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Totenklang

Totenklang

Titel: Totenklang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sinje Beck
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Pause hier heraufgegangen, um ihn an den Termin gleich zu erinnern.« Ich sage ihr, dass ich annehme, dass er in den Trümmern nach den Überresten seines gestohlenen Schränkchens sucht. Felicitas guckt irritiert.
    »Den heiligen Schrein, sozusagen?« Ich zucke mit den Schultern und will von ihr wissen, was drin ist oder war. Das wisse niemand so genau, sagt sie. Alle, die hier arbeiten, hätten nur spekuliert.
    »Fährt einer von denen einen Calibra?«, schieße ich ins Blaue. Sie schüttelt mit dem Kopf und wendet sich zum Gehen.
    »Sommer hat so einen Mantaverschnitt. Calibra heißt der? Aber Lars arbeitet nicht mehr hier, wie du weißt, und er hat so etwas wie Hausverbot«, ergänzt sie.
    In meinem Gehirn bildet sich eine neue Verknüpfung: Sommer, Underberghupe, Calibra, Hanf, krumme Dinger, Knochen. Eine weitere Verbindung lautet: Engel, Uriel, Azazel, Franky, Wäscherei, krumme Dinger, Knochen. Synapsengewürfel? Zufall? Kommen auf einem Friedhof die unterschiedlichsten Motive zusammen, die sich in einem Fetisch widerspiegeln? Fetisch, na, das geht vielleicht doch zu weit, meint der Advokat. Heute Abend muss ich unbedingt herausfinden, was es mit diesen Namen auf sich hat.
    Jetzt ist es Zeit fürs ›Hank‹, ich muss los, fällt mir mein nächster Job ein. Von drei Stunden habe ich effektiv wohl nur die Hälfte gearbeitet, aber das wird Brandt mir nicht abziehen können, denke ich und stelle mein System auf Alarm, denn das würde ich mir nicht gefallen lassen.
    Draußen sehe ich Brandt wie manisch im Schutt wühlen. Er hebt Bretter an, lässt sie wieder fallen, wirft undefinierbare Fetzen umher, er tobt.
    »Wie ein Racheengel«, sage ich in die Szenerie, während ich neben Felicitas stehe und wir uns das Treiben eine Weile angesehen haben. Ich spüre fast ihren fragenden Blick. Er treibt mir den Puls in die Höhe. Setz noch einen drauf, rät Kalle.
    »Fehlen nur noch Licht und Flammen, die um Brandt herumwirbeln«, versuche ich mich in Andeutung auf den Erzengel Uriel.
    Felicitas sagt immer noch nichts. Ihr Gesicht ist eine stumme Maske.
    »Drei Stunden war ich heute hier im Einsatz, sagst du ihm das? Ich muss jetzt los.« Ich wende mich ihr frontal zu, und während sich ihr Blick in meine Augen bohrt, gleitet ihre Hand in die Tasche. Azazel macht erwartungsfroh Platz, doch in ihrer Hand ist kein Leckerchen, sondern ein Handy. Sie drückt zwei, drei Tasten und in meiner Hose klingelt es.
    »Du? Wie kommst du an das Teil?«, fragt sie.
    »Heute Abend, um neun im …«, jetzt hänge ich, wo zum Teufel könnte ich mich mit ihr verabreden, ich war schon ewig nicht mehr aus.
    »Im ›Eulenspiegel‹«, hilft sie nach. Ich nicke und gehe. Ihren Blick spüre ich in meinem Nacken. Es läuft mir kalt den Rücken hinunter, was nicht mal so unangenehm ist. Die Nerven.

41
    Keine Ahnung, wie ich auf den Parkplatz der Kneipe gekommen bin, doch pünktlich schließe ich die Wagentür ab und steige die Treppenstufen hinauf, rüttle an der Tür, die so verschlossen ist wie ein fachmännisch versiegelter Sarg. Außer dem beständigen Rauschen in meinem Kopf, dem Gesang der Vögel um mich herum, dem Geschrei eines Kleinkindes aus weiter Ferne ist nichts zu vernehmen. Kein Handwerkerlärm sickert aus dem ›Hank‹. Keiner da. Das gibt es doch nicht! Lassen mich hier anrücken und sind nicht da. Ich werde einen Gang ums Haus machen, vielleicht ist irgendwo eine Kellertür offen oder jemand ist hinten und kann mich nicht hören. Als ich durch den Schutt rechts herum hinter das Gebäude gehe, springt die Kellerkatze mir zur Seite. Sie schnurrt mich an. Sie sieht verstört aus, was an ihren großen runden Augen liegen mag. Kurz stelle ich mir vor, wie es wäre, wenn man in ihren Augen sehen könnte, was sie gesehen hat. Pet-TV, findet der Werbekaufmann die passende Bezeichnung für eine abstruse Idee.
    Auch hinter dem Haus ist nichts und niemand zu sehen. Als ich wieder zur Vordertür komme, höre ich einen Ruf:
    »He, Sie, was machen Sie da?« Ich gucke mich um und erkenne ein Gesicht, runzlig wie eine Dörrpflaume, dessen Augen mich aus einem kleinen Dachfenster des Nachbarhauses anstarren. Ich erkläre dem Mann, dass ich eine Verabredung mit den Leuten des ›Hank‹ habe.
    »Ach, dann sind Sie der Handwerker. Warten Sie.« Der Mann schließt das Fenster und macht sich auf den Weg zur Tür. Wenn er mir jetzt nur zu sagen hat, dass keiner da ist, dann hätte er das auch gleich tun können. In mir staut sich Ungeduld, während

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