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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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hatte den Dienstag frei und verbrachte den größten Teil des Tages damit, meinen Vater zur Chemotherapie zu bringen und mich um den Haushalt und diverse Besorgungen zu kümmern.
    O’Connor rief mich um neun Uhr abends an und erzählte mir, dass er meine Schwester und Kenny eng aneinander geschmiegt
auf seinem Wohnzimmersofa vorgefunden hatte, als er nach Hause gekommen war. Er war ebenso wenig erfreut darüber wie ich, sie in trauter Zweisamkeit anzutreffen, aber wir waren uns einig, dass wir nichts dagegen tun konnten.
    Als ich meinem Vater davon erzählte, fragte er mich, ob ich so wenig Sorgen hätte, dass ich mir noch ein paar von Barbara borgen musste.
    Nein. Ich hatte selbst genug Sorgen.
    Es machte mir Sorgen, dass meine Zeit mit ihm zu knapp bemessen sein könnte, um sie mit etwas anderem zu verbringen, als an seiner Seite zu sein. Nichts machte mir mehr Sorgen.
    Es machte mir Sorgen, dass Mary das Gefühl haben könnte, ich hätte ihre Hilfsbereitschaft allzu oft in Anspruch genommen.
    Es machte mir Sorgen, dass ich womöglich nie herausfinden würde, was an diesem Wochenende im Jahr 1958 wirklich passiert war, und noch mehr Menschen Schaden nähmen.
    Es machte mir Sorgen, dass ich, wenn ich nicht bald etwas Handfestes fand, mit dem ich all meine großartigen Theorien untermauern konnte, Mitte nächster Woche womöglich über den neuesten Spendenaufruf des Elternbeirats berichten durfte.
    Es machte mir Sorgen, dass O’Connor und die anderen Männer in der Nachrichtenredaktion mich vielleicht doch nur duldeten.
    Es machte mir Sorgen, dass mich vielleicht tatsächlich die ganze Zeit jemand beschattete, wenn ich mich beobachtet fühlte, und es machte mir Sorgen, dass mich vielleicht doch niemand beschattete und ich langsam den Verstand verlor.
    Es machte mir Sorgen, dass ich Frank Harriman, den Polizisten aus Bakersfield, lieber mochte, als mir gut tat, da ich jeden Abend - ganz egal, womit ich mich tagsüber beschäftigt hatte - feststellte, dass ich das Bedürfnis verspürte, ihn anzurufen
und ihn zu fragen, ob er mit einer anderen ausging, mit wem er zurzeit nach Schichtende seinen Kaffee trank, und einfach nur zu reden und auszuloten, ob mit ihm zu sprechen und ihm zuzuhören mir immer noch das Gefühl von Geborgenheit, von Ruhe vermittelte, das niemand sonst in mir auslöste.
    Ich rief ihn nicht an.

43
    Die mysteriöse Frau rief am Mittwoch früh wieder an.
    »Der Boss hatte eine Berghütte in der Nähe von Arrowhead«, sagte sie und nannte eine Adresse. »Vielleicht haben sie das Kind dort raufgebracht. Ich weiß es nicht.«
    »Wer war der Boss?«
    Sie ignorierte die Frage. »Die Hütte war auf Gus’ Namen eingetragen. Gus Ronden.«
    Ich riskierte es. »Betty, wo ist Lew?«
    Nach langem Schweigen flüsterte sie: »Luis ist in Mexiko gestorben.«
    Sie legte auf.
    Die letzten Worte hatte sie in kummervollem Ton gesagt - und seinen Namen auf eine Weise ausgesprochen, die vermuten ließ, dass sie Spanisch sprach.
    Lew Hacker hatte ihr etwas bedeutet. Luis. Ob Hacker ebenfalls die anglisierte Version eines hispanischen Namens war? Es war nicht weiter verwunderlich, dass Luis es einfacher gefunden hatte, in den Fünfzigerjahren als Lew aufzutreten. Mexiko. Waren die beiden dorthin geflohen?
    Ich sah mir alles an, was je über Gus Ronden veröffentlicht worden war. Nirgends stand die genaue Anschrift seiner Berghütte, ja nicht einmal die Straße war genannt. O’Connor hatte die Adresse in seinen Notizen, da er sie damals beim Grundbuchamt erfragt hatte. Doch sie war nie in der Zeitung erschienen.
Sämtliche noch vorhandenen Zweifel, ob die mysteriöse Frau Betty Bradford war, waren damit geschwunden.
     
    Ich stellte ein paar telefonische Recherchen an, um herauszufinden, ob Ian Yeager einen Tauchschein besaß, als O’Connor mir mitteilte, dass Lefebvre auf der anderen Leitung sei und mich sprechen wolle. Ich nahm den Anruf entgegen.
    »Ich bin gerade im Büro von Ihrem Freund O’Malley auf der Baustelle. Vielleicht möchten Sie ja rauskommen zur Farm«, sagte Lefebvre. »Bringen Sie O’Connor mit, wenn Sie wollen.«
    Ich sagte ihm, wir würden uns gleich auf den Weg machen.
    Bevor wir gingen, rief Max an. O’Connor verdrehte die Augen, als ich ihm zu verstehen gab, dass ich ungestört telefonieren wollte, doch schließlich trollte er sich.
    »Hast du Lust, Griffin Baers altes Haus von innen zu besichtigen?«, fragte Max.
    »Und wie. Aber es ist letztes Wochenende verkauft worden.«
    »Ich weiß. Ich

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