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Tränen des Mondes

Tränen des Mondes

Titel: Tränen des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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Hand, erzählte ihr Geschichten aus alten Tagen, auch wenn sie nichts davon aufnahm und schon in eine Welt davonzutreiben schien, in der ihr röchelnder Atem, ihre rasselnden Lungen und ihr Husten den Ton angaben.
    Die Entscheidung, ob man sie ins Krankenhaus verlegen sollte oder nicht, war schwierig. Doch in kurzen Momenten klaren Bewußtseins schüttelte Maya den Kopf, deutete auf die Aussicht, den Blick auf die Bucht, und gab damit zu verstehen, daß sie zu bleiben wünschte.
    »Wir könnten im Krankenhaus auch nicht viel mehr für sie tun«, sagte Dr. Haynes. »Wenn sie hierbleiben möchte, halte ich es für das beste. Aber rufen Sie mich, sobald eine Verschlimmerung eintritt. Wir werden alles tun, was wir können.«
     
    Es war ein heller, sonniger Morgen, und eine leise, feuchte Brise wehte aus der Bucht in Mayas Zimmer. Tyndall nahm seinen Tee und seinen Toast mit ans Krankenbett, um bei Maya zu frühstücken.
    Olivia stand auf der Veranda, in Gedanken an die Vergangenheit verloren. Die Zeiten, als das Leben hell, fröhlich und voller Hoffnung war, hatten sich wie in Dunst aufgelöst. Der Krieg kam näher, schien aber immer noch weit weg, weit jedenfalls von dem kleinen Kampf, den Maya kämpfte.
    Seufzend drehte sie sich um und ging in Mayas Zimmer.
    Tyndall saß auf dem Bett, strich seiner Tochter zärtlich über die Haare und murmelte leise vor sich hin, während er sie in seinen Armen wiegte. Mit schmerzerfüllten Augen blickte er Olivia an. »Sie ist von uns gegangen, Olivia. Mein kleines Mädchen … hat sich einfach davongestohlen.«
     
    Mit dem Fall Singapurs stand der Krieg auch vor der Schwelle Australiens. Im Hafen war viel Betrieb, weil die Logger von der Marine angefordert wurden, man munkelte, daß weiße Familien evakuiert werden sollten.
    Dann kam die Anordnung, die Japaner sollten nach Süden in ein Internierungslager verschifft werden.
    Alle versammelten sich am Kai wie zu einem lockeren Treffen, zwischen den Japanern, ihren Familien und den anderen Bewohnern von Broome herrschte ein reges Hin und Her. Olivia und Tyndall gesellten sich bei der Abfahrt zu den Mettas und halfen Päckchen mit selbstgebackenen Plätzchen und kleine Erinnerungen an die Männer zu verteilen, die im Leben von Broome eine so entscheidende Rolle gespielt hatten. Als das Schiff in See stach, hingen die Japaner über der Reling und winkten aus Leibeskräften der zurückwinkenden Menge zu, auf beiden Seiten flossen viele Tränen.
     
    Tyndall sprach im Gebäude der Zollbehörde vor, wo der Offizier, der die Marineeinheit kommandierte, seinen Stützpunkt aufgeschlagen hatte. Tyndall stand in seiner schmucken weißen Uniform vor dem jungen Offizier. »Ich wollte nur meine Dienste anbieten, vielleicht bei einer Küstenpatrouille. Ich kenne diese Gewässer sehr gut.«
    Der Leutnant musterte den hochgewachsenen, braungebrannten älteren Mann. »Wir wissen Ihr Angebot zu schätzen, Kapitän Tyndall, aber ich glaube, die Marine hat die Sache im Griff. Sollte sich jedoch etwas ergeben, wobei uns Ihre Erfahrung nützlich werden kann …« Der Offizier blieb abweisend, bei aller Höflichkeit.
    Doch Tyndall ließ sich nicht so schnell abwimmeln. Am folgenden Abend, als er spät aus der Logger-Bar heimkehrte, machte er ein äußerst zufriedenes Gesicht.
    »Ich habe einen Auftrag … werde mich ein bißchen im Busch rumtreiben. Einen Trupp Krieger ausbilden.«
    »Krieger! Was meinst du damit?« Es gelang Olivia nicht zu verbergen, wie sehr sie sich über Tyndall amüsierte.
    »Sergeant MacIntyre und ein Kerl, der für die sogenannten ›Eingeborenenangelegenheiten‹ zuständig ist, haben einen Plan entwickelt, der uns retten soll, wenn die Japaner auf unserem Küstenstreifen landen.«
    »Nur weiter.« Olivia blieb zurückhaltend.
    »Also, die Aborigines sollen für die Überwachung der Küste und den Kampf mit dem Feind ausgebildet werden.«
    Er begann sich auszukleiden, und Olivia setzte sich im Bett auf. »Glaubt man ernsthaft an die Möglichkeit einer Invasion?«
    »Die Regierung rechnet durchaus damit. Sie sind nicht so weit nördlich von uns, Olivia. Und wie sollen wir unsere ganze unbewohnte Küste schützen? Man kann sie nicht ausreichend überwachen. Deshalb ist irgendein kluger Beamter auf die Idee gekommen, daß wir die Aborigines ausbilden könnten. Nur die Spitzenkrieger. Sie haben bereits zwei Dutzend handverlesene Männer aus dieser Gegend rekrutiert. Ich soll ihnen den Umgang mit dem Gewehr beibringen,

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