Träum ich?: Roman (German Edition)
schwanger. Ich muss ihn finden und ihm sagen, was ich herausgefunden habe.«
»Oh mein Gott, Lily, denk nach. Denk nach! Wo könnte er sein?«
»Keine Ahnung«, erkläre ich. »Ich fahre gerade alle Gebäude mit seinen Fallrohren ab, auf die er so stolz war, aber ich sehe ihn nirgendwo. Ich lege jetzt auf, um mich besser auf die Suche konzentrieren zu können. Versuch doch mal, Brad auszuquetschen, vielleicht weiß er ja was.«
»Mach ich«, verspricht sie.
Ich steuere die Morning Hill Lane an und fahre sie rauf und runter, entdecke aber keine Spur von ihm.
Ich kurve um ein paar andere Gebäude, von denen er mir erzählt hat, aber auch da: Fehlanzeige.
Nach zwei Stunden Herumfahren halte ich am Straßenrand und überlege, wo ich noch suchen könnte. Dann biege ich in die Montgomery Avenue ein und fahre Richtung Hymie’s Deli. Gogo hat ein paar hübsche Fallrohre dort installiert. Mir knurrt schon der Magen, weil ich den ganzen Tag nichts gegessen habe. Wenn ich schon mal da bin, kann ich mir auch ein Sandwich holen.
Doch auf einmal, mitten im dichten Stadtverkehr, habe ich einen Geistesblitz.
Ich weiß ganz genau, wo er ist.
Ich halte die Hand aus dem Wagen und hupe laut, um den Gegenverkehr aufzuhalten und das illegalste Wendemanöver aller Zeiten zu machen.
»Was fällt Ihnen ein, verdammt noch mal?«, schreit eine Frau im weißen Jaguar.
Aber ich rufe nur: »Tut mir leid, tut mir leid!«
Ich fahre die City Line Avenue Richtung Schnellstraße, aber überall herrscht dichter Verkehr. Nach zwanzig Minuten auf der Schnellstraße bin ich noch kein Stück weiter, obwohl ich permanent die Spur wechsle.
»Verdammte Scheiße«, brülle ich, schere aus auf den Seitenstreifen und trete aufs Gas. Es ist so befreiend, endlich alle anderen zu überholen. Mit etwa hundert Stundenkilometern rase ich über den Standstreifen, die Augen starr nach vorn gerichtet vor Angst, dass ein anderer dieselbe Idee hat wie ich, drücke das Gas aber immer weiter runter. Hundertzehn Stundenkilometer, hundertzwanzig. Bei hundertdreißig höre ich die Sirene hinter mir.
»Ach, zur Hölle!«, sage ich zu mir selbst und fahre einfach weiter. »Ganz egal, ob du eine Anzeige kriegst oder einen Unfall baust, weil das Ganze hier nicht real ist.«
Ich drücke aufs Gas und rase wie eine Wahnsinnige über den Standstreifen der Schnellstraße. Der Streifenwagen klebt mir schon an der Stoßstange, und vor lauter Angst mache ich mir fast in die Hose, aber ich halte mich stur an diese Vorstellung.
» Das ist nicht real! «, brülle ich aus voller Kehle. » Dies ist nicht die Wirklichkeit! «
Ich mache einen scharfen Schwenk zur Ausfahrt zur Dreiundzwanzigsten Straße und rase spurwechselnd weiter, ohne die Cops abhängen zu können. Fast überfahre ich ein älteres Paar, aber ein anderer Mann stößt die beiden rechtzeitig beiseite.
» Sie sind ein guter Mann! «, brülle ich aus dem Wagenfenster.
Auf der Market Street überfahre ich eine rote Ampel, rase die Chestnut Street hinauf und biege scharf nach links. Es ist ein Wunder, dass ich noch keinen Unfall gebaut habe. Mir wird immer klarer, dass nichts von alledem real ist. Das kann nicht real sein, sage ich immer wieder zu mir selbst. Wie denn auch? Nur ein super Rennfahrer könnte auf der Market Street über Rot fahren, ohne einen Unfall zu bauen.
Schließlich bin ich am Ziel, fahre rechts ran, mache den Motor aus, springe aus dem Wagen und stürze ins Restaurant.
Natürlich, da sitzt Gogo und isst einen Eisbecher mit warmer Schokoladensoße.
»Gogo!«, brülle ich. » Es ist nicht real! Das alles ist nicht real! «
»Wovon sprichst du?«, fragt er und wirft einen Blick über meine Schulter.
Plötzlich werde ich zu Boden geworfen. Jemand packt meine Hände und reißt sie nach hinten.
»Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann gegen Sie …«
»Was zum Teufel ist hier los?«, ruft Gogo und eilt zu mir. Ich liege festgenagelt am Boden.
»Gogo«, sage ich lächelnd, als die Cops mich hochziehen. »Nichts von dem hier ist real. Es gehört alles zum Fluch. Dein jetziges Leben ist Teil des Fluchs. Es soll so sein wie Astrids und Emmalinas Geschichte«, erkläre ich.
»Astrid und Emmalina? Wer ist das denn?«, fragt er, als ich abgeführt werde.
»Das erkläre ich dir später«, kann ich gerade noch sagen, da drängen die Cops mich schon durch die Tür auf die Straße. »Gogo«, rufe ich noch, als er an der Tür stehen bleibt und mir nachsieht.
»Ja?«, fragt
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