Totgeschwiegen
gefallen. “Mit was für einem Kennedy denn?”
Irene stützte sie. “Sie kennen doch Kennedy Archer. Seine Mutter ist gut mit Ihnen bekannt.”
Fran sah bestürzt aus. “Das kann doch nicht sein”, stieß sie hervor.
“Doch, ganz bestimmt. Sie sind zusammen übers Wochenende weggefahren.”
“Wer sagt das?”
“Na, er selbst. Fragen Sie ihn doch.”
“Ich denke, das werde ich wohl tun.”
Irene lachte leise vor sich hin, als sie sah, wie Fran mit ihrem Einkaufswagen beinahe eine Dosenpyramide umfuhr, weil sie es so eilig hatte, aus dem Supermarkt zu kommen. “Einen schönen Tag noch!”, rief sie ihr nach.
Fran würde jetzt ganz bestimmt
einige
Anrufe tätigen. Aber Irene war es nur recht, wenn sie es in der ganzen Stadt herumerzählte. Am liebsten wäre ihr, Fran würde zu allererst Kennedys Mutter anrufen. Der zukünftige Bürgermeister von Stillwater hatte Grace zum Zelten mitgenommen, sogar seine Söhne waren dabei, und das deutete auf seine ernsten Absichten hin, daran gab es nichts zu deuteln.
“Und was darf es für Sie sein?”, fragte die Bedienung hinterm Tresen.
Irene lächelte breit und trat an die Verkaufstheke. “Ich glaube, ich zerbreche mir heute mal nicht den Kopf über Kalorien, sondern nehme ein schönes großes Sandwich mit viel Soße drauf.”
Am Dienstag kam Kennedy vom Mittagessen zurück ins Büro und traf dort seine Mutter an, die auf ihn gewartet hatte.
“Ist was mit Dad?”, fragte er sorgenvoll. Er wunderte sich, dass sie unangemeldet aufgetaucht war. Seit sie sich um seine Söhne kümmerte, hatte sie kaum noch Zeit, persönlich zu kommen, und rief immer nur an, wenn sie etwas von ihm wollte.
Er bemerkte rote Flecken auf ihren Wangen. Sie stand auf und entgegnete zornig: “Das wagst du, mich zu fragen?”
Kennedy stutzte. Was ging hier vor? Er stellte seinen Bürokoffer ab und trat hinter den Schreibtisch, blieb aber stehen, weil er merkte, dass er diese Auseinandersetzung besser im Stehen führte. Er stützte sich auf der Schreibtischplatte ab und wartete auf das, was nun kommen würde. Sie war wütend, dass war keine Frage. Er versuchte ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem er fragte: “Wo sind denn die Jungs?”
“Bei deinem Vater.”
“Dad ist zu Hause?”
“Er ist heute nicht zur Arbeit gegangen. Er fühlt sich nicht gut.” Obwohl Camille ihren Sohn über alles liebte und nicht ertragen konnte, dass ihr Mann krank war, schleuderte sie ihm diese Neuigkeiten mit einem triumphierenden Unterton entgegen. Sie wusste, wie tief ihn diese Nachricht treffen würde.
Und so war es auch. Kennedys Gesicht verkrampfte sich. Er hatte sich bisher kaum bewusst gemacht, dass sein Vater ernsthaft krank war. Eher hatte er sich die ganze Zeit bemüht, es zu ignorieren. Das war sicherlich falsch, denn ihm war klar, dass das nicht ewig so weitergehen konnte. Früher oder später würde die Krankheit seines Vaters das Leben der ganzen Familie überschatten. “Muss er ins Krankenhaus?”
“Nein. Wir haben den Arzt gerufen. Dein Vater soll bald mit seiner
Behandlung
beginnen.” Sie senkte die Stimme. “Es ist jetzt schon eine Woche früher nötig als geplant. Bis es so weit ist, soll er sich ausruhen. Glücklicherweise hat er noch nicht mitbekommen, was du dir geleistet hast. Sonst wäre er bestimmt noch viel kränker.”
“Was habe ich mir denn geleistet?”, fragte Kennedy.
Sie schloss die Tür und trat auf ihn zu. “Warum hast du das bloß getan?”
“Diese Frage könnte ich leichter beantworten, wenn du mir zuerst mitteilen würdest, wovon du sprichst”, sagte er, obwohl ihm schon längst dämmerte, dass seine Mutter die Sache mit Grace herausgefunden hatte. Als er Grace mit zum Zelten genommen hatte, war es eigentlich keine große Sache – er verbrachte ein Wochenende mit einer alten Freundin aus der Schule. Aber seitdem hatte er immer an sie denken müssen, und das machte die Angelegenheit tatsächlich zu jenem Skandal, für den seine Mutter es hielt.
“Hör auf mit diesen Spielchen”, sagte sie streng. “Ich spreche von dieser Grace Montgomery.”
Kennedy setzte sich jetzt doch hin und begann seine Papiere zu ordnen, ganz so, als wäre die Angelegenheit völlig nebensächlich. “Was ist denn mit ihr?”
“Was glaubst du denn? Du hast mit ihr das Wochenende verbracht.”
“Ich wollte sie kennenlernen”, sagte er schulterzuckend.
“Und?”
“Das ist alles.”
“Das ist alles?”, wiederholte sie ungläubig. Kopfschüttelnd zog sie
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