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Totgelebt (German Edition)

Totgelebt (German Edition)

Titel: Totgelebt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Hagemann
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Sätze wie „ Nächs te Woche bin ich endlich weg, i ch gehe .“ in seinen Ohren, „ ich gehe “, „ ich gehe “, und er schaute tatenlos zu. Max hämmerte mit der Faust gegen die Wand. Dann schaltete er das Wasser ab und stieg aus der Dusche. Ohne sich abzutrocknen lief er nackt und nass ins Wohnzimmer und öffnete eine Flasche Wein. Er schüttelte seine Haare, nahm dann einen großen Schluck direkt aus der Flasche. Sein Handy klingelte. Nicht jetzt, dache er und ignorierte das Klingeln. Er schloss die Wohnzimmertüre hinter sich und legte Musik auf. Seine Haut fühlte sich immer noch feucht vom Duschen an, er beobachtete, wie Wassertropfen seinen Bauch hinunter rannen, wie die Sp u r immer dünner wurde und dann versiegte. Er legte sich nackt auf die Couch und spürte das kalte Leder unter sich. Er sah, wie das Leder langsam die Feuchtigkeit seines Körpers aufsog. Er stellte die Weinflasche neben der Couch auf den Boden ab. Nahm sie wieder zur Hand. Nach und nach, Schluck um Schluck leerte er die Flasche und mit jedem Schluck entspannte er sich ein wenig , seine Gedanken verliefen sich, ließen Platz für anderes außer Tod, Trauer, Einsamkeit und Schmerz. Er versuchte einen Punkt an der Decke zu fixieren und es gelang ihm nicht, immer wieder schweifte sein Blick ab. Er war betrunken. Er hatte das Gefühl, dass die Couch sich bewegt e , leicht kreist e . Er hielt sich am Polster fest. Plötzlich, ohne Ankündigung, ohne dass er es hätte verhindern können, rannen ihm Tränen über das Gesicht. Er rieb sich wieder die müden Augen, versuchte die neuen, sich den Weg bahnenden Tränen wegzuwischen. Doch er bewirkte das Gegenteil, er konnte die Tränen nun nicht mehr zurück halten. Max hatte das Gefühl völlig leer zu sein, sämtliche Gefühle, die bis eben in ihm lauerten, wurden heraus gespült . Er befreite sich von dem Geruch des Todes . Irgendwann schlief Max erschöpft mit der Wein flasche im Arm ein.
     

32. Kapitel
     
    Eine Stunde lang schlich er um den PC herum, setz t e sich auf einen Stuhl davor. Stand wieder auf. Berühr t e sanft den Monitor, fast zärtlich strich er mit dem Finger über die Tastatur. Dann verharrte er einige Minuten vor seinem Computer, unschlüssig. Er starrte auf den Computer, seine Nervosität stieg, dann setz t e er sich wieder, dieses Mal entschlossener. „Scheiß drauf“, beschwichtigte er sich selber. Er zögerte noch ein paar Minuten, kratz t e sich gedankenverloren am Bein, schaltete den PC ein und grinste. Er summte leise vor sich hin, versuchte sich zu beruhigen, seine Anspannung im Zaum zu h alten. E r verfiel in einen seltsamen Singsang, „Heute oder morgen “, sang er, „ich werde es e uch allen besorgen.“, jetzt lachte er laut auf. Ihr wartet doch schon auf mich, oder ? I hr habt mich bestimmt schon vermisst. Ihr könnt ohne mich gar nicht mehr leben, und sterben könnt ihr ohne mich erst recht nicht. Er scho b sein Hosenbein hoch, seine Wunde am Bein war inzwischen eitrig geworden. Sie nässte und sah gelblich aus. Trotzdem begann er die Wund e erneut blutig zu kratzen, er nahm den Schmerz gar nicht wahr. Gierig verfolgte er, wie sein PC hochfuhr und er den Internet Explorer startete. Sein Mund wurde trocken, mehrfach fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen. Er konnte kaum Schlucken. Ihr bekommt was ihr wollt. Ich bin ja da. Ich hoffe, du bist auch da, du Auserwählte, du Todgeweihte.
     
    Liliane starrte aus dem Fenster, sie wusste gar nicht mehr wie lange sie schon so unbeweglich, starr und in Gedanken hier saß. Sie dreht e den Kopf, sie glaubte eine Bewegung auf dem Bildschirm wahrgenommen zu haben. Sie wartete, aber offenbar vergeblich. Sie hatte sich geirrt. Es tat sich nichts. Sie hatte fest damit gerechnet ihn heute Abend wieder zu treffen. Sie musste ihn wieder treffen, er war ihr einziger Ausweg, ihre Rettung, ihre einzige Hoffnung. All die ander e n redeten immer nur blödes Zeug, kamen sich wichtig vor wie sonst was, alles nur heiße Luft. Keiner von denen wird es je schaffen, je über s Herz bringen und die Wort e in die Tat umsetzen, keiner von denen wird sich wirklich umbringen. Niemand, da war sie sich ganz sicher. Aber einige aus dem Forum hatten es schon getan, das hatte sie gehört. Sie beneidete diese Leute, die hatten es schon geschafft. Und sie war ja nicht blöd, sie konnte ziemlich gut die Verbindung zu den Selbstmorden der letzten Wochen ziehen. Ein paar Andeutungen und sie wusste Bescheid. Ihr konnte niemand was vormachen.

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