Tränen im Regen
verletzt.
Braune Augen, braunes Haar, ein Stück kleiner als Kilian selbst. Auf den ersten Blick hatte Alex sich wirklich kaum verändert. Doch es war der gehetzte und zugleich tieftraurige Blick, der Kilian im Laufe der nächsten Stunden deutlich machte, dass Niko Recht gehabt hatte. Irgendwas war mit Alex nicht in Ordnung. Mal abgesehen von der Tatsache, dass er abgenommen hatte und das nicht gerade wenig. In Kilians Augen hatte Alex sogar entschieden zuviel abgenommen, aber das sagte er ihm nicht. Er sagte so gut wie gar nichts zu dem Mann, den er vor ein paar Monaten noch geliebt hatte und es auf gewisse Weise immer noch tat.
Kilian ignorierte diese Tatsache genauso wie das unwohle Gefühl, das ihn in Alex' Nähe überfiel. Außer einer Begrüßung, bei der er Alex Dale vorgestellt hatte, hielt Kilian sich daher von Alex fern so gut er konnte und das war dank den vielen Leuten, die sich nach und nach eingefunden hatten, auch kein großes Problem. Alle waren erleichtert darüber, dass Alex wieder da war, aber Kilian bemerkte die ratlosen und zugleich fragenden Blicke in Alex' Richtung sehr wohl. Alex schuldete ihnen eine Erklärung, sah aber nicht so aus, als würde er ihnen diese Erklärung bald geben. Noch ein Punkt, der Kilian Kopfschmerzen bereitete.
Kilian verzog sich ins Haus, als er Alex in seine Richtung kommen sah. Eine gute Gelegenheit, um sich noch etwas zu trinken zu holen und damit eine Runde um den Block zu gehen. Allerdings verschob er die Idee mit dem Spaziergang, als er Colin in der Küche entdeckte, der am Fenster stand und nachdenklich nach draußen sah.
„Was ist los?“, fragte er leise und lehnte sich an die Theke.
„Irgendetwas stimmt nicht mit Alex.“
„Das denkt Niko auch. Was sagt Dad dazu?“
„Er macht sich Sorgen. Jeder spürt, dass Alex irgendwas bedrückt, aber offenbar hat er beschlossen, nicht darüber zu reden.“
„Stattdessen wirft er lieber Dale böse Blicke zu“, sprach Kilian aus, was ihm schon den gesamten Nachmittag über mächtig gegen den Strich ging, auch wenn Dale ihm mehrfach gesagt hatte, dass es ihm nichts ausmachte. Dass er damit sogar gerechnet hatte, nachdem was er über ihre Beziehung wusste. Kilian hatte damit allerdings nicht gerechnet und deswegen ärgerte es ihn mit jeder Minute mehr.
Colin wandte sich vom Fenster ab und ihm zu. „Er ist eifersüchtig auf Dale, das ist nicht zu übersehen.“
Kilian schnaubte und warf einen finsteren Blick auf die Tomaten, Gurken und Paprika auf dem Küchentisch, die Colin offenbar hatte kleinschneiden wollen. Er zog ein Messer aus dem Block und setzte sich an den Tisch, um sich eine Paprika zu nehmen. „Alex hat kein Recht eifersüchtig zu sein. Er ist abgehauen, nicht ich.“
Colin setzte sich ihm gegenüber und griff nach einer Tomate. „Mag ja sein, aber sein Verhalten ist ziemlich eindeutig. Alex hat dich genauso geliebt wie du ihn und er tut es noch.“
„Ich werde Dale nicht aufgeben.“
„Das sollst du auch nicht“, stimmte Colin ihm zu und deutete mit dem Messer auf ihn. „Aber du kannst Alex nicht vorschreiben, ob er eifersüchtig ist oder nicht. Er wird eine Weile brauchen, um es zu akzeptieren, das weißt du.“
„Das gibt ihm trotzdem nicht das Recht, Dale anzusehen, als wäre er ein störendes Insekt“, murrte Kilian und verteilte die Streifen der Paprika auf einem der Teller, die auf dem Tisch standen.
„Was sagt denn Dale dazu?“
„Dass er damit gerechnet hat und es ignorieren wird. Was er sich im Übrigen auch von mir erhofft“, antwortete Kilian und schnappte sich die zweite Paprika.
Colin lachte leise. „Eine gute Idee von ihm, aber sie wird nicht funktionieren.“
„Ach so?“
„Du bist jetzt schon sauer, Kilian. Verständlicherweise, aber das wird kaum weniger werden, wenn du Alex ignorierst. Dale kriegt das vielleicht hin, aber Alex und du, ihr werdet euch sehr bald in die Haare bekommen.“
Kilian sah Colin forschend an. „Du hörst dich an, als wäre es dir am liebsten, wenn wir uns die Köpfe einschlagen.“
„Das nicht“, wehrte Colin ab und zuckte dabei mit den Schultern. „Aber ich denke, es wäre gut, wenn ihr die Fronten klärt. Alex hat es verbockt. Auch wenn ich mich freue, dass er wieder hier ist, so wie es jeder tut, er muss dafür gerade stehen, was er von ein paar Monaten verzapft hat.“
Kilian verzog das Gesicht und kümmerte sich lieber um die Gurken, anstatt noch etwas dazu zu sagen. Er wusste, dass sein Vater nicht Unrecht hatte, aber
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