Tränen der Lilie - Seelen aus Eis (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
Lippen.
»Verdammt nochmal.
Ich begreife das einfach nicht. Diese Arschlöcher sind nicht
todzukriegen. Sie stehen nach jedem Kampf wieder fröhlich auf
und fliegen davon. Sie sind wie Pingpongbälle. Langsam gehen sie
mir auf die Eier.«
Michael hatte sich
in den letzten Wochen schon an seine rüde Wortwahl gewöhnt und
trotzdem zuckte er jetzt irritiert zusammen.
»Beruhige dich.
Wir werden schon noch einen Weg finden, wie wir sie erwischen
können. Irgendeine Schwachstelle hat jeder, sogar das Böse.«
Auch er war
zutiefst frustriert. Trotzdem mussten sie jetzt die Ruhe
bewahren und noch einmal alles genau analysieren.
»Michael, wir
haben schon alles ausprobiert. Aber wir finden einfach nicht den
richtigen Punkt an ihrem Körper, der tödlich ist. Putain de
merde… wahrscheinlich müssen wir sie bis nach Schottland
verfolgen, um sie endlich auszulöschen.«
Trotz des Ernstes
der Lage musste Michael grinsen.
»Ja ich weiß dass
du dir das wünscht. Einmal in das Land zu kommen, in dem der
goldene Whiskey fließt. Doch ich schwöre dir: soweit wird es
nicht kommen. Wir werden sie hier erwischen und es wird nicht
mehr lange dauern, da bin ich mir hundertprozentig sicher.«
»Na wenn du es
sagst«, brummte Sebastién. Missmutig stand er auf, um sich aus
der Küche noch ein Bier zu holen. Michael sah ihn nachdenklich
nach. Sebastién wirkte er wie ein großer und tapsiger Bär. Er
war fast zwei Meter groß und wog sicher an die zwei Zentner, die
sich besonders ausgeprägt an seinen Hüften und seinem Bauch
festgesetzt hatten. Sein halblanges, braunes Haar zähmte er fast
immer mit einem Gummiband und in seinen hellbraunen Augen
funkelte meistens übermütig der Schalk.
Das hatte seine
Angreifer schon oft zu der irrigen Annahme verleitet, dass sie
es mit einem gutmütigen und leicht zu besiegenden Gegner zu tun
hatten. Ein fataler Irrtum, wie alle kurz darauf immer
schmerzvoll feststellten. Doch dann war es für sie auch schon zu
spät.
Wenn man
Sebastiéns Wut entfacht hatte, wurde er zu einem harten und
unerbittlichen Feind. Es dauerte lange, bis man zu seinem harten
Kern durchdrang. Aber wenn man sich Sebastiéns Respekt
erarbeitet hatte, dann bekam man einen Freund auf Lebenszeit.
Michael liebte den grobschlächtigen Mann wie einen Bruder.
Amüsiert betrachtete er jetzt dessen Oberkörper von hinten, der
so breit und ausladend wie ein Schrank war und damit komplett
den mannshohen Kühlschrank verdeckte, vor dem er gerade stand.
Aus dem
Nebenzimmer hörte Sebastién das leise klimpern von Münzen. Seine
Brüder vertrieben sich den Abend mit einem Kartenspiel. Auch
gut, dachte er.
Sie hatten sich
alle ein wenig Abwechslung verdient. Drei verdammte Wochen waren
sie nun schon unterwegs, um die Ausgeburten der Eiswelt in den
verschiedenen Städten aufzuspüren. Sie hatte mit vielen gekämpft
und viele verletzt. Aber es gelang ihnen einfach nicht sie zu
töten. Außer die wenigen, bei denen sie schnell genug waren, um
sie zu verbrennen.
Leise fluchte er
vor sich hin. Er hasste es, eine Situation nicht im Griff zu
haben. Wenn die Dogianer oder sie selber nicht bald herausfinden
würden, wo der beschissene Ursprung der Eiswelt lag, konnte ihre
Suche noch endlos weiterdauern. Frustriert öffnete er eine
Bierdose und schnappte sich mit der anderen Hand die Flasche,
die auf der Kücheninsel stand und begab sich wieder ins
Wohnzimmer. Schwerfällig ließ er sich in den Sessel fallen.
»Hier, trink noch
was von dem Mädchengesöff«, kicherte er und füllte Michaels Glas
auf.
»Das ist kein
Mädchengesöff, sondern ein 96er kalifornischer Rotwein vom
Feinsten«, belehrte Michael ihn spöttisch.
»Bah«, winkte
Sebastién ab, »richtige Männer trinken Bier oder einen guten
alten schottischen Whiskey. Das wärmt die Eier und gibt Kraft -
Prost!«
Er hob die Dose
und nahm einen großen Schluck.
Michael sah ihn
halb amüsiert und halb verzweifelt an. Er wusste, dass Sebastién
in seinem ersten Leben Franko-Ontarier gewesen war. Er hatte im
letzten Jahrhundert für die französische Armee gekämpft und bis
zu dem Zeitpunkt, als die Dogianer ihn in die vier Welten
holten, in der kolonialen Verwaltung gedient.
Michael war
durchaus bewusst, dass an der kalten Küste Kanadas ein etwas
rauerer Umgangston herrschte. Der Stamm der Athapasken, dem
Sebastién angehörte, hatte
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