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Totenverse (German Edition)

Totenverse (German Edition)

Titel: Totenverse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoë Ferraris
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als wir da waren«, warf Majdi ein, »aber anscheinend waren die Kameras schon länger kaputt.«
    Osama und Majdi wechselten einen Blick, der besagte: Das ist schon fast lächerlich verdächtig .
    Draußen auf dem Flur winkte einer der Sonderermittler Osama herauszukommen. Er wandte sich zur Tür. »Majdi«, sagte er über die Schulter, »rufen Sie mich sofort an, wenn Sie was über diesen Mabus rausgefunden haben.« Dann ging er, ohne Katya auch nur eines Blickes zu würdigen.

26
     
    Nayir wurde vom Klingeln seines Handys geweckt. Er rollte sich im Bett herum und sah auf die Uhr: 6:45. Er hatte den Ruf zum Gebet verschlafen. Leise fluchend nahm er den Anruf entgegen.
    »Mr Sharqi?«, meldete sich eine amerikanische Frauenstimme. Er setzte sich auf.
    »Ja«, sagte er. Er wusste nie, wie man sich mit Ausländern am Telefon höflich verhielt.
    »Entschuldigen Sie die Störung«, sagte sie. »Ich hab nur … ich dachte … ich bin die Frau, mit der Sie gestern gesprochen haben.«
    »Ja, Mrs Walker, ich erinnere mich an Sie.«
    »Oh, gut«, sagte sie. »Ich rufe an, weil ich etwas herausgefunden habe. Die Anschrift von Mr Nabih, die ich Ihnen gestern gegeben habe, die stimmt nicht mehr. Ich hab mich bei meinen Nachbarn erkundigt, und die haben gesagt, dass er jetzt in Dubai lebt. Schon ziemlich lange.«
    »Ach so.« Das war eine schlechte Nachricht für Katya – eine Enttäuschung, eine Sackgasse. »Danke für den Anruf.«
    »Da ist noch was«, sagte sie hastig. »Es gibt einen Verwalter, der sich hier um das Haus kümmert. Ich hab seine Adresse, falls es Sie interessiert. Vielleicht weiß er ja mehr über Mr Nabih.«
    Nayir ließ sich Namen und Adresse geben und spürte dabei Miriam Walkers Nervosität. Er hatte den Impuls, sie davor zu warnen, dass die Polizei mit weiteren Fragen bei ihr auftauchen könnte, aber irgendwie fand er nicht die richtigen Worte. Schließlich wollte er ihr keine Angst machen.
    »Vielen Dank noch mal«, sagte er schließlich.
    »Gern geschehen.«
    »Mrs Walker«, sagte er. »Haben Sie Ihren Mann inzwischen gefunden?«
    Sie zögerte kurz. »Nein. Und ich habe nicht noch einmal im Konsulat angerufen, falls das Ihre nächste Frage wäre.«
    »Darf ich fragen, warum?«
    Sie seufzte ganz leise. »Ich denke, wenn sie ihn gefunden hätten, würden sie mich anrufen. Wissen Sie, so was Ähnliches ist früher schon passiert. Einmal hat ihn die Religionspolizei aufgegriffen, und ein anderes Mal hatte er irgendwo draußen eine Autopanne, wo sein Handy nicht funktionierte. Ich finde es einfach sinnlos, das Konsulat jeden Tag anzurufen. Ich meine, die Leute da tun doch ohnehin schon, was sie können.«
    »Möglicherweise würde es sie noch mehr motivieren«, sagte er, doch noch während er den Satz aussprach, hatte er selbst das Gefühl, dass es eine leere Phrase war.
    »Darf ich Sie vielleicht um einen Gefallen bitten?«, fragte sie.
    »Ja«, antwortete er automatisch.
    »Wären Sie so nett, mich abzuholen und wohin zu fahren? Ich weiß, es ist eine große Bitte, aber ich muss zu einer Adresse hier in der Stadt – und das Taxiunternehmen ist komplett ausgebucht.«
    Intuitiv wollte er nichts lieber tun als Ja sagen, natürlich tu ich Ihnen den Gefallen. Aber gleichzeitig drehte sich ihm bei dem Gedanken der Magen um. Es war eine Sache, mit Katya allein im Auto zu sein. Katya war … Nun, wo war der Unterschied? Dass er mehr für Katya empfand? Dass er sie länger kannte? Dass sie Muslimin war? Als es damals losging, dass sie sich öfter trafen, war sie mit einem anderen verlobt gewesen. Plötzlich wurde ihm klar, dass er in eine Falle getappt war, indem er sich eingeredet hatte, es sei in Ordnung, mit Katya zusammen zu sein, obwohl sie nicht verheiratet waren. Wenn er sich das bei einer Frau gestattete, was sollte ihn daran hindern, das auch bei einer anderen zu tun?
    Sie redete immer noch. »Aber falls Sie zu weit weg sind, würde ich natürlich verstehen, wenn Sie …«
    »Ich hole Sie gern ab«, hörte er sich sagen. »Sind Sie zu Hause?«
    »Ja.«
    »Dann bin ich in zwanzig Minuten bei Ihnen«, sagte er.
    Die Fahrt dauerte nicht so lange, aber immerhin lang genug für eine quälende Abfolge von Gedanken, die ihn zu den Schlüssen führten, dass er Katya nicht anrufen würde, dass er Katya anrufen würde (aber später), dass Miriam offensichtlich seine Hilfe brauchte und er sich unter dem Vorwand mit ihr traf, bei der Suche nach ihrem Mann behilflich zu sein, während er insgeheim hoffte,

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