Totgeschwiegen
herum.”
“Er
lungerte herum.”
Sie zögerte, als sei sie versucht, ihre feindselige Haltung aufzugeben. Er hörte sie seufzen. “Trotzdem war es dumm, was du getan hast.”
“Vielen Dank”, sagte er und verzog das Gesicht. “Es hilft mir wirklich weiter, wenn du mir das auf die Nase bindest, was ich sowieso schon weiß.”
Sie antwortete nicht darauf. “Jedenfalls müssen wir etwas tun, um zu verhindern, dass die öffentliche Meinung sich gegen dich wendet.”
“Was können wir schon tun, außer die Wahrheit zu sagen? Er ist auf ihr Grundstück eingedrungen, hat Grace unflätig beschimpft, und ich habe ihn geschlagen. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.”
“Wir müssen beweisen, dass Grace nicht das ist, wofür alle sie halten. Dass sie missbraucht wurde, wie du mir erzählt hast. Dann wirst du als weißer Ritter dastehen, der die Wahrheit schon gesehen hat, als alle anderen noch dafür blind waren. Dann wird sie endlich den Respekt erfahren, den sie verdient, und …”
“Den Respekt, den sie verdient?”, unterbrach er sie. “Jetzt sag bloß, du hast deine Meinung geändert, liebe Mutter.”
“Jetzt hör aber auf, ja? Ich bemühe mich um Schadensbegrenzung. Wir werden Joe als den Bösen dastehen lassen.”
“Joe
ist
der Böse. Er ist ein vollkommen …” Kennedy drehte sich um. Heath und Teddy hörten immer noch zu, und so entschärfte er das, was er eigentlich hatte sagen wollen. “… unberechenbar. Aber das, was du vorschlägst, können wir nicht machen.”
“Warum nicht? Du hast mir doch erzählt, dass du Beweise hast?”
“Aber ich kann doch nicht Grace’ Leidensgeschichte dazu benutzen, mich in der Öffentlichkeit reinzuwaschen. Außerdem möchte sie natürlich nicht, dass das allgemein bekannt wird.”
“Aber es wäre doch nur gut für sie. Das, was ihr passiert ist, würde doch Mitleid erregen und ihr Sympathien einbringen.”
“
Nein!”
“Ich bin ja gern bereit, mich mit Grace anzufreunden, Kennedy, aber nicht um jeden Preis. Und außerdem müssen wir auf deinen Ruf achten.”
Draußen im Garten schaltete sich die automatische Bewässerungsanlage ein und spritzte Wasser gegen das Fenster, vor dem er stand. Kennedy sah zu, wie die Tropfen herunterrannen. “Wir haben wichtigere Probleme, um die wir uns kümmern müssen.”
“
Was ist wichtiger als deine Zukunft?”
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. “Meine Zukunft ergibt sich ganz von selbst. Wie geht es Dad?”
Sie hielt kurz inne. “Er wird sich schon wieder berappeln.”
“Kümmere dich um ihn, Mom.” Er hörte sich sehr ernst an. Er wollte nicht, dass die Entscheidungen, die er getroffen hatte, seine Eltern in dieser kritischen Phase in Mitleidenschaft zogen. “Ich pass schon auf mich auf.”
Er erwartete eine Antwort wie: “Das hast du in der letzten Zeit aber nicht gerade gut gemacht”, aber sie sagte nichts dergleichen.
“Ich weiß, dass es schwer für dich war, als du Raelynn verloren hast”, sagte sie. “Aber dein Vater wird es schaffen.”
“Ich muss jetzt los”, sagte er. “Ich muss in die Bank.” Er konnte sich schon sehr gut ausmalen, was das für ein Tag werden würde, wenn die Neuigkeit sich erst mal in der ganzen Stadt verbreitet hatte, aber es war wohl das Beste, er stellte sich den Tatsachen jetzt sofort. Es brachte nichts, mit seiner Mutter über den Tod zu sprechen. Wenn der Sensenmann unterwegs war, konnte man ihn nicht aufhalten.
“Bringst du die Jungs zu mir oder zu Grace?”, fragte sie.
Er drehte sich um. Teddy war gerade damit beschäftigt, sein Geld einzupacken. “Ich treffe mich nicht mehr mit Grace.”
“Aber was ist denn mit dem Feuerwerk heute Abend?”, rief Teddy dazwischen.
Kennedy legt eine Hand über den Hörer. “Sie geht mit ihrer Schwester hin. Ihr werdet sie dort sehen.”
“Nein!”, riefen die Jungs gleichzeitig aus.
Kennedy hob den Arm, um sie zum Schweigen zu bringen. “Ich werdet sie sehen, ich verspreche es euch.”
“Ist es nicht ein bisschen spät, um sich von Grace loszusagen?”, fragte seine Mutter.
Ihm fiel wieder ein, was Janice ihm erzählt hatte, und er fragte sich, wo Clay wohl den Wagen von Lee Barker versteckt hatte. “Es hat sich leider so ergeben”, antwortete er.
Camille Archer saß auf dem Sofa in ihrem Wohnzimmer gegenüber von ihrem Mann, der auf der anderen Seite des Couchtischs Platz genommen hatte und an der Tasse mit grünem Tee nippte, den sie ihm zubereitet hatte. “Was hältst du davon?”, fragte
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