Toxic: Der Biss - Das Feuer - Die Hölle Thriller (German Edition)
mit einem Taxi gekommen, hat sich umgesehen und mich dann nach dir gefragt. Sie hätte dir Unrecht getan, meinte sie, und wäre schon auf deinem Boot gewesen, um sich bei dir zu entschuldigen. Sie wollte auf dich warten.«
»Tatsächlich?«, sagte ich hocherfreut. »Bei unserem letzten Telefongespräch hat mich Janice so fertig gemacht, dass ich dachte, ich würde nie mehr was von ihr hören.«
»Janice?«, meinte Tommy verwundert. »Mir hat sie sich als Susan vorgestellt.«
54
Der Raum mit der Bar war für einen Mittwochabend gut besucht. Susan Dahoney saß ganz hinten an dem Fenster mit Blick über den Hafen. Sie trug schwarze Stiletto-Pumps, eine enge weiße Jeanshose, die über den Knöcheln endete. Ihre gestärkte weiße Bluse gab den Blick auf eine Zuchtperlenkette frei, die über einen üppigen, in violette Spitze gebetteten Busen fiel. Sie war von drei jungen Kerlen umringt und flirtete heftig.
Die Spezialität des O’Dorans’s sind Biere aus aller Welt, darunter eine gepflegte Auswahl irischer Herkunft. Tommy verriet mir aber, dass sie sich für Wodka Martini entschieden hatte. Fünf hatte sie schon geschafft.
Als ich sie erspähte, war sie gerade bei ihrem sechsten Martini und machte bereits einen ziemlich beschwipsten Eindruck. Und sie war eindeutig auf dem Kriegspfad, sie lachte kehlig über jeden langweiligen Witz und bedachte die drei jungen Burschen nacheinander mit glänzenden Blicken aus ihren blauen Augen. Dabei beugte sie sich über den Tisch, machte runde Schultern und rührte die Olive in ihrem Martini, als legte sie es darauf an, dass die Blicke ihrer Gesprächspartner in ihren Ausschnitt wanderten.
Einer der drei flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie zog einen Schmollmund, schüttelte den Kopf, nahm den Zahnstocher zwischen die Zähne, lutschte die Olive ab und lachte verführerisch. Als ich einen Schritt näher trat, erblickte sie mich, lächelte, reckte mir das Kinn entgegen und erhob sich von ihrem Stuhl.
»Entschuldigt mich, Jungs, hier kommt meine Verabredung«, verkündete sie, wehrte ihren Protest ab und kam mir mit dem Glas in der Hand entgegen. Als sie vor mir stand, setzte sie den schuldbewussten Blick eines kleinen Mädchens auf, stellte sich auf die Zehenspitzen, warf mir die Arme um den Hals und flüsterte in ihrem weichen Südstaaten-Akzent: »Ich hatte so sehr gehofft, dich heute Abend noch zu sehen. Es wäre doch schade, wenn zwischen uns schon alles aus wäre. Vor allem nach diesem Kuss neulich.«
Ohne auf die Blicke zu achten, die mir von einigen Männern zugeworfen wurden, ergriff ich ihre Handgelenke und löste ihre Arme sanft von meinem Hals. »Für den Erfolg deines Buchs kann ich nichts mehr bewirken, Susan. Ich habe mit dem Fall nichts mehr zu tun.«
Hinter uns drängelte ein Paar vorbei, sodass wir näher zur Bar rückten. Sie zog wieder einen Schmollmund und nippte an ihrem Martini. Dann fixierte sie mich mit traurigen Augen und sprach ganz leise zu mir. Ich musste mich zu ihr hinabbeugen, um sie zu verstehen.
»Ich hatte inzwischen genug Zeit, um über mein Verhalten nachzudenken«, sagte sie leicht lallend. »Ich habe Fehler gemacht. Viele Fehler, Seamus. Es tut mir Leid. Der Verlag war enttäuscht über die Verkaufszahlen des Buchs. Die Sache hatte einen Anschub nötig, und da habe ich der Wahrheit ein wenig nachgeholfen. Es hat auch den gewünschten Effekt gehabt. Leider habe ich dabei dir und vielen anderen Unrecht getan. Dafür möchte ich mich entschuldigen. An der Universität habe ich mich auch schon bei allen entschuldigt, aber es hat anscheinend keinen Zweck. Du verzeihst mir doch, oder?«
Sie tänzelte auf den Zehenspitzen, ihre Hüfte rieb sich an meiner.
»Klar doch«, sagte ich. »Zum Teufel, das Leben ist einfach zu kurz, um nachtragend zu sein. Ich verzeihe dir.«
»Schön«, sagte sie und strahlte mich an. »Trinken wir ein Glas darauf?«
»Sei mir nicht böse, wenn ich nein sage. Außerdem habe ich den Eindruck, dass du schon genug hast. Was war denn los in der Universität?«
Sie blies mir ihren Wodka-Atem ins Gesicht und nahm eine kämpferische Haltung ein. »Ach, davon wirst du schon noch hören. Die Wichtigtuer an meiner Fakultät wollten mir verklickern, eine Akademikerin dürfe keine Werbung für sich machen. Dann hat deine Vorgesetzte meinen Boss angerufen, und die zwei haben sich prächtig verstanden. Soll ich dir mal was sagen? Ich bin sowieso fertig mit dieser Stadt. Die sind alle nur neidisch auf meinen Erfolg außerhalb
Weitere Kostenlose Bücher