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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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sie hat mir jedenfalls erzählt, dass ihr Sohn Jackson im Filmgeschäft ist. Sie sagt, er wäre ein berühmter Regisseur in Hollywood, aber ich habe läuten hören, dass er im Erwachsenenfilmgeschäft ist. Ich kann nicht behaupten, dass mich das überrascht. Der Junge hatte immer schon etwas leicht Perverses an sich«, meinte sie hämisch.
    Während meine Tante weiterplapperte, entspannte ich mich allmählich, und meine Sorgen wegen Mamas Gesundheit fielen ebenso von mir ab wie meine düsteren Erinnerungen an Oak Grove. Wir verbrachten einen angenehmen Nachmittag auf der Veranda, klatschten und tratschten und rührten uns erst von der Stelle, als Mama aufstand, um sich um das Abendessen zu kümmern. Meine Tante und ich boten ihr unsere Hilfe an, aber sie wollte nichts davon wissen.
    »Ich weiß nicht, wer von euch beiden in der Küche weniger taugt«, meinte sie. »Dass ihr zwei mir im Weg steht, kann ich absolut nicht brauchen.«
    Nachdem sie ins Haus gegangen war, lehnte ich mich wieder an den Türpfosten, und meine Tante fing an, eine neue Geschichte zu erzählen. Ich wartete, bis sie eine Pause machte, und fragte dann ganz beiläufig: »Sag mal, Tante Lynrose, kennst du in Charleston irgendwelche Devlins?«
    »Meinst du die Devlins, die in South of Broad leben?«, wollte sie wissen und nannte damit die renommierteste und geschichtsträchtigste Wohngegend der Stadt.
    »Ich glaube nicht. Der Devlin, den ich kennengelernt habe, ist ein Cop.«
    »Dann gehört er wahrscheinlich nicht zu den Devlins. Es sei denn, er ist ein weitläufiger Verwandter. Ich könnte mir vorstellen, dass die scharenweise herumlaufen, denn die Familiegeht zurück bis ins siebzehnte Jahrhundert. Klar, jetzt sterben sie langsam aus. Bennett Devlins einziger Sohn und seine Schwiegertochter sind vor vielen Jahren bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen. Der Enkel hat ein paar Jahre bei ihm gelebt, aber dann haben sie sich überworfen. Ich meine mich zu erinnern, dass der Junge in irgendeinen Skandal verwickelt war.«
    Ich spitzte die Ohren. »In was für einen Skandal?«
    »Das Übliche. Hat sich mit den falschen Leuten abgegeben, hat die falsche Frau geheiratet.« Sie zuckte mit den Achseln. »Die Einzelheiten habe ich vergessen.«
    Ich versuchte, mich zu erinnern, ob ich einen Ehering an Devlins Finger gesehen hatte. Ich war ziemlich sicher, dass mir so etwas aufgefallen wäre.
    »Du sagst, der Devlin, den du kennengelernt hast, ist ein Cop? Du steckst doch wohl hoffentlich nicht in irgendwelchen Schwierigkeiten, oder?«, frotzelte meine Tante.
    »Schwerlich. Ich arbeite im Moment als Sachverständige für das Charleston Police Department.«
    »Du meine Güte, das klingt aber wichtig.« Sie musterte mich mit unverhohlener Neugier.
    »Das ist mit ein Grund, warum ich heute Nachmittag hergekommen bin. Ich wollte es Mama erzählen, bevor sie es von irgendjemand anders erfährt. Auf dem Friedhof, auf dem ich zurzeit arbeite, hat man eine Leiche gefunden. Ein Mordopfer.«
    »Herr im Himmel.« Meine Tante fasste sich ans Herz. »Bist du in Ordnung, Kleines?«
    »Ja, mir geht es gut. Ich war nie in Gefahr«, sagte ich, ohne den gestohlenen Aktenkoffer zu erwähnen, denn das hätte das Ganze nur komplizierter gemacht. »Ich habe nur am Rande mit dem Fall zu tun, aber mein Name wurde in dem Artikel erwähnt, der heute Morgen in der Post and Courier stand. Es wundert mich, dass du den nicht gelesen hast.«
    »Ich habe hier bei Etta übernachtet. In die Zeitung habe ich noch gar nicht hineingeschaut.«
    »Jedenfalls hat Detective Devlin mich gebeten, bei der Exhumierung der Leiche dabei zu sein, und ich war einverstanden.«
    »Du meinst, du warst da, als sie die Leiche ausgegraben haben?«
    Tante Lynrose streckte den Arm aus. »Schau dir das an. Jetzt habe ich eine Gänsehaut bekommen von dem, was du getan hast.«
    »Tut mir leid.«
    Aus den Augenwinkeln sah ich, dass sich hinter der Fliegengittertür etwas bewegte, und ich fragte mich, wie lange meine Mutter wohl schon dort stand und uns zuhörte.
    »Mama? Brauchst du jetzt vielleicht jemanden, der dir hilft?«
    »Du kannst schon mal losgehen und deinen Papa suchen. Sag ihm, das Essen ist fertig.«
    »Mach ich.«
    Als ich über den Vorhof zur Straße ging, hörte ich die Fliegengittertür quietschen. Ich schaute mich kurz um und sah, dass Mama auf die Veranda gekommen war, wo sie und meine Tante sich leise unterhielten, so wie damals, als ich noch klein war. Doch dieses Mal war ich ziemlich sicher, dass

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