterhalten oder er würde nach Hause fahren. Und das war’s dann.
    Ich würde nicht zu ihm gehen.
    Aber natürlich ging ich doch zu ihm, denn ich konnte nicht anders. Ich stellte mich neben die Chaiselongue, auf der er lag, und wappnete mich gegen den Schock, gegen den Druck in meiner Brust, der mir den Atem nahm, aber als er dann kam, riss er mich trotzdem mit. Meine Beine gaben nach, und ich setzte mich schwerfällig zu ihm auf die Chaiselongue.
    Devlin riss die Augen auf und sah mich eindringlich an, doch ich hatte das seltsame Gefühl, dass er mich nicht wirklich sah. Dass er vielleicht noch gar nicht richtig wach war.
    Etwas huschte über sein Gesicht, eine nicht zu ertragende Traurigkeit, die so schnell kam und wieder verschwand, dass ich mir nicht sicher war, ob ich es wirklich gesehen hatte. Doch es erinnerte mich an das, was er mir am Nachmittag über seine Albträume erzählt hatte.
    Und dann wache ich auf und stelle fest, dass es Wirklichkeit ist.
    Er setzte sich auf und sah sich um. »Was ist passiert?«
    »Nichts ist passiert. Wir haben uns die Bilder von Oak Grove angesehen und Sie sind eingeschlafen.«
    Er lehnte sich auf der Chaiselongue zurück und rieb sich die Augen. »Was hat es nur mit diesem Haus auf sich?«, murmelte er.
    »Es liegt nicht an dem Haus«, sagte ich zu ihm, »es liegt an Ihnen. Sie hatten einen langen Tag. Den hatten wir beide. Ich fühle mich auch ein bisschen ausgelaugt.«
    Er runzelte die Stirn, als er das hörte. »Wie lange war ich weg?«
    »Eine halbe oder eine dreiviertel Stunde.« Dann fiel mir auf, dass er sich vielleicht fragte, warum ich neben ihm saß. Hastig griff ich nach der Häkeldecke, die über der Lehne der Chaiselongue lag. »Ich dachte, Ihnen wäre vielleicht kalt.«
    Als ich die Decke über ihn breitete, schloss er seine Hand um meine. Ich wusste, dass ich sie hätte wegziehen sollen. Mir wurde ganz schwindelig von dem Auf und Ab der Energie zwischen uns, aber ich bewegte mich nicht.
    »Es kommt mir vor, als hätte ich stundenlang geschlafen.« Er hatte den Kopf auf das Rückenteil der Chaiselongue gelegt, aber sein Blick ruhte immer noch auf mir. Ein unbehagliches Schweigen breitete sich aus, und ich erwog ernsthaft, aufzustehen und mich wieder an meinen Schreibtisch zu setzen. Doch seine Hand lag immer noch auf meiner. Ich konnte sie nicht wegziehen, ohne dass es irgendwie peinlich gewesen wäre.
    »Nach wem sind Sie genannt worden?«, fragte er unvermittelt.
    Ich sah ihn erstaunt an. »Nach niemandem, den ich kenne.«
    »Es gibt keine Geschichte zu Ihrem Namen?«
    »Sollte es denn eine geben?«
    »Ich dachte, es ist vielleicht ein alter Familienname. Aber er passt zu Ihnen. Er ist ein bisschen altmodisch.«
    Ich brauste auf. »An meinem Namen oder an mir ist nichts Altmodisches.«
    Seine Augen funkelten. »Das sollte keine Beleidigung sein. Ich bin auch altmodisch. So werden wir hier unten im Süden erzogen. Befrachtet mit Traditionen und Erwartungen. Und mit diesen ganzen verdammten Regeln.«
    »Erzählen Sie mir nichts von Regeln«, entgegnete ich. »Sie haben ja keine Ahnung.«
    Seine Hand löste sich von meinem Handgelenk, und seineFinger verschränkten sich mit meinen. Ich war zutiefst erschrocken, und ich fragte mich, ob er spürte, wie ich zitterte.
    »Ich sollte nicht hier sein«, sagte er mit einem Seufzer. Dann hielt er unsere miteinander verbundenen Hände hoch und betrachtete sie, als versuchte er aus der Art und Weise, wie unsere Finger ineinander verschlungen waren, irgendeine

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