Tränen im Regen
Dales Gesicht ein. Die dunklen Augen, noch nicht ganz wach, die kurzen Haare, vom Schlaf zerzaust, und der erste Schatten eines Barts. Wunderschön, dachte Kilian, seinen Blick auf Dales Lippen gerichtet, die sich jetzt zu einem sehr verheißungsvollen Lächeln verzogen. „Bleib' genau so. Nur für eine Minute“, bat er und Dale verharrte tatsächlich. Der Kugelschreiber flog förmlich über das Papier und Kilian zog einen Strich nach dem anderen, bis er zufrieden war, und Dale anlächelte. „Danke.“
„Was zeichnest du da?“
Kilian drehte den Block um und ließ Dale schauen, dessen Augen sich daraufhin erstaunt weiteten.
„Du bist ein Künstler?“
„Ja“, antwortete Kilian und grinste, als Dale sichtbar versuchte, seinem Gesicht einen passenden Namen zuzuordnen. „McDermott“, kam er der Frage zuvor.
„Der irische Überflieger?“, fragte Dale verblüfft und brachte ihn damit zum Lachen.
„Das hast du gelesen? Oh Gott.“
Dale grinste und stützte sich seitlich auf. „Soll ich posieren, oder wie immer ihr Künstler das nennt?“
„Nein“, wehrte er amüsiert ab und drehte den Block wieder zu sich um. „Sei einfach natürlich.“
„Natürlich wach oder natürlich heiß?“
Kilian sah über den Rand des Blocks. „Wie dringend ist es denn?“ Anstatt zu antworten, warf Dale die Bettdecke beiseite, und was er dann sah, war mehr als dringend. Kilian legte den Block samt Stift auf den Nachttisch und rückte zu Dale auf. „Tut das nicht weh?“
Dale zog ihn auf seinen Schoß. „Sogar sehr.“
„Ich kenne da eine Therapie...“, murmelte Kilian und stöhnte auf, als Dale eine Hand zwischen sie beide schob, um ihn zu streicheln. „Mir scheint, du kennst sie auch.“
„Interessiert?“
„Wow“, machte Mikael und grinste, als Kilian drei Stunden später in die Küche seiner Väter kam.
Er hatte sich mit Mühe und Not von Dale losreißen können und der hatte Kilian auch nur gehenlassen, nachdem er ihm hoch und heilig versprochen hatte, heute Abend wiederzukommen. Kilian hatte zwar eigentlich nichts dergleichen vor, das ging ihm viel zu schnell, aber da war irgendetwas an Dale, was ihn anzog. Vielleicht würde er doch gehen, einfach um zu sehen, was dann passierte. Aber jetzt wollte er erstmal in Erfahrung bringen, was seinen Vater gerade so amüsierte und sah den fragend an.
„Was ist?“
Das schien Colin im Übrigen auch wissen zu wollen, denn er sah erst Mikael an, danach ihn und runzelte im nächsten Augenblick die Stirn. „Ähm...“
Weiter kam Colin allerdings nicht, denn in der Sekunde betraten Samuel und Devin die Küche. Devin hielt mehrere volle Tüten vom Bäcker hoch, aus denen es verführerisch duftete, und Kilians Magen knurrte vernehmlich.
„Hey, wir haben unseren Sohn für ein paar Stunden an die Nachbarn verkauft. Habt ihr Lust auf Frühstück? Wir waren eben in...“ Devin brach ab und sah ihn an, um dann süffisant zu grinsen. „Na holla.“
„Was ist denn?“ Kilian sah ratlos an sich hinunter. „Habe ich was an mir, oder wieso guckt ihr so?“, wollte er wissen und sah wieder in die Runde.
„Heiße Nacht gehabt, was?“, fragte Samuel frech und Kilian blieb der Mund offenstehen, während er gleichzeitig rot anlief.
„Sam!“, zischte Colin, was den in Gelächter ausbrechen ließ.
„Woher wisst ihr das denn?“, fragte Kilian fassungslos.
„Du siehst irgendwie befriedigt aus“, antwortete Mikael belustigt und Kilian spürte, wie er noch röter wurde.
„Das sieht man mir an? Oh Gott, ich geh' mich erschießen.“
Devin und Mikael fielen in Samuels Gelächter ein, während Colin ihn einer recht intensiven Musterung unterzog. Kilian fühlte sich auf einmal nackt. So hatte Colin ihn das letzte Mal nach der Sache mit Matt angesehen und es gefiel ihm nicht. Vor allem, da er genau wusste, was gleich passierte, wenn er seinen Vater nicht umgehend davon abhielt, ein Verhör zu starten.
„Dad, lass das!“, befahl Kilian und verschränkte die Arme vor der Brust. Langsam wurde das Ganze peinlich. „Und spar' dir jede Frage dazu.“
„Mann oder Frau?“
„Dad!“ Jetzt fing auch noch Colin an zu grinsen, was ihn stöhnen ließ. „Na schön. Ja, ich hatte eine heiße Nacht mit einem verdammt heißen Kerl, zufrieden?“ Kilian klaute Colin die Kaffeetasse, die der in der Hand hielt, und machte kehrt. „Das gibt es doch nicht. Jetzt sieht man mir schon an, wann ich Sex hatte“, fluchte er und ignorierte das daraufhin einsetzende schallende
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