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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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Rumpeln der Druckerpressen. Sie standen im Keller, waren aber im gesamten Gebäude zu hören, sobald sie liefen, was als tiefes Summen begann und sich zu einem gedämpften Brüllen steigerte, je mehr sie an Tempo zulegten. Zu dieser Stunde kamen auch die Flaschen nach und nach aus den Schubladen.
    O’Connor winkte mich zu seinem Schreibtisch, einem der chaotischsten in der ganzen Redaktion. »Ihre Freundin hat sich schon auf den Weg gemacht, um jemanden nach dem Farmgrundstück zu befragen. Sie müsste jeden Moment wieder da sein.« Er zeigte auf einen Stapel Aktendeckel voller Zeitungsausschnitte und Fotos. »Ich komme gerade aus dem Archiv«, sagte er. »Das hier habe ich auf die Schnelle gefunden - genug, um heute einen Anfang zu machen.«
    Er wirkte deprimiert. Ich vermutete, es könnte an den Zeitungsausschnitten liegen, da er die Opfer gekannt hatte. Da fiel mir noch etwas anderes ein. »Haben Sie Helen angerufen?«, fragte ich ihn.
    Sein erstaunter Blick war richtig gut - dafür, dass er vorgetäuscht war. »Helen? Warum?«
    »Weil Lillian Linworth heute Nachmittag eine Freundin brauchen wird, wenn der Coroner anruft.«
    »Ja«, räumte er ein. »Ich habe sie angerufen. Aber ich habe ihr keine Einzelheiten …«
    »Das habe ich auch nicht vermutet. Es muss schwer gewesen sein, Ihr Versprechen gegenüber Lefebvre zu halten.«

    »Allerdings«, gestand er.
    Ich berichtete ihm, was im Büro des Coroners passiert war. »Da spielt sich irgendwas Seltsames ab. Yeager würde sich nicht nach etwas erkundigen, was seinen Adoptivsohn betreffen könnte, wenn er nicht von irgendwoher erfahren hätte, dass die Knochen eines Kindes gefunden worden sind. Aber selbst dann - wie kommt er auf die Idee, dass die toten Erwachsenen die Ducanes sein könnten? Ich dachte, alle außer Ihnen waren der Überzeugung, sie seien auf See verschollen?«
    O’Connor starrte mich einen Moment lang an.
    »Was soll mir dieser Blick sagen?«
    »Nichts …«, erwiderte er und lächelte. »Ich finde nur, dass Sie da eine hervorragende Frage in Bezug auf Yeager gestellt haben. Was meinen Sie denn, wer ihm die Information hat zukommen lassen?«
    »Die Einzigen, die ihm etwas über die Kinderleiche gesagt haben könnten, sind wir beide, Phil Lefebvre, Matt Arden oder jemand aus dem Büro des Coroners.«
    »Vielleicht hat ja einer von den Bauarbeitern …«
    »Möglich«, räumte ich ein. »Aber mein Bauchgefühl sagt mir was anderes. Nicht die Bauarbeiter, garantiert keiner von uns und nicht Lefebvre. Und ich glaube auch nicht, dass es Arden war. Da müsste er schon ein verdammt guter Schauspieler sein.«
    »Ich habe festgestellt, dass Detectives das häufig sind. Es nützt ihnen bei ihrer Arbeit. Aber wahrscheinlich haben Sie Recht. Ich würde als Erstes auf Woolsey tippen.« Er griff nach einer der beiden großen Rollkarteien, die neben seiner mechanischen Schreibmaschine standen - einer der letzten ihrer Art in der ganzen Redaktion -, und drehte das Rad an der Seite, bis es bei T stehen blieb. Er blätterte die entsprechende Sektion durch, wobei mir auffiel, dass auf vielen der Karteikarten keine Namen vermerkt waren, sondern nur Initialen oder Zeichen, die offenbar auf irgendeinem Kode beruhten. Er zog
eine dieser namenlosen Karten heraus. Das Einzige, was darauf stand, waren ein kleines »t« und eine Zahlenreihe. »Mal sehen, was ich rausfinde«, sagte er und griff nach seinem Telefon.
    Während er telefonierte, kam Lydia herein. Sie bewegte sich zögerlich und wirkte gleich noch gehemmter, als sie zu meinem Schreibtisch spähte und mich dort nicht entdeckte. Sie lief rot an wie eine Dreizehnjährige, die gerade in eine überfüllte Jungenumkleidekabine geschubst worden ist. Offenbar hatte sie das Gefühl, sich unerlaubt hier aufzuhalten.
    In diesem Moment wurde mir klarer als je zuvor, dass ich genau hierher gehörte.
    O’Connor hatte aufgelegt und musterte sie ebenfalls kurz, ehe er sie zu sich winkte. Bis sie an seinem Schreibtisch angelangt war, hatte sie sich wieder gefangen.
    »Was hast du über das Grundstück herausgefunden?«, fragte ich sie.
    Sie zog ihre Notizen heraus. »Wie ihr wisst, ist die Farm von den Erben von Griffin Baer an die Bauträger verkauft worden. Baer ist vor fünf Jahren im Alter von siebenundsiebzig Jahren gestorben.«
    »War er der Letzte, der dort gelebt hat?«
    »Ja, aber er ist schon 1926 von dort weggezogen. Von einem der Enkel habe ich erfahren, dass Baer ein Haus an der Küste hatte, und die

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