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Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Totenzimmer: Thriller (German Edition)

Titel: Totenzimmer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
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Brand zu stecken, einfach um eine Reaktion zu provozieren, die nicht zu seiner Bibliotheksaura passte.
    Poul nickte und stand wütend auf.
Er ist so ein hübscher Mann
, zwitscherte Ruth immer,
unglaublich fit
. Ich hingegen musste bei seinem Anblick immer nur an einen Ball denken, der ohne irgendeinen Nutzen auf dem Boden herumhüpfte. Aber Ruth fand auch Schweinebacke bezaubernd, und der hatte die Angewohnheit, auf betäubte Schweine zu schießen, um den Einfluss der Projektile auf das Gewebe zu studieren.
    »Ich habe die Leiche schon herausgeholt«, sagte Poul. »Ich bringe sie jetzt gleich nach oben in den Obduktionssaal.«
    Ich betrachtete meine Hände. Sie schwitzten. Wie mein ganzer Körper. Ich war eine große Chemiefabrik kurz vor der Explosion.
    Eilig lief ich zurück in mein Büro, ließ mich auf meinen Stuhl fallen und griff gerade wieder nach dem Bericht, als es leise an der Tür klopfte und Linda mit einem halben Liter Cola und zwei Sandwiches in der Hand ins Zimmer trat. Thunfisch und Salami.
    »Das Wechselgeld liegt in der Tüte«, sagte sie. Sie wusste ganz genau, dass ich lieber Käse und Schinken hatte. Vermutlich hatte sie das mit Absicht getan.
    Die Kolleginnen hier am Institut gehörten nicht gerade zu meinem Fanclub, auch wenn Ruths honigtriefender Mund immer das Gegenteil verkündete.
    »Danke«, sagte ich, nahm ihr die Tüte ab und sah sie ohne zu lächeln an, bis sie wieder verschwunden war.
    Ich schlang das Salamisandwich wie ein Tier hinunter, spülte mit der Cola nach und rundete alles in Windeseile und ohne jeden Genuss mit dem Thunfischsandwich ab. Meinem Magen ging es aber bereits besser, und ich hoffte darauf, dass auch der Rest von mir in naher Zukunft die gleiche Entwicklung durchmachte. Wartend starrte ich auf den Polizeibericht, aber nichts geschah. Stattdessen klingelte mein Handy. Es war Großvater. Nicht jetzt, alter Freund, dachte ich und drückte den Anruf weg.
    Dann klingelte es unten an der Tür. Ich wusste genau, wer das war, hastete ans Fenster, tankte in einigen eiligen, unbefriedigenden Zügen Nikotin, während sich eine der Sekretärinnen erbarmte und die Männer hereinließ.
    Als ich kurz darauf Schritte vor meiner Tür hörte, öffnete ich und ließ den kleinen und den großen John eintreten, während ich mit der Zunge letzte Thunfischstückchen zwischen meinen immer freier liegenden Zahnhälsen hervorpulte.
    »Darf man hier rauchen?« Der große John sah aufrichtig überrascht aus, als suchte er nach einem »Rauchen erlaubt«-Schild.
    »N-nein«, antwortete ich und wunderte mich. Wie hatte er das riechen können, ich hatte doch aus dem Fenster geraucht.
    »Und? Haben Sie Ihren Kaffee bekommen?«, fragte der kleine John lächelnd.
    »Ja, hier in der Bibliothek gibt es Kaffee«, sagte ich und versuchte sein Lächeln zu erwidern. Ein bisschen, wenigstens. Zwei Dinge kamen mir beinahe zeitgleich mitten im Lächeln in den Sinn: zum einen, dass er mein Sohn sein könnte, zum anderen, dass er mich niemals in einem Park vergewaltigen würde. Ich drehte den Kopf zum Fenster und verbarg meine Gedanken hinter einem abwesenden Blick.
    »Wir haben an der Tankstelle eine Tasse getrunken«, sagte der große John. »Wir halten noch ein bisschen durch.« Sie stellten die Kamerakoffer auf den Boden.
    »Es wird eine ziemliche Schweinerei geben«, sagte ich und versuchte ein Stück Salami zwischen zwei Zähnen wegzusaugen. »Also ziehen wir lieber die Kittel an.«
    Bald darauf standen wir in dem geräumigen Obduktionssaal mit der hohen Decke, in dem sämtliche Mordobduktionen durchgeführt wurden. Es gab genug Platz für alle, und sogar im Sommer war der Geruch hier nicht so belastend wie in dem nebenan liegenden kleineren und deutlich niedrigeren Obduktionssaal. Trotzdem roch es. Es roch immer. In beiden Obduktionssälen Odenses wie auch in allen sieben Sälen des Kopenhagener Instituts oder in jedem anderen Obduktionssaal auf der Welt.
    Die anderen behaupteten, nichts riechen zu können, bei mir aber war das anders. Der Gestank versteckte sich hinter den Desinfektionsmitteln, schwach, aber unverkennbar. Ich hatte einmal gehört, dass Leichengeruch sich mit Fett verbindet und so auch in den Kleidern hängenbleibt. Vielleicht, dachte ich, müsste man immer alles putzen, die Wände, die Decken, die Armaturen, und das jeden Tag, um den Geruch wirklich ganz zu beseitigen.
    Die doppelten Johns zogen sich die blauen Füßlinge an, bevor sie in den Saal gingen, und Poul reichte ihnen Hauben,

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