Totenwache - Thriller
eine mitgebracht.« Dann fingen sie an zu lachen und stießen sich mit den Ellbogen an.
»Wie wär’s, wenn ihr mal eine kleine Pause einlegt?«, sagte einer der Männer. »Sonst tauen unsere tiefgefrorenen Freunde noch auf.«
Riley war knallrot angelaufen - wie ein Schulmädchen, das mit seinem Freund hinter den Garderobeschränken erwischt wird. Sie fand das pubertäre Kichern ihrer Kollegen ohnehin schon ziemlich lächerlich, doch vor allem ärgerte sie sich darüber, dass sie ihren hart erarbeiteten Status fürs Erste wieder los war. Aber ihr blieb nun mal keine andere Wahl, als ihre Rolle zu Ende zu spielen.
»Wir sind hier gleich fertig«, erklärte sie.
»Was du nicht sagst«, flüsterte einer der Assistenten.
»Würdet ihr jetzt bitte …? Und macht gefälligst die Tür hinter euch zu.«
Die Tür schloss sich, und das Lachen draußen war plötzlich nicht mehr zu hören.
Riley sah Nick an, streifte ihren Handschuh ab und betastete mit dem Zeigefinger ihre Lippen.
»Nun ja«, sagte Nick. »Das nenne ich professionelle Arbeit.«
Nick trat hinter Riley in die Wohnung und folgte ihr zum Wohnzimmer. An der Tür blieb er stehen und inspizierte den Raum.
»Hübsche Wohnung«, sagte er. »Vielleicht ein bisschen spartanisch eingerichtet.«
»Ich wohne ja auch nicht mehr bei meiner Mama.«
»Autsch.«
Als Nick in den Raum trat, schob er die Hände tief in die Taschen - wie ein kleiner Junge, der Angst hat, er könnte etwas kaputtmachen. Dann blieb er mitten im Zimmer stehen und blickte sich um.
»Sie hätten mich ja unterwegs mit Ihrem Schlitten fast abgehängt«, sagte er. »Sie fahren aber ganz schön flott. Komisch, dass mich das nicht überrascht.«
»Wie hätte ich Sie denn aus den Augen verlieren sollen?«,
erwiderte Riley. »Ihre alte Kiste war doch ständig in eine Rauchwolke eingehüllt. Was fahren Sie da eigentlich?«
»Ein Auto«, sagte er.
»Aber was für ein Auto?«
Nick legte die Stirn in Falten. »Keine Ahnung.«
Riley ließ sich auf das Sofa sinken und zog die Beine unter den Körper. Dann richtete sie sich steif auf, verzog das Gesicht und massierte sich den unteren Rücken.
»Rückenprobleme?«, fragte Nick und nahm ihr gegenüber Platz.
»Zu lange auf den Beinen«, sagte sie. »Was war das eigentlich für eine dorsale Wunde? Ich hab davon ja kaum etwas mitbekommen.«
»Merkwürdige Geschichte. Sie haben gesagt, dass Lassiter als Todesursache eine Schussverletzung angegeben hat. War auf dem Totenschein noch von einer anderen Verletzung die Rede?«
»Nein.«
»Ist es üblich, dass ein Pathologe Verletzungen, die nicht unmittelbar zum Tod führen, einfach verschweigt?«
»Natürlich nicht. Ein guter Pathologe interessiert sich nicht allein für die Todesursache als solche, sondern vor allem für die Begleitumstände. Dass die Leiche eine weitere Verletzung aufweist, ist schon für sich genommen ein wichtiges Faktum. Nur ein absolut miserabler Pathologe würde so etwas einfach übergehen.«
»Schon mal gehört, dass Pathologen unter Medizinern nicht den besten Ruf genießen?«
Riley schüttelte den Kopf. »Ich glaube aber nicht, dass Dr. Lassiter ein schlechter Pathologe ist.«
Nick neigte sich ein wenig vor. »Und in welche Richtung geht dann der Verdacht, den Sie gegen ihn hegen, wenn ich mal so direkt fragen darf?«
Riley schwieg.
»Ja, ich weiß schon«, sagte Nick. »Darüber möchten Sie lieber nicht sprechen.«
Ein Lächeln huschte über Rileys Gesicht.
»Diese Wunde wirft drei Fragen auf«, sagte Nick. »Erstens sah sie nicht wie eine Verletzung aus, sondern wie ein Schnitt. Für eine Verletzung waren die Wundränder viel zu gleichmäßig. Zweitens war die Wunde vernäht - nicht chirurgisch perfekt wie im Krankenhaus, sondern so, wie man das nach einer Autopsie macht. Bloß eine grobe Naht, die das Gewebe notdürftig zusammenhält. Und schließlich noch: Dr. Lassiter kann den Schnitt unmöglich selbst vorgenommen haben.«
»Woher wissen Sie das?«
»Weil wir in der Wunde Larven gefunden haben - eine ist unten in den Sack gefallen, und dann habe ich noch zwei weitere intakte Maden entdeckt. Hätte Lassiter den Schnitt bei der Obduktion gemacht, dann hätten wir an den Wundrändern keine Maden gefunden.«
»Und wenn die Maden dort einfach hingekrochen sind - egal ob von weiter oben oder von unten?«
»Ausgeschlossen. Außer den drei Maden haben wir nur ungeschlüpfte Eier in der Mundhöhle gefunden. Aber selbst wenn an der Leiche noch weitere Maden zu
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