"Träume aus 1001 Nacht" 6
haben wollte, was es sah.
Zuerst hatte ihm das auch nichts ausgemacht, erinnerte er sich. Erst als er im Lauf der Zeit herausfand, was für ein gieriger Mensch sie war, dass sie keine Rücksicht auf andere nahm, war ihm ihre Geldverschwendung unangenehm geworden. Sie hatte es nur auf sein Geld abgesehen gehabt und war schnell zu einem noch reicheren Wirtschaftsmagnaten gezogen, als er die Scheidung einreichte.
Kaliq überlegte, wie Molly als Privatperson war. Ihm hatte sie in Jeans und mit offenen Haaren zum Beispiel viel besser gefallen als in Kostüm und mit zusammengebundenen Haaren wie im Büro. War sie am Boden zerstört gewesen, als sie herausfand, dass ihr Freund verheiratet war?
Er ging gedankenverloren zu den großen Fenstern und schaute hinab auf die belebten Straßen von Manhattan, ohne wirklich etwas zu sehen. Er hätte sie an diesem Vormittag am liebsten zur Begrüßung geküsst. Ihre weichen Lippen hatten ihn richtig dazu eingeladen, aber er hatte nicht gewusst, ob ihr das recht gewesen wäre. Und irgendwie löste ihr Anblick auf einmal erotische Gefühle in ihm aus, was er ganz merkwürdig fand.
Er hatte ihr den Heiratsantrag gemacht, um seine Probleme mit der Einwanderungsbehörde so schnell wie möglich zu lösen. Und nicht, um emotionale Verwicklungen heraufzubeschwören.
Hätte ihn Molly zurückgeküsst, falls er es probiert hätte? Was empfand sie für ihn? Würde sich zwischen ihnen Leidenschaft entwickeln? Wollte er das überhaupt?
Er seufzte, er fand keine Antwort auf seine Fragen. Vor allem war es wichtig, Molly erst einmal besser kennenzulernen, sie war privat so anders als im Beruf. Das hatte ihn wohl vor allem aus dem Konzept gebracht.
Aber da war ja auch noch das ungeborene Baby. Schwangere Frauen reagierten anders, das hatte er schon von seinem Cousin gehört. Kaliq überlegte, ob es wohl ein Junge oder ein Mädchen werden würde. Ob es wie eine kleine Version von Molly sein würde? Er konnte sich das bestens vorstellen, ein süßes kleines Mädchen mit Mollys riesigen grauen Augen und kastanienbraunem Haar.
„Bist du fertig?“ Elise rief Molly kurz vor vier Uhr noch einmal an, um sie an den Termin im Rathaus zu erinnern.
„Ja, ja“, seufzte Molly. Sie räumte schnell ihren Schreibtisch auf und schloss die wichtigen Akten in den Safe ein. Dann ging sie noch schnell in den Damenwaschraum, um ihr Make-up zu überprüfen.
Sie kämmte sich noch kurz das Haar und betrachtete sich im Spiegel. Sie sah aus wie immer, obwohl sie tausend Schmetterlinge im Bauch hatte. War es nicht zu verrückt, Kaliq zu heiraten, nur um in New York bleiben zu können?
Sie holte tief Luft und hob kämpferisch das Kinn. Sie hatte sich entschieden, jetzt gab es kein Zurück mehr. Die Ehe war ja nicht für alle Ewigkeit gedacht.
Kaliq erwartete sie in ihrem Büro, als sie zurückkam. „Können wir gehen?“ Er bot ihr seinen Arm.
Molly überlief ein Schauer der Erregung, als sie sich bei ihm einhakte. Es fiel ihr zunehmend schwerer, in Kaliq nur ihren Chef zu sehen. Das war ihr irgendwie unheimlich. Ob es gut gehen würde, bei ihm einzuziehen?
Im Aufzug, als sie endlich allein waren, kam sie direkt zur Sache. „Kaliq, was ist, wenn wir uns nicht vertragen? Wenn unser Zusammenleben nicht funktioniert?“
„Warum sollte das nicht klappen?“, fragte er.
„Ich weiß nicht, ob ich die Rolle deiner Frau wirklich gut spielen kann.“
„Das werden wir schon sehen.“
Der Fahrstuhl hielt, und es stiegen noch drei Männer zu. Die Unterhaltung war damit fürs Erste beendet.
Die Fahrt mit dem Taxi zum Rathaus dauerte ziemlich lange. Das Aufgebot dagegen hielten sie binnen kürzester Zeit in Händen. Da hatte wohl Elise einige Vorarbeit geleistet. Und jetzt würden sie in Kaliqs Wohnung fahren. Unruhig rutschte sie auf ihrem Sitz hin und her.
Sie war neugierig, wie er lebte. Ob es überhaupt genügend Platz für ihre Möbel gab? Sie hatte einige antike Stücke; würden sie überhaupt zu seiner Einrichtung passen? Vielleicht sollte sie ihre Sachen für die kurze Zeit ihrer Ehe einfach einlagern.
Als sie vor einem Hochhaus hielten, erkannte Molly voller Entzücken, dass es direkt am Central Park lag. Hatte man von seiner Wohnung Ausblick auf den Park? Das wäre wunderschön, auch für das Baby, wenn man schnell hinaus ins Grüne konnte!
„Denk daran, Molly! Das wird von jetzt an auch dein Zuhause sein. Du kannst alles verändern, wie du es willst“, sagte Kaliq, als sie im Aufzug nach oben fuhren. Er
Weitere Kostenlose Bücher