Toxin
vom Sicherheitsdienst wird niemand da sein.«
»Der Mann vom Sicherheitsdienst ist bestimmt nicht begeistert, wenn er mich sieht«, gab Kim zu bedenken. »Vielleicht sollte ich besser im Auto warten.«
»Er wird schon keinen Ärger machen«, versicherte Marsha. »Ich habe meine Kennkarte vom Landwirtschaftsministerium und die von Mercer Meats dabei.«
»Das ist schön für Sie«, entgegnete Kim. »Aber was ist mit mir?«
»Keine Sorge«, erklärte Marsha. »Die Leute kennen mich. Sie wollten meine Kennkarte noch nie sehen. Und wenn der Mann fragt, sage ich, Sie seien mein Vorgesetzter. Oder ich erzähle ihm, daß ich Sie anlerne.« Sie lachte.
»Ich bin aber nicht gerade so angezogen, wie man sich jemanden von Ministerium vorstellt«, stellte Kim fest. Marsha sah kurz zur Seite und kicherte. »Meinen Sie, einem Nachtwächter fällt das auf? Außerdem sehen Sie so ausgeflippt aus, daß Sie für nahezu alles durchgehen würden.«
»Sie scheinen sich Ihrer Sache ja ziemlich sicher zu sein.«
»Was kann uns denn schon passieren?« entgegnete Marsha. »Im schlimmsten Fall läßt er uns nicht rein.«
»Sie könnten Ärger kriegen«, gab Kim zu bedenken. »Daran habe ich auch schon gedacht«, gestand Marsha. »Aber das muß ich eben in Kauf nehmen.«
Sie verließ die Schnellstraße und bog nach Bartonville ab. An der Kreuzung Mercer Street/Main Street befand sich die einzige Ampel der Ortschaft. Sie war rot.
»Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wieso irgend jemand Hamburger ißt«, erklärte Marsha. »Bevor ich meinen Job angetreten habe, war ich noch eine etwas halbherzige Vegetarierin. Inzwischen rühre ich kein Fleisch mehr an.«
»Klingt aus dem Munde einer Fleischkontrolleurin, die für das Ministerium arbeitet, nicht gerade beruhigend«, entgegnete Kim.
»Wenn ich daran denke, was in einem Hamburger alles verarbeitet wird, dreht sich mir der Magen um«, erklärte Marsha. »Wie meinen Sie das?« fragte Kim. »Ich dachte, Hamburger sind aus Muskelfleisch.«
»Aus Muskelfleisch und allem möglichen anderen Zeug«, erwiderte Marsha. »Haben Sie schon mal etwas von dem sogenannten ›modernen Fleischverwertungssystem‹ gehört?«
»Nein«, gestand Kim.
»In der Fleischverarbeitung werden Hochdruckanlagen eingesetzt, mit denen jeder noch so kleine Fetzen Fleisch von den Rinderknochen gelöst werden kann«, erklärte Marsha. »Dabei entsteht ein grauer Brei, den sie rot färben und unter das Hamburgerfleisch mischen.«
»Klingt ja ekelerregend«, entgegnete Kim. »Außerdem wird Hamburgern immer auch Gewebe aus dem Zentralnervensystem beigefügt«, fuhr Marsha fort. »Zum Beispiel Rückenmark.«
»Wirklich?« fragte Kim entsetzt.
»Ich lege meine Hand dafür ins Feuer«, versicherte Marsha. »Das ist nicht nur ekelerregend - es ist dramatisch. Haben Sie schon mal vom Rinderwahnsinn gehört?«
»Wer hat das nicht?« entgegnete Kim. »Ich habe einen Horror vor dieser Krankheit. Etwas Schlimmeres als ein wärmeresistentes Protein, das man über die Nahrung aufnimmt und das tödlich ist, kann ich mir kaum vorstellen. Gott sei Dank ist der Erreger bei uns noch nicht vorgekommen.«
»Noch nicht«, schränkte Marsha ein. »Beziehungsweise er ist uns noch nicht aufgefallen. Aber wenn Sie mich fragen, ist das nur noch eine Frage der Zeit. Wissen Sie, was den Rinderwahnsinn in England wahrscheinlich verursacht hat?«
»Man nimmt an, daß verendete Schafe, die an Rinder verfüttert wurden, die Ursache sind«, erwiderte Kim. »Schafe, die an der Traberkrankheit litten, also dem Pendant zum Rinderwahnsinn.«
»Ganz genau«, bestätigte Marsha. »Bei uns ist es verboten, verendete Schafe an Rinder zu verfüttern. Aber niemand kontrolliert, ob die Industrie sich auch daran hält. Wie ich von Insidern erfahren habe, gibt etwa ein Viertel der Abdecker inoffiziell zu, daß sie sich einen Dreck um das Verbot scheren.«
»Das heißt, Sie gehen davon aus, daß bei uns die gleiche Praxis gang und gäbe ist, die in England zum Ausbruch des Rinderwahnsinns geführt hat.«
»Genau«, bestätigte Marsha. »Und da ständig Rückenmark und ähnliches Gewebe zu Hamburgerfleisch verarbeitet wird, ist die Kette geschlossen. Das meinte ich vorhin damit, daß es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis wir auch bei uns die ersten Fälle haben.«
»Ach du meine Güte!« rief Kim entsetzt. »Je mehr Sie mir über die Schlampereien in diesem Geschäft erzählen, desto mehr schockieren Sie mich. Ich hatte von alldem keine
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