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Totgeschwiegen

Totgeschwiegen

Titel: Totgeschwiegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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gegen halb neun aus der Stadt gefahren ist.”
    “Sie glaubt, ein Auto gesehen zu haben, das wie seins aussah. Das ist was anderes.” Im Schattenspiel des Feuers wirkte sein Grinsen düster und bösartig. “Und Bonnie Ray Simpson, eure Nachbarin, hat gesehen, wie er gegen neun oder zehn Uhr seinen Wagen in der Auffahrt geparkt hatte.”
    “Bonnie Ray ist Alkoholikerin.”
    “Aber das muss ja nicht bedeuten, dass sie seinen Wagen nicht gesehen hat.”
    Grace lehnte sich zurück und bemühte sich, Gelassenheit auszustrahlen. “Er ist aber nie nach Hause gekommen. Nur meine Mutter kam zurück.”
    “Wann war das?”
    “Um neun. Sie war bei der Chorprobe bei Ruby Bradford.”
    “Und sie hat ihn nicht gesehen?”
    “Das weißt du doch. Ich sagte doch, dass er nicht nach Hause gekommen ist.”
    Joe ließ sich zurückfallen. “Mein Gott, macht dich das denn nicht verrückt, Grace?”
    Sie nahm wieder einen Schluck Wasser und sah ihn über den Rand des Bechers hinweg an. “Was?”
    “Die Ungewissheit.”
    “Ich habe mich damit abgefunden”, log sie. Es war ihr gelungen, einige der Geschehnisse in jener Nacht aus ihrem Gedächtnis zu verbannen – das, was passiert war, nachdem ihr Stiefvater Molly ausgeschlossen hatte, und bevor ihre Mutter nach Hause kam. Aber noch immer konnte sie sich an zu viel erinnern.
    “Du scheinst dir ja ziemlich sicher zu sein, dass dieses Geheimnis nie aufgeklärt wird”, sagte Joe und schnalzte mit der Zunge. “Weißt du vielleicht etwas, das wir nicht wissen?”
    Sie erinnerte sich daran, wie Clay kurz nach ihrer Mutter nach Hause kam, hörte die Schreie und das schreckliche Geräusch von Faustschlägen. “Das hast du mich doch eben schon gefragt. Glaubst du, meine Antwort ändert sich?”
    “Könnte sein.”
    “Könnte, ja, aber das wird bestimmt nicht passieren, mach dir keine Hoffnungen.”
    Er schaute sie einen Moment lang argwöhnisch an. “Deine Mutter hatte ein blaues Auge am Tag nach dem Verschwinden deines Vaters. Und Clay hatte eine aufgeplatzte Lippe.”
    “Clay hat sich einen Teller aus dem Schrank geholt und sie dabei versehentlich mit dem Ellbogen am Auge erwischt. Und als er sich dann nach unten gebeugt hat, um nachzusehen, was geschehen war, hob sie plötzlich den Kopf und traf ihn am Mund.” Es hatte noch mehr Verletzungen gegeben, aber die hatten sie glücklicherweise kaschieren können.
    “Bist du sicher?”
    “Glaubst du etwa, dass dein Onkel, der Mann der Kirche, den alle so schätzten, seine Frau schlug? Oder dass er sich mit seinem Stiefsohn geprügelt hat?”
    Joe grinste verschlagen und trank seinen Becher mit Whisky aus. “Vielleicht hat ihn ja jemand provoziert.”
    “Dazu war er doch viel zu nett und freundlich.”
    Der Reißverschluss des Zeltes ertönte und signalisierte ihnen, dass Kennedy wieder zurück war.
    “Was glaubst du, Kennedy?”, fragte Joe, während er seinen Becher auf den Boden stellte.
    “Ich glaube, du hast ein bisschen zu viel getrunken. Wollen wir nicht lieber schlafen gehen?”
    “Jetzt wird es doch gerade erst interessant.” Joe rieb sich über die Bartstoppeln an seinem Kinn. “Erzähl mir, was du glaubst, was mit ihm passiert ist, Grace, ganz ehrlich.”
    “Das reicht jetzt, Joe”, sagte Kennedy. “Sie möchte nicht darüber reden.”
    “Ich habe
sie
gefragt, nicht dich.”
    Kennedy wirbelte herum. “Ist mir egal. Lass sie in Ruhe.”
    Grace hielt die Luft an. Mit dieser plötzlichen Spannung zwischen den beiden Freunden hatte sie nicht gerechnet. Joe warf ihr einen missgünstigen Blick zu. “Wie es scheint, bist du ja ganz schön aufgestiegen.”
    “Was meinst du denn damit?”, fragte sie.
    “Nichts.”
    Etwas war in Bewegung geraten an dem Tag, als sie nach Stillwater zurückgekommen war – wie ein Stein, der sich am Abhang gelöst hat und nun immer schneller ins Tal rollte. Wenn sie ihm nicht Einhalt gebot, würde er sie erschlagen. “Was willst du eigentlich von mir?”, fragte sie ruhig.
    “Du weißt doch, was ich will. Die Wahrheit. Und ich will, dass Kennedy sie hört.”
    “Joe …”, sagte Kennedy.
    Grace hob eine Hand. Sie wollte nicht zwischen Kennedy und seinem alten Freund stehen. Wenn sie Stillwater verließ, sollte sein Leben noch genauso perfekt sein wie am Tag ihrer Ankunft. “Lass ihn. Er hat mir doch gar nichts getan”, sagte sie und ging zu ihrem Zelt. Jetzt war sie noch überzeugter davon, dass sie die Überreste ihres Stiefvaters wegbringen mussten. Sie mussten sie tief im

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