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Totenmesse

Titel: Totenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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können wir die Technik nebenan installieren?«, fragte Hultin den berühmten Techniker.
    Â»In fünf Minuten«, antwortete der Gefragte. »Wenn jemand mit anfasst.«
    Der Raum leerte sich. Hjelm und Holm blieben zurück. Nachdem Kerstin ein paar Tasten gedrückt hatte, erschien die MMS auf dem Display.
    Es war ein Bild.
    Sie brauchten einen Augenblick, bevor sie begriffen, was sie da sahen. Ein Foto. Ein Mann, der hinter einem Schreibtisch sitzt. Ein Mann mit vollständig schwarzem Gesicht.
    Â»Ein Afrikaner?«, sagte Hjelm.
    Â»Das glaube ich nicht«, sagte Kerstin Holm und schüttelte den Kopf. »Sieh mal, was er in der Hand hat.«
    Paul Hjelm blinzelte, um seinen Blick zu schärfen. Und schließlich sah er, was es war.
    Es war ein Telefonhörer.
    Cilla und ihre verfluchten Handys, dachte Paul Hjelm, und eine große Wärme durchströmte ihn.

12
    Die Geräusche nahmen ab. Doch eigentlich konnte man sie kaum als Geräusche bezeichnen. Es war eine andere Art von Gegenwart, eine andere Art von Zeichen, dass sich etwas tat. Unklare, grelle Stimmenreste, die sich zu verflüchtigen schienen, minimale Erschütterungen von Türen und Toren, die mit einer anderen Kraft als gewöhnlich zuschlugen. Eine Art Erregung in der Atmosphäre.
    Ein Gefühl, das er vergessen zu haben glaubte, bemächtigte sich des Mannes, der hinter den großen Müllbehältern hockte. Obwohl er im Inneren wusste, dass er es nie würde vergessen können. Es war nicht angelernt wie gewöhnliches Wissen. Mehr eingestempelt, eintätowiert. Es war das Fingerspitzengefühl des inneren Barometers, das in der Lage war, die geringsten Veränderungen des atmosphärischen Drucks abzulesen. Meistens solche, die physisch gar nicht ablesbar waren.
    Obwohl sie jetzt abnahmen.
    Er warf einen Blick auf die alte Armbanduhr und stellte fest, dass seine innere Uhr richtig ging. Und dass dies mit den Erwartungen übereinstimmte. Vielleicht ein bisschen langsamer, aber innerhalb der Toleranz. Er erwartete nur noch eine Sache. Innerhalb der nächsten Minuten.
    Er brauchte sich nicht mehr hinter die Müllbehälter zurückzuziehen. Er saß in exakt der gleichen Stellung wie vor zwei Stunden. Das Training, das erforderlich war, damit die Beine nicht einschliefen. Der gesenkte Puls, die Atmung, die langsamer wurde, die minimierte Gehirnaktivität, alle Bewegung, die eingestellt wurde. Das Vegetieren. Eine extreme Passivität, die eine extreme Aktivität ankündigte. Ein Sonnenblumensamen in der Wintererde.
    Und bald waren sie da.
    Die Tür des Müllkellers wurde geöffnet. Kurz. Obwohl er ihn nicht sah, fühlte er den Blick, der über den Raum strich. Ein Polizeiblick. Die Atmosphäre änderte sich um eine winzige Nuance.
    Â»Jemand da?«
    Wenn du die Atmosphäre erspüren könntest, Polizist, hättest du sofort erkannt, dass es der Fall ist, dachte der Mann mit der Uhr. Dann hörte er die Tür zuschlagen.
    Aber das gehört wohl kaum zur Grundausbildung der schwedischen Polizei, dachte er weiter. Dann dachte er nichts mehr. Er schloss die Augen und verbannte alles, was einem Gedanken ähnlich sein konnte.
    Das Einzige, was er in den sechshundert Sekunden, die er verstreichen ließ, sah, war eine blonde Frau mit einem Tragegestell vor dem Bauch, die auf eine blaue Meeresbucht hinausblickte, und sie drehte sich um und sah ihm in die Augen mit einem Ausdruck, den man als Glück bezeichnen musste.
    Dann sah er sie mit blaulila Gesicht und Augen, die halb aus dem Kopf getreten waren.
    Zehn Minuten vergingen ohne die geringste Veränderung in der Atmosphäre.
    Der äußeren Atmosphäre.
    Er stand lautlos auf und fühlte.
    Ja, es war so weit.
    Er ging die wenigen Schritte zur Tür, öffnete sie vorsichtig, durchquerte den Kellerraum mit den Waschmaschinen und trat ins Treppenhaus.
    Vier Stufen auf einmal habe ich immer geschafft, dachte er und machte einen weiten Schritt vier Stufen aufwärts. Dann noch vier. Und noch vier.
    In der Fensternische im Parterre thronte ein kleiner, aber pompöser Löwe aus der Jahrhundertwende. Er lächelte leicht und versuchte zu zählen, wie oft er ihn zum Spaßunterm Kinn gekrault hatte. Um ein Dasein aufzuheitern, das in jedem Augenblick aufgeheitert werden musste.
    Er kraulte den Löwen unterm Kinn und dachte: Es ist, als gäbe es die Zeit nicht.
    Als wäre es möglich, die

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