Totenhaut
Kreditkartenumsätze.«
»Dank dir, Graham.« Jon ging zu seinem Schreibtisch und legte den Zettel ab. Er und Rick stürzten sich sofort auf die Umsätze des Abends, an dem Dean verschwunden war.
»Meine Herren!«, sagte Rick und pfiff.
Jon überschlug die Posten rasch im Kopf. »Das sind über fünfzehnhundert Pfund an einem Abend.«
Rick setzte sich hin, um die Abrechnung genauer anzusehen. »Don Antonio, wie Dr. O’Connor gesagt hat. Und Crimson – welche Überraschung! Dazwischen ein paar Drinks im Taurus und ein Zwischenstopp im Natterjacks. Hat ganz offensichtlich eine Tour durch die Kneipen und Clubs in der Gegend um die Canal Street gemacht.«
»Kennen Sie diese Lokale alle?« Jon merkte, dass er seine Stimme etwas gesenkt hatte.
Rick nickte. »Schwulentreffs im Großen und Ganzen – im Natterjacks ist das Publikum ziemlich gemischt. Aber sehen Sie sich die letzten drei Posten an. Hundertfünfzig Pfund von einem Geldautomaten abgehoben, neun neunundneunzig von etwas, das wie eine Tankstelle aussieht, und dann noch mal tausendeinhundert Pfund von einem anderen Geldautomaten.«
Jon zeigte auf das Datum. »Die letzte Abhebung ist vom nächsten Tag, sechs Uhr dreiundvierzig morgens. Damit muss er sein Limit ausgereizt haben, und zwanzig Minuten später kauft er den Parkschein für das Parkhaus am Bahnhof Piccadilly.«
»Er hat also ganz gezielt sein Bankkonto abgeräumt«, sagte Rick leise.
Jon ließ eine Zehnpfundnote auf den Tisch fallen. »Das heißt, er hat sich schon irgendwo in einem Häuschen auf dem Land verkrochen. Wahrscheinlich schnarcht er da jetzt glücklich und zufrieden.«
Rick legte einen Zehner dazu. »Ich halte dagegen.«
»Okay. Ich rufe bei VISA an und lasse mir die genauen Standorte der letzten beiden Geldautomaten geben. Wollen wir bei Don Antonio vorbeischauen?«
Im trüben Tageslicht sah der Hurlington Health Club beinahe unschuldig aus, nur die geschwärzten Fenster wirkten befremdlich.
Erleichtert, dass das Haus jetzt viel weniger einschüchternd wirkte als bei ihrem ersten erfolglosen Besuch, ging Fiona zur Eingangstür. Sie trat ein und stand in einem Raum, der von verschiedenen Lampen mit Flammeneffekt nur unzureichend erhellt wurde. In der linken Ecke blubberte ein Aquarium vor sich hin. Das Wasser darin wurde durch ein Kristalllicht zum Leuchten gebracht, das sich auch über die in dunklen Farben gehaltenen Sofas ergoss.
Eine junge Frau in einem Frotteebademantel streute Fischfutter ins Aquarium. Sie drehte sich um und sah Fiona erstaunt an. »Cindy, das ist jemand!« Schwerer Akzent, russisch vielleicht.
Fiona blickte auf den Tresen zu ihrer Rechten. Er war leer, bis auf ein Kartenlesegerät und einen Topf mit billigen Kugelschreibern, an dessen unterer Hälfte noch das Zellophan aus dem Schreibwarenladen hing. Ein Staubsauger wurde eingeschaltet, und hinter dem Tresen richtete sich eine übergewichtige Frau mit hochgestecktem Haar auf. Das Mädchen vom Aquarium ließ sich auf ein Sofa fallen und stützte ihre nackten Füße auf dem Rand eines niedrigen Glastisches auf.
»Hallo, ich hoffe, Sie können mir helfen.« Fiona stieg vom Fußabstreifer und musste beinahe schreien, um sich über das Heulen des Staubsaugers hinweg verständlich zu machen.
»Was ist los?« Die Lippen der dicken Frau blieben leicht geöffnet, als würde der Unterkiefer durch das Gewicht ihrer Kinne nach unten gezogen.
»Ich versuche, eine junge Frau zu finden«, antwortete Fiona. Sie genierte sich, als sie merkte, dass die Dicke die Wunde über ihrer Augenbraue entdeckt hatte.
Die Dicke staubsaugte ungerührt weiter. Fiona hätte am liebsten den Stecker aus der Dose gerissen. »Ich glaube, sie arbeitet hier. Oder hat vor kurzem hier gearbeitet.«
Die Frau sagte noch immer nichts, und Fiona hatte das Gefühl, ihre Worte versickerten in der Fleischmasse, ohne den geringsten Eindruck zu machen. »Sie heißt Alexia.«
»Jetzt arbeitet sie nicht mehr hier«, blaffte die Frau, ohne hochzublicken.
»Warum nicht? Was ist passiert?«
»Wer sind Sie?«
»Ich? Nur jemand, der sie von früher kennt.« Die Augen der Dicken verengten sich misstrauisch. Es war ihr anzusehen, dass ihr diese Antwort nicht genügte. Fiona griff zu einer Notlüge. »Ich bin eine Freundin ihrer Mutter. Wir machen uns große Sorgen um sie.«
»Eine Freundin? Wo arbeiten Sie, bei der Fürsorge?«
»Nein, ich bin Kosmetikerin.«
Fiona bemerkte, wie die Frau ihr auf die Hände sah. Sie hatte sich erst am Vortag die
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