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Toter Mann

Toter Mann

Titel: Toter Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Dickicht keine Trampelpfade entdecken, die zum Wasser führten.
    Beim Abstieg stolperte er über eine Wurzel und musste sich mit der Hand am Boden abstützen. Ein Schmerz durchzuckte sein Handgelenk. Scheiße. Er war mit dem ganzen Körpergewicht auf der Hand gelandet. Er richtete sich auf und massierte das Handgelenk. Der Schmerz verebbte langsam, wie die Dunkelheit über ihm. Die Dämmerung zog herauf. Vorsichtig ging Winter das letzte Stück bis zu der Lichtung oberhalb der Bönekällan. Er bog nach links ab und kämpfte sich durch ein Dickicht. Bis zu dem Haus waren es vierzig, fünfzig Meter. Der Schuppen, das Haus, die Bruchbude. Sie war schwarz, genauso schwarz wie der Tümpel und der Dschungel. Er prüfte die Tür. Abgeschlossen. Er konnte sich nicht erinnern, wem die Bretterbude gehörte, vielleicht hatte er es in den alten Ermittlungen gelesen. Womöglich hatte einmal jemand darin gewohnt, aber jetzt sah sie mehr aus wie ein Geräteschuppen. Er trat an eins der beiden Fenster auf der Vorderseite und drückte das Gesicht gegen die Scheibe. Sie war angenehm kühl an seiner Stirn. Er widerstand dem Impuls, seine Hand an die Scheibe zu legen. Er spürte den Schmerz im Handgelenk, aber so minimal, als würde er bald ganz abklingen. Gebrochen war nichts, allenfalls verstaucht. Es war die linke Hand. Er hatte ja noch die rechte.
    Im Haus war es dunkel. Er nahm Konturen von Möbeln wahr, einem Stuhl, vielleicht einem Tisch. Details waren nicht zu erkennen, links ein schwarzes Rechteck auf dem Fußboden, schwarz auf schwarz. Silhouetten, die Bettpfosten sein mussten, zeichneten sich darin ab. Ein antikes Bett. Rechts war ein Fenster, durch das schwaches Licht sickerte. Die Dämmerung kam jetzt schnell, als hätte sie sich endlich entschieden. Die Nacht war lang gewesen. Der Kaffee auf dem Schiff und die Meeresluft hatten ihn für eine Weile belebt. Aber nun spürte er die Folgen der Nachtwache und der schwindelerregenden Ereignisse. Er versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. Er kam sich blöd vor, den Mund aufzureißen und zu gähnen, während er das Gesicht gegen eine Fensterscheibe drückte. Das Glas war noch immer angenehm kühl an seiner Stirn. Durch das Fenster auf der gegenüberliegenden Seite sah er nur Felsen, als wäre der Berg an das Haus herangerutscht. Der Schuppen war offenbar nah an einer Bergwand errichtet worden, vielleicht zum Schutz gegen den Wind. Der Abstand zwischen Fels und Hauswand konnte nur wenige Zentimeter betragen. Plötzlich flammte ein brennender Strahl auf, der sich einen Weg entlang des Felsens suchte. Er glühte wie Gold auf Silber. Schräg über dem Berg war die Sonne aufgegangen. Winter folgte der Bahn ihrer Strahlen mit den Augen. Sie trafen den Stuhl, dessen Konturen er schon vorher erkannt hatte. Den Tisch, es war ein Tisch. Langsam bewegte sich das brennende Licht über den Fußboden, als die Sonne hoch genug stand und diesen Ort beleuchtete, den westlichsten des ganzen Landes.
    Der Fußboden im Haus war aus Holz und schimmerte bernsteinfarben. Das Licht traf einen der Bettpfosten, der geformt war wie ein Zwiebelturm aus einem fremden Land weiter östlich. Das Licht traf den zweiten Pfosten. Winter sah den unteren Teil des Bettes. Der Strahl glitt über das Bett.
    Winter erblickte den Mann, der im Bett lag.
    Er zuckte zusammen und schlug mit der Stirn gegen die Fensterscheibe. Mit einem Schlag kehrten die Schmerzen im Handgelenk zurück. Die Scheibe war nicht kaputtgegangen. Er hielt noch immer das Gesicht dagegengepresst.
    Der Mann blickte ihm direkt in die Augen. Es war Jan Richardsson.
    Er lag regungslos wie ein Toter da, aber er war nicht tot. Die Arme hielt er an den Seiten ausgestreckt. Er blinzelte, ließ Winter jedoch nicht aus den Augen.
    Die ganze Zeit muss er so gelegen und mich beobachtet haben. Er hat mich gesehen, aber ich habe ihn nicht bemerkt. Er hat gehofft, ich würde wieder gehen. Was ich auch getan hätte, wenn nicht in diesem Moment die Sonne aufgegangen wäre.
    Richardsson rührte sich noch immer nicht. Winter konnte keine Stricke oder Ketten erkennen. Er hob seine zitternde Hand und machte eine Geste. Die Tür. Öffne die Tür. Winter hielt bereits seine SIG Sauer in der Rechten. Richardsson drehte den Kopf, schaute zur Seite. Die Tür. Er richtete sich auf und schwang die Beine über die Bettkante, stellte sich hin, schwankte, gewann sein Gleichgewicht wieder. Er sah Winter an, der zur Tür zeigte. Richardsson nickte und verschwand aus Winters

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