Totenrache und zehn weitere Erzählungen
Trump, „das mein´ ich. Dass er tot ist, mausetot.“
„Und Fredric soll ihn umgelegt haben?“
„Warum nicht? Verrückt genug wär´ er.“
Darryl zuckte mit den Schultern. „Cunningham täte mir nicht Leid.“
„Mir auch nicht.“
„Der war mir nie geheuer.“
„Mir auch nicht“, sagte Trump mit wachsender Begeisterung. „Meinetwegen kann der ihn abgestochen haben.“
„Hm“, murmelte Darryl, „vielleicht hat er es ja getan.“
Die letzte Illusion
„Also“, befahl Walter und sah ihr tief in die Augen dabei, „töte mich!“ Walter war kein Mann, der Witze riss. Er hatte Gelächter immer verabscheut, auch damals schon, zu besseren Zeiten.
Und eigentlich, so dachte Vanessa, war dies auch nur eine allzu logische Offenbarung. Natürlich waren ihm diese Worte ernst. So ernst, dass er nicht um deren Erfüllung bettelte, nein, er forderte seinen Tod. Befehle waren ihr ein Gräuel, und Walter wusste das.
„Nein!“, sagte sie daher. Aber nicht bloß sein drastischer Wunsch störte sie, sondern auch Walters Egoismus. Er lechzte dem Tod entgegen, würde dem Himmelreich Kusshände zuwerfen, aber Vanessa, erst mal in den Zustand einer Mörderin hineinverhext, müsste drunter leiden. „Wie hast du mich eigentlich gefunden?“
Walter verzog seinen Mund, wollte wohl lächeln. „War schwer“, gab er zu. „Die Welt ist klein, sagt man. Das ist Unsinn. Wenn man jemanden sucht, ist sie riesig. Meine Leute brauchten lange, bis sie dein Nest fanden.“ Er sah sich vielsagend in ihrer Wohnung um. „Ein wenig mehr Geschmack hätte ich dir schon zugetraut.“ Es gab zwar viel Luxus, teure Möbel und weiche Teppiche, wohin man blickte, aber es fehlte das Chaos der Heimat. Nirgends verstreute, halbgelesene Zeitschriften, keine Essensreste, weder Geräusche vom Radio oder der Duft ihres Körpers. Das hier sah mehr nach Flucht aus.
„Ich fühl mich wohl.“
„Schön.“ Sein Lächeln, falls es je eines gewesen war, schwand. „Du weißt jetzt, warum ich hier bin.“
„Ich soll dich umbringen.“
„Ja.“
„Warum?“
„Weil du´s mir schuldig bist. Weil du mein Leben zerstört hast. Weil du mich lächerlich gemacht hast.“
Etwas in seinem Gesicht rief Erinnerungen wach. Vanessa fühlte sich zurückversetzt zu Zeiten der Höhepunkte und Ausschweifungen. Seine Geschenke, sein parfümiertes Bett, sein unverdrossener Eifer darin. Aber das lag schon eine Weile zurück. Walter bot ihr nichts mehr. Ihre Leidenschaft, in extremis, rührte sich nicht mehr, wenn sie ihn sah. Das Feuer war verschwunden, seit sie wusste, dass er ihr gehörte und alles andere für sie fortwarf. Er vernachlässigte seine Geschäfte, seine Ehe, seine Macht, und Vanessa hatte geahnt, wie es enden musste, und ihn verlassen. Sie war in eine andere Stadt geflüchtet, in der Hoffnung, ihn für immer abgeschüttelt zu haben. Doch nun stand er vor ihr, und es lag in ihren Händen, über sein Schicksal zu entscheiden. Sie konnte ihn erlösen oder leiden lassen; Walter machte sie zu nichts weniger als Gott. Plötzlich verfügte sie über mehr Macht, als er jemals besessen hatte.
„Warum sagst du nichts?“, wollte er wissen.
„Ich soll dich also töten, ja? Du forderst mich heraus. Du befiehlst es mir.“
Walter winkte ab. „Du bist zu kleinlich. Ich sag dir bloß, was ich mir von dir erhoffe.“
„Zu gütig.“
Er überhörte ihren Sarkasmus. „Wir waren eben ein prächtiges Paar.“
„Du solltest mich bitten.“ Ein Lächeln, niedlich wie das eines Säuglings, huschte über Vanessas Gesicht. Das würde er nie wagen. Der nicht!
„Wie?“ Walter runzelte die Stirn.
„Bitte mich!“
„Das ist nicht dein Ernst!“
„Doch.“ Er ödete sie nun gewaltig an. „Bitte! Flehe!“
„So was kannst du nicht erwarten.“
„Du musst es nicht aussprechen, wenn du nicht möchtest. Knie nieder!“
„Vanessa!“ Walter wirkte nun ernstlich verletzt. Das konnte er nicht: sie bitten. Allein die niederschmetternde Trance dieses Wortes hinterließ einen bitteren Nachgeschmack: den der Niederlage, des Verlustes. Für andere ein Wunscherfüller, für ihn ein Verbot. Sollten Kinder davon Gebrauch machen. Oder Schwachsinnige.
Vanessa folgte dem Gebot der Neugier und fragte mir geradezu sadistischer Lässigkeit: „Wenn es dir schwer fällt: warum bist du dann gekommen? Bringst du es nicht allein zustande? Hast du Angst? Ist es das?“
„Ich habe keine Angst.“ Walter setzte sich auf einen Stuhl, der, wenn Vanessa sich nicht
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