Totgelebt (German Edition)
„normalen“ Leben“, setze er hinzu, „weniger Gleichgesinnte treffen, zum Beispiel Homosexuelle und so.“
Paula bemerkte, dass er in seinen Formulierungen und seiner Wortwahl vorsichtiger wurde, er wollte gegenüber Paula nichts Falsches sagen.
„Ist schon ok ay , das gefällt mir, erzähl weiter.“, ermunterte sie Max zum weiterreden.
„Wie gesagt“, griff er den Faden wieder auf, „Ich denke, dass viele Randgruppen Gleichgesinnte im Internet suchen, da man dort ganz gezielt nach den gewünschten gemeinsamen Kriterien suchen kann und alles zunächst einmal komplett anonym vonstatten geht. Das sind zwei große Vorteile: Zielgerichtete Suche und Anonymität.“
Paula dachte den Gedanken weiter. „Ich glaube nicht, dass Lotte oder Leon homosexuell gewesen sind, dafür gibt es keine Anzeichen, keinen Anhaltspunkt. Also, was denkst du, gibt es noch weitere Randgruppen ? W elche fallen dir noch ein ? Vielleicht Recht s radikale, Leute mit speziellen Krankheiten, die nach Heilungsmethoden suchen.“
„Das scheidet auch aus, die beiden waren komplett gesund, und recht s radikal waren sie wohl auch nicht. Wir müssen den gemeinsamen Nenner der beiden haben und dann haben wir eventuell auch die Plattform, auf der sie einander begegnet sein könnten oder zumindest beide dem Dritten begegnet sein könnten.“ Max trank von seinem neuen Bier und aß dazu ein paar Nachos. Dann sagte er langsam „Der gemeinsame Nenner ist der Selbstmord. Ohne Frage, darüber müssen wir nachdenken.“
Paula verinnerlichte die Worte von Max, sie dachte darüber nach. „Du hast r echt, wir müssen da Morgen ansetzen, wenn wir denn wieder Zugang zu den Datenbanken haben“, setz t e Paula hinzu. Sie schaute auf ihre Uhr und signalisierte Max, dass sie langsam aufbrechen wollte. Max leerte sein Bier in einem Schluck und erhob sich. Gemeinsam verließen sie die Kneipe. Max nahm Paula zum Abschied kurz in den Arm. Er hatte offensichtlich ein Bier zu viel getrunken. Er schwankte leicht, wirkte ansonsten aber noch recht klar. „Wir sehen uns Morgen früh in alter Frische. Denk dran, ich komme ein bisschen später, da ich meine Ausweise neu beantragen muss. Und bestell Anne einen lieben Gruß von mir, ja?“ Bevor Paula reagieren konnte, setze er sich schon in Gang und lief mit großen Schritten eilig davon „Komm gut nach Hause“, konnte Paula ihm gerade noch nachrufen. Sie ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie Anne diese schönen Grüße ihres Kollegen bestimmt nicht ausrichten würde. Mein Gott bist du kindisch, versuchte sie sich selbst zur Ordnung zu rufen. Versuche mal einen klaren Kopf zu bekommen. Bist du wirklich eifersüchtig auf deinen Kollegen und deine Freundin? Was soll das denn nur? Du reagierst ja überhaupt nicht mehr normal, du kannst keinen klaren Gedanken mehr fassen. Du gehst immer nur vom schlimmsten aus, du sieht immer alles schwarz. „Du stehst dir immer selbst im Weg“, hört sie in Gedanken Anne sagen. Durch dieses Verhalten mache ich noch alles kaputt. Trotzdem wusste sie, dass sie Anne keine Grüße von Max ausrichten würde. Nachdenklich schloss sie ihre Autotür auf, stieg ein, startete den Wagen und fuhr los.
Nachdem sie den Block zweimal umfahren hatte, fand sie schließlich einen Parkplatz direkt vor ihrer Türe. Sie ärgerte sich kurz, dass sie trotz Anwohnerparkausweis grundsätzlich nie auf Anhieb einen Parkplatz fand. Aber Garagen waren auch Mangelware. Dann stieg sie aus, schloss die Haustüre auf, nahm zwei Treppenstufen auf einmal und stand vor ihrer Wohnungstür. Dort blieb sie eine Sekunde stehen und versuchte ihr Gesicht entspannt aussehen zu lassen. Lass dir nichts von deiner Stimmung anmerken, sagte sie zu sich selbst, verdirb nicht wieder alles. Dann schloss sie die Türe auf.
Anne hatte den Schlüssel gehört und stand direkt hinter der Türe, nahm Paula in den Arm und küsste sie zur Begrüßung, dann verzog sie das Gesicht „Du riechst nach Bier.“, sagte sie lachend.
„Das kommt bestimmt daher, weil ich ein Bier getrunken habe“, neckte Paula ihre Freundin. „Ich gehe schnell d uschen, dann komme ich zu d ir . “
Während Paula unter der Dusche stand, gesellte sich Anne zu ihrer Freundin, sie setzte sich auf den Toilettendeckel. „Deine Mutter hat angerufen, du sollst sie mal zurückrufen. Und deine Schwester hat auch angerufen, ob es dabei bleibt, dass wir am Wochenende mit Fynn in den Zoo gehen. Davon wusste ich gar nichts.“
Zumindest klang das nicht
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