Totenmesse
Presse dichtzuhalten, und ich möchte nicht, dass der Trend gebrochen wird.«
»Und wie ist dann das Foto präsentiert worden?«, sagte Arto Söderstedt.
»Als einer der Räuber«, sagte Kerstin Holm mit einer kurzen schnippischen Grimasse. »Die beiden Bilder sind als die der beiden Räuber veröffentlicht worden.«
»Ist das eine weiÃe Lüge?«, fragte Söderstedt.
Niklas Grundström räusperte sich und sagte: »Es geht darum, in Ruhe arbeiten zu können.«
»Ich verstehe«, sagte Söderstedt. »Es war deine Idee.«
»Also gut jetzt«, sagte Kerstin Holm vermittelnd. »Nehmen wir uns den Russen vor. Kommentare?«
Eine Weile war es still, während das russische Gesicht vervollständigt wurde. Der gröÃere Bankräuber, der die Geiseln mit seiner MP und mit seinen sporadischen Runden in Schach gehalten hatte.
»Schwer«, sagte Jon Anderson. »Ein Russe, ganz einfach. Ungefähr das gleiche Alter wie der andere.«
»Schick im Anzug?«, sagte Sara Svenhagen.
»Definitiv nicht«, sagte Anderson. »Möglicherweise sexy im Blaumann.«
Jorge Chavez sagte: »Dieselbe untersetzte, rübenkompakte Konstitution wie im Kreml, von Chruschtschow bis Jeltzin. Putin ist etwas anderes.«
»Schön, dass Gunnar nicht hier ist«, sagte Sara Svenhagen. »Da können wir unseren russischen Vorurteilen freien Lauf lassen.«
»Gebratene russische Müllsäcke«, sagte Chavez geheimnisvoll. »Es könnte sich ja eine Spur von ihm auch in der Bank finden. Was haben die Techniker gesagt?«
Kerstin Holm fühlte sich auf einmal zurückversetzt zumgestrigen Abend. Gerade als Jan-Olov Hultin sich so unbemerkt wie möglich aus dem Staub machen wollte, war sie ihm im Treppenhaus der Maklerfirma allein begegnet. Er sagte: »Ich mache mich jetzt aus dem Staub, Kerstin. Es war richtig spannend, aber ich begreife noch immer nicht, wozu sie mich geholt haben.«
»Zu genau dem, was du geleistet hast.«
»Und was war das?«
»Ein Chef ohne Chefgehabe. Sie haben erkannt, wenn auch reichlich spät, was du für das Korps bedeutet hast. In den Augen allzu vieler existiert man nicht, wenn man sich nicht durch irgendetwas anderes hervorhebt als durch die Arbeit. Der Beste zu sein bedeutet keinen ScheiÃ.«
Hinterher glaubte sie nicht, dass sie das wirklich alles gesagt hatte. Was für ein Sermon. Und das dem Maestro der Zurückhaltung und der Neutralität.
AuÃerdem war âºScheiÃâ¹ vielleicht nicht das Passendste, was man Jan-Olov Hultin sagen konnte.
Er betrachtete sie väterlich . Sie kam sich vor wie eine Dreizehnjährige, die gerade auf ihre erste richtige Party gehen will und vorher auf übertriebenes Make-up untersucht wird.
»Danke gleichfalls«, sagte Hultin kurz, und war es wirklich nur ihre Einbildung, die ihr eingab, dass diese Worte viel beinhalteten? Er fügte hinzu: »Aber ich beneide dich nicht.«
»Wieso?«, sagte sie.
»Ich habe das Gefühl, dass das hier eine richtig trübe Brühe ist«, sagte Jan-Olov Hultin und verschwand aus ihrem Leben.
»Huhu?«, sagte Chavez und starrte sie an. Er war nicht der Einzige.
Unter Aufbietung ihres ganzen Willens gelang es Kerstin Holm, umzuschalten und einen Zustand, der wie die Geistesabwesenheit eines Hirntoten gewirkt haben musste, zu ihrem Vorteil zu wenden. »Das ist eine richtig trübe Brühe«, sagte sie. »Also bringen wir ein bisschen Klarheit hinein.Der Bericht der Kriminaltechniker muss die verschiedenen Momente des Falles gleichmäÃig berücksichtigen. Ich schlage deshalb eine sofortige Arbeitsverteilung vor.«
Sie blickte auf. Keiner schien Einwände zu haben. Sie fuhr fort: »Die Internabteilung arbeitet natürlich mit dem falschen Polizisten â woher kam er? Woher kannte er die Vorgehensweise der Nationalen Einsatztruppe? Wie konnte er ein solches Timing hinkriegen, und woher stammt seine Ausrüstung? Und als leitende Frage natürlich: Wer und was steckt dahinter? Als Nächstes möchte ich, dass Jon und Jorge sich darauf konzentrieren, wohin die Räuber verschwunden sind. Wir brauchen Augenzeugen des Abtransports: mögliche Helfershelfer, Autos, Fahrtweg, einfach alles.«
Jorge Chavez prustete.
»Nicht stöhnen«, sagte Kerstin Holm.
»Ich habe nicht gestöhnt«, sagte Chavez. »Ich habe
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