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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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geht’s?”, fragte er.
    “Ich hoffe nur, ich bereue das nicht eines Tages”, stöhnte sie und zog ihn etwas näher an sich heran.
    Kennedy sah, wie Joe sich reckte, um sie besser sehen zu können, und schob Janice ein Stück weiter in die Menge der Tanzenden. “Jetzt sag schon.”
    “In der Nacht, als Reverend Barker verschwand, hab ich Clay gesehen. Er fuhr das Auto seines Stiefvaters.”
    “Wann war das?”
    “Spät. Sehr spät.”
    Kennedy stolperte und stürzte gegen sie. Anstatt weiterzutanzen, schob er sie zum anderen Ende der Tanzfläche, damit sie aus Joes Sichtfeld waren. “Kannst du das noch mal wiederholen, bitte?”
    “Du hast mich schon verstanden”, sagte sie.
    “Aber das kann gar nicht sein. Die Montgomerys behaupten doch, sie hätten Barker und sein Auto nicht mehr gesehen, nachdem er von der Kirche weggefahren war.”
    “Die einzige Familienangehörige, die in dieser Angelegenheit garantiert die Wahrheit sagen würde, war zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause, sondern bei einer Freundin, wie du weißt.”
    Er schaute sich um, weil er sichergehen musste, dass niemand sie hörte. “Bist du wirklich sicher, dass es Clay war?”
    “Ganz sicher.”
    Kennedy gefiel es gar nicht, dass sie das im Brustton der Überzeugung hervorbrachte. “Aber wieso?” Er fühlte sich plötzlich ganz schlecht.
    “Weil ich ihn
gesehen
habe. Ich kam ihm entgegen.”
    Kennedys Gedanken rasten, als er versuchte, die Bedeutung dieser Aussage für Grace und ihre Familie, für sich und seine Familie sowie die Vincellis und die ganze Stadt einzuordnen. “Wo genau?”
    “Auf der Gossett Road. Ich war auf dem Weg zurück in die Stadt. Er fuhr hinaus. Seine Mutter folgte ihm in diesem alten Ford, den sie damals hatte.”
    Kennedy schüttelte ungläubig den Kopf. Warum erzählte sie ihm das denn ausgerechnet jetzt? “Wieso hast du es damals niemandem gesagt?”
    “Ich war doch erst siebzehn.”
    “Ja und?”
    Sie murmelte etwas Unverständliches vor sich hin, und er sagte laut: “Wie bitte?”
    “Ich sagte, dass ich darüber nicht sprechen wollte, weil man mich sonst gefragt hätte, was ich an diesem Abend dort gemacht habe”, blaffte sie ihn an.
    Lou Bertrum drehte sich um und musterte sie erstaunt. Kennedy zog Janice in die hinterste Ecke des Lokals. “Und was hast du dort gemacht?”
    “Das sag ich nicht.”
    “Dazu ist es jetzt zu spät.”
    Sie stöhnte laut auf. “Na gut, wenn es sein muss. Ich kam von Lori Hendersen. Reicht das jetzt?”
    Lori Hendersen? Auch wenn er sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte, erinnerte Kennedy sich doch sofort an seine Geschichtslehrerin. Sie hatte einmal mit einigen Freunden aus Jackson eine Demonstration für die Rechte von Homosexuellen organisiert, die mitten durchs Stadtzentrum marschiert war. Wenig später wurde ihr Haus angezündet. “Oh”, sagte er, als ihm klar wurde, warum Janice so lange darüber geschwiegen hatte.
    “Ja, eben”, sagte sie. “Ich
konnte
keine Aussage machen. Es war schon nach Mitternacht. Meine Eltern wussten nicht mal, dass ich weggegangen war. Lori hätte ihren Job verloren. Dir muss ich ja nicht sagen, dass die Leute hier ziemlich nachtragend sind.” Sie senkte wieder die Stimme. “Sie hassen alles Andersartige. Außerdem wäre eine solche Beziehung zwischen Lehrerin und Schülerin auch heute noch verboten. Es ist jetzt dreizehn Jahre her, aber viel hat sich seitdem nicht geändert.”
    “Und warum erzählst du es dann
mir?”
Wenn er ehrlich war, wollte Kennedy das überhaupt gar nicht wissen. Er fühlte sich zu Grace hingezogen und wollte alles tun, um zu verhindern, dass ihr Leben zerstört wurde. Er hatte die Bibel vergraben, und er würde auch diese Neuigkeit an niemanden weitergeben.
    “Warum wohl?”, fragte sie barsch. “Weil ich dich warnen will. Es kann nämlich gut sein, dass die Vincellis recht haben mit ihren Vermutungen über das Verschwinden des Reverends. Was sonst sollte denn in dieser Nacht passiert sein? Clay fuhr aus der Stadt raus. Und seitdem wurde das Auto von Lee Barker nicht mehr gesehen.
Du
musst nur eins und eins zusammenzählen.”
    Hank Pew stieß von hinten gegen Kennedy und schleuderte ihn beinahe gegen Janice. Kennedy richtete sich auf und nickte, als Hank sich entschuldigte, um dann weiter zur Bar zu gehen.
    “Wem hast du das noch erzählt?”
    “Niemandem. Es
kann
niemand sonst wissen. Lori ist längst weggezogen, aber meine Eltern leben immer noch hier. Sie wünschen sich so sehr, dass

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