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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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machen.«
    Jon räumte den Tisch ab und trug die Teller zu den anderen neben der Spüle. Dabei sah er, wie spät es war. »Ach, Scheiße, Liebes, ich muss schnell noch was nachsehen.«
    »Was ist?«
    Doch er war schon auf dem Flur auf dem Weg zu Haustür. »Dauert nicht lang.«
    Er schaffte es gerade noch zum Parkplatz des Krankenhauses Stepping Hill, bevor Pete Gray durch die Tür kam.
    Wieder fuhr er direkt nach Hause, und Jon beobachtete seine schemenhaften Umrisse, als er sich hinter der Milchglasscheibe des Badezimmerfensters bewegte. Gray rasierte sich, machte sich ausgehfein. Dreißig Minuten später trat er aus der Haustür, Creepers an den Füßen, schwarze Jeans, weißes Hemd mit Metallspitzen am Kragen und die Haare zu einer glänzenden Elvis-Tolle frisiert.
    Jon parkte vorsichtig aus und folgte dem Minitransporter, der Richtung Innenstadt fuhr. Die Fahrt endete in einer Nebenstraße nahe dem Bahnhof Piccadilly, und Gray eilte über die Straße in ein Pub, hinter dessen schmutzigen Fenstern ausgebleichte Vorhänge hingen.
    Jon wartete ein paar Minuten, dann trabte auch er über die Straße. Ein Poster hinter einer der verdreckten Fensterscheiben verkündete: Karaoke-Abend. Singles herzlich willkommen. Um den Rand des Posters liefen kleine Sterne mit Namen darin: Beatles, Frank Sinatra, Rolling Stones, Fleetwood Mac, Elvis.
    Soll wohl eher ältere Semester ansprechen, dachte Jon, schlüpfte durch einen Seiteneingang hinein und steuerte direkt auf das Ende der Bar zu. Er merkte, dass einige Blicke sich auf ihn richteten, und hielt den Kopf gesenkt. Erst im Schutz des Halbdunkels sah er sich um und ließ die Stimmung auf sich wirken. Oberflächliche Fröhlichkeit übertünchte mit einiger Mühe das Gefühl von Nervosität und Hoffnungslosigkeit. Damit sich das besserte, bedurfte es mehr Alkohols. Zum Glück kosteten Mixgetränke mit einem Doppelten von was auch immer den ganzen Abend nur die Hälfte.
    Pete Gray saß allein an einem Tisch neben der Karaoke-Anlage. Auf der Bühne stand eine Frau mittleren Alters und ruinierte gerade etwas von Alicia Keys. Als sie bei der letzten Zeile angelangt war, schwenkte sie den Arm, und man konnte sehen, wie die schlaffe Haut daran leicht schlotterte. Ein trauriger kleiner Applaus schwappte durch das Lokal, und als sie sich halb verlegen verbeugte, zeigte sie ein tiefes, teigiges Dekolleté. Sie verließ die Bühne, und Pete Gray stand auf. Seine Körpersprache verriet Begeisterung, kurze Handbewegungen zeigten, wie beeindruckt er war. Diese Geste ging über in einen Wink Richtung Bar, und die Frau nahm die Einladung mit einem Lächeln an, das die Krähenfüße um ihre Augen noch vertiefte.
    Jon zog die Schultern ein wenig höher und senkte den Kopf über die Cocktailkarte vor sich auf dem Tresen.
    Zwei Getränke wurden bestellt, dann führte Pete die Frau an seinen Tisch. Nach zwanzig Minuten kam er wieder und holte Nachschub. Jon bemerkte, dass der Barmann in das Glas der Frau nur Wodka goss.
    Der Conférencier kündigte ein Lied von Elvis an, und schon betrat Pete Gray die Bühne. Es war eine Wiedergabe von Love Me Tender, komplett mit bebenden Endtönen, die er durch ein leichtes Kräuseln seiner Oberlippe hervorbrachte. Der Großteil des Liedes war an die Frau gerichtet. Er stellte sich sogar in Pose und vollführte ein paar klägliche Hüftschwünge. Jon hätte speien können, doch nach der Breite ihres Lächelns zu urteilen, war die Frau über die Maßen beeindruckt.
    Gray wehrte den Applaus ab, setzte sich wieder an seinen Platz und ging sofort zum Angriff über. Er legte eine Visitenkarte auf den Tisch, dann schob sich seine Hand über ihre, und ihre Finger verflochten sich ineinander. Er neigte seinen Kopf zu ihr und sagte etwas, worauf die Frau augenblicklich erstarrte. Sie lehnte sich zurück, um den Abstand zu ihm zu vergrößern, und blickte wie gehetzt im Lokal umher. Irgendwie hatte Pete es vermasselt. Eine Minute später stand sie auf und ging auf die Toilette. Offensichtlich verärgert nahm Pete einen Strohhalm und stach damit auf die Eiswürfel in seinem Glas ein. Als klar wurde, dass sie nicht zurückkommen würde, schob er beide Gläser von sich, nahm seine Karte wieder an sich und verließ die Kneipe. Er fuhr direkt nach Hause, Jon blieb hinter ihm. Nur Sekunden, nachdem er hinter seiner Tür verschwunden war, war das Licht eines Fernsehers hinter den Vorhängen seines Schlafzimmers zu sehen.
    Jon sah auf die Uhr und stellte fest, dass es kurz nach

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