Traeum weiter Baby
Schwester gelassen hatte, verschlug mir die Sprache.
»So ähnlich«, sagte ich, als ich sie wiedergefunden hatte, »bis auf ein paar Kleinigkeiten. Die Möbel zum Beispiel.«
Sascha grinste. Er stellte sich vor die Badezimmertür und lieferte eine perfekte Pantomime von Fred Feuerstein, wie er verzweifelt versucht, wieder ins Haus zu gelangen, nachdem ihn der Tiger unsanft vor die Tür gesetzt hatte.
»Wilmaaa!«
Ich mußte lachen. Sascha warf sich aufs Bett, schlang seine Arme fest um mich und küßte mich, bis ich bettelte, daß er aufhören solle.
|182| Als er mich losgelassen hatte, ging ich in die Dusche, danach war Venedig angesagt.
Draußen war es warm. Sascha schob den Kinderwagen durch die überfüllten Gassen, und ich guckte Schaufenster an. Wir klapperten den obligatorischen Trampelpfad zwischen San Marco und Rialto ab, weil dort die besten Läden sind. In Venedig werde ich spätestens nach einem halben Tag von einem unbezwingbaren Shoppingfieber gepackt, weil die ganze Stadt ein einziger Laufsteg ist, auf dem einem die neuesten Klamotten so lange vorgeführt werden, bis man wie ferngesteuert in den nächsten Laden rennt und den Verkäuferinnen sein Geld in die Hände drückt.
Erst wenn ich genauso angezogen bin wie der Rest der Stadt, habe ich das Gefühl, im Urlaub zu sein. Danach schlägt unweigerlich das schlechte Gewissen zu, weil ich mehr ausgegeben habe, als ich besitze, und auf dem Heimweg schwöre ich hoch und heilig, beim nächsten Mal der Attacke zu widerstehen. Doch das ist Illusion. Sobald ich das alte Kopfsteinpflaster unter den Füßen spüre, werde ich wieder schwach. So auch heute. In dem Schaufenster, das meine guten Vorsätze endgültig pulverisierte, hing eine ärmellose Bluse aus einem zarten, leicht durchsichtigen Stoff. Die mußte ich haben.
»Ich geh da mal kurz rein«, konnte ich gerade noch murmeln, und schon hatte mich der Modehimmel verschluckt. Es ist beruhigend zu wissen, daß sich manche Dinge nie ändern und daß Blusen aus zarten Stoffen einen sämtliche Doros dieser Welt kurzzeitig vergessen lassen können.
Eine hektische halbe Stunde später spuckte mich der Laden wieder aus, und ich stand in der himmlischen Bluse, einem atemberaubend knappen Rock aus weich fließendem Stoff – hier machte sich Beatrices Einfluß bemerkbar – und diversen weiteren Tüten in der Hand auf |183| der Piazza. Sascha saß mit Moritz in einem Café und machte große Augen.
»Wow!« sagte er bewundernd.
Ich ging mit lässigem Hüftschwung vor ihm auf und ab. Sämtliche Männer auf dem Platz glotzten wie Sascha.
Moritz auch.
Sascha stand auf und zog mich eng an sich heran.
»Das darfst du nur in meiner Begleitung anziehen«, flüsterte er in mein Ohr, »du siehst wahnsinnig heiß aus!«
Ich war froh, daß sich die Investition gelohnt hatte, und ließ mich erschöpft auf einen Stuhl fallen. Sascha hatte Campari Soda bestellt, und ich nahm einen Schluck aus seinem Glas. Einkaufen macht durstig.
»Du bist die schönste Frau der Welt«, behauptete Sascha. Ich klopfte mit der Hand auf meine Tüten.
»Du wirst umfallen, wenn du erst siehst, was ich mir für heute abend gekauft habe.«
Sascha legte seine Hand auf meinen Nacken und zog mein Gesicht zu sich heran.
»Es ist mir egal, was du anhast«, sagte er, »du bist immer schön, besonders ohne Kleider!«
»Das hättest du früher sagen sollen, dann hätten wir eine Menge Geld gespart!«
Sascha lachte, dann küßte er mich, und ich spürte ein Kribbeln im Bauch. Es waren die Schmetterlinge.
Wir standen auf und spazierten Arm in Arm weiter, ohne etwas zu sagen.
Als wir am Markt vorbeikamen, war Moritz vom vielen Gucken müde geworden und eingeschlafen. Das arme Kerlchen muß hungrig sein, dachte ich, und würde miese Laune haben, wenn er aufwachte. Er war ein flexibles Kind, das mitten im größten Trubel einschlafen konnte, das mit Schlüsseln oder Löffeln spielte, wenn nichts anderes zur Hand war, aber wenn er Hunger hatte, wurde er zum Tier. Um den Ernstfall zu vermeiden, erkämpfte ich |184| mir in letzter Minute unter einem halb heruntergelassenen Gitter den Zutritt zu einem Supermarkt und erstand ein Gläschen Babynahrung.
»Die Tomaten duften so gut«, sagte Sascha, als ich wieder rauskam.
Er stand vor einem abenteuerlich aufgetürmten Gemüseberg, hinter dem eine braungebrannte Dunkelhaarige hervorlugte.
Ich atmete tief ein. Es roch nach Tomaten, Salzwasser und Sonne.
»Wäre es nicht irre, hier zu wohnen«, sagte
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